„Schön Ännchen von Gottgau“

2. Oktober 2018 | Rezensionen | Keine Kommentare

Auf der Ostseite des Landesmuseums für Vorgeschichte in Halle zieht ein riesiger, zwei Meter hoher Felsbrocken die Aufmerksamkeit auf sich. Es ist der sogenannte „Schön-Ännchen-Stein“ oder „Menhir von Krosigk“ (auch „Frößnitzstein“ oder „Heidenstein“), der an die Sage von „Schön Ännchen“ erinnert. Der Heimatforscher Siegmar Baron von Schultze-Galléra stieß vor über hundert Jahren bei seinen Forschungen zu Kultstätten und Heidensteinen auf diese Sage aus dem Saalkreis, die er dann zu einer ausführlichen Erzählung ausbaute. 1914 erstmals im Louis Nebert’s Verlag (Albert Neubert, Halle) veröffentlicht, ist sie jetzt als Reprint-Ausgabe im Verlag Rockstuhl erschienen.

Die Sage führt ins Jahr 1420. Das Müllerehepaar von Frößnitz übernimmt von einer vornehmen Dame, die im Sterben liegt, das Töchterchen, das sie als Müllerburschen Anno großziehen. Nach einer zufälligen Begegnung verliebt sich Anno in den jungen Junker von Köler. Doch dann fallen die Hussiten über das Land, sie verwüsten Städte und Burgen. Weiber und Kinder müssen fliehen. Letzte Zufluchtsstätte ist die Löbejüner Burg. Auch der Junker verliert sein Leben. Als die beiden Hussiten-Rottenführer Sbinko und Prokop unter den gefangenen Frauen Ännchen entdecken, beanspruchen sie das schöne Mädchen jeder für sich. Beim blutigen Streit wird Ännchen erstochen. Da die Streithähne die Lebende nun nicht als Fürstin heimführen können, wird Ännchen wenigstens in einem Steinsarg zusammen mit reichen Beigaben fürstlich beerdigt und ein großer Stein auf ihr Grab gesetzt. Und zu Ehren Schön Ännchens ließ man die Frauen und Kinder frei, sie durften in ihre Dörfer zurückkehren.

Soweit die Sage. Einige Jahrhunderte später ließ der Gutsbesitzer und Landrat des Saalkreises Dietrich Anton Wilhelm von Krosigk die gewaltige Porphyrplatte auf seinen Gutshof bringen, wo Schultze-Galléra sie entdeckte. Er forderte die Wiederaufstellung, und so kam der Felsbrocken nach Halle. Schultze-Galléra hatte jedoch an den ursprünglichen Standort gedacht. Aber seit 2003 steht dort bei Krosigk wieder ein Gedenkstein. So verfügt der Saalekreis über die Kuriosität eines „Steindenkmals für einen Stein“. Mit dem „Menhir von Krosigk“ verbindet sich jedoch noch eine weitere Sage, denn unter dem Stein soll ein Schatz vergraben sein. In seinem Nachwort geht Schultze-Galléra auch darauf kurz ein.

 

 

 

 

 

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