Staatskapelle Halle beeindruckte mit 1. Brahms-Zyklus

21. November 2018 | Rezensionen | Keine Kommentare

Lars Vogt & Staatskapelle Halle

Die Sinfoniekonzerte 3, 4 und 5 der Staatskapelle Halle in der Spielzeit 2018/2019) sind mit 3 Zyklen Johannes Brahms gewidmet. Brahms versuchte, sich in seinem kompositorischen Werk auf die klassischen Wurzeln zu besinnen und gleichzeitig zukunftsweisende Wege zu bahnen. Das wurde zu seiner Zeit nicht immer verstanden. Ihn berührte das zum Glück wenig. Wirtschaftlich ziemlich unabhängig komponierte er fleißig, gab Konzerte und ließ sich feiern.
Im 3. Sinfoniekonzert am 18. und 19. November 2018 kamen im Brahms Zyklus 1 das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 2 B-Dur op. 83, sowie die Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98 zur Aufführung. Lars Vogt dirigierte das Orchester und brillierte gleichzeitig als Solist am Klavier. Seine Doppelfunktion war ganz nach Art von Johannes Brahms, der gern als Komponist und Pianist seiner Werke auftrat. Anders als über Brahms berichtet, hielt Vogt aber nicht sein Haupt vornüber gebeugt dicht über die Tasten und summte auch nicht die Melodie halblaut mit. Das Klavierkonzert ist sinfonisch notiert, also ein in 4 Sätzen angelegtes Stück. Es ist von fröhlich, heller Grundstimmung und romantischem Charakter. Das vermittelten Orchester und Pianist auch sehr schön. Im 2.Satz kam geradezu swingende Stimmung auf. Bemerkenswert, wie sicher und souverän Vogt den Pianistenpart meisterte. Im 3.Satz kam überraschend ein hervorragend gespieltes Violoncello als Soloinstrument hinzu. Mit dem orchestral angelegtem 4.Satz klang das Klavierkonzert leicht und locker aus. Die Hallenser Konzertbesucher zeigten sich begeistert von dem Können des Pianisten und der Leistung der sicher geführten Staatskapelle. Lars Vogt bedankte sich für den anhaltenden Applaus mit einer Zugabe aus den Brandenburgischen Konzerten. Zitieren wir noch Franz Liszt. Er urteilte über Brahms Konzert Nr.2 für Klavier und Orchester: “Dieses Werk ist eines der allerbesten von Brahms.“
Nach der Pause stand Brahms 4.Sinfonie e-moll op. 83 auf dem Programm. Während Brahms an seiner Erste Sinfonie immerhin 14 Jahre gearbeitet hatte und erst im Alter von 43 Jahren vollendete, schrieb er die Zweite Sinfonie innerhalb eines Sommers und ließ dann sieben Jahre später wiederum in kürzerem Abstand die Dritte und Vierte Sinfonie folgen. Am 25.10.1885 wurde die Vierte in Meiningen uraufgeführt. Brahms dirigierte selbst das Hoforchester. Es war ein voller Erfolg. Dabei ist die Sinfonie keineswegs eine einfache Angelegenheit, vorrangig etwas für exzellente Orchester. Sie fordert aber auch den Zuhörer. Richard Strauss meinte: „Es ist schwer, all das Herrliche, was dieses Werk enthält, mit Worten zu definieren …“. Die von Lars Vogt geleitete Darbietung der Staatskapelle überzeugte davon, dass Brahms‘ Vierte ein phänomenales Werk ist. Der erste Satz begann direkt, unvermittelt, ganz anders als die anderen Sinfonien des großen Hamburgers. Der gesamte Satz wirkt bedrückend, beinahe beängstigend. Der zweite Satz kam sanft, gutmütig, mit Aufschwung gespielt. Kraftvoll kam der dritte Satz an. Düster, unversöhnlich bricht das Finale herein. Als einzige unter Brahms’ Sinfonien endet die Vierte schroff in Moll. Engagiert vermittelten Staatskapelle und Dirigent dieses wichtige symphonische Werk. Eine bemerkenswerte und lobenswerte Leistung, die die Konzertbesucher mit reichlich Beifall bedachten.
Vielleicht noch das: Kritiker Beikircher empfiehlt, die 4. daheim aufzulegen, wenn es endlich gelungen sei, die Angebetete nach Hause zu locken. Sie werde dann sicher davon überzeugt sein, dass er über hohe innere Werte verfüge und ein so turbulentes Gefühlsleben habe, dass es besser sei zu schweigen und das Licht auszumachen… Nun denn. Man(n) kann es ja mal Ausprobieren.
(H.J. Ferenz)

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