Reprint-Ausgaben „Hallescher Adreßbücher“

Ein Adressbuch ist ein privat, geschäftlich oder dienstlich geführtes oder aber ein öffentlich publiziertes Adressverzeichnis von Einzelpersonen, Behörden, Institutionen und Unternehmen. Historische Adressbücher, Einwohnerverzeichnisse, Bürgerbücher usw. sind somit wichtige Quellen für Historiker, besonders für die regionale Geschichte. Übrigens erschien das erste deutsche Adressbuch 1701 in Leipzig.  Für die private Familienforschung sind Adressbücher ebenfalls eine wertvolle Sekundärquelle, denn in alten Adressbüchern waren oft auch die (heute mitunter ungewöhnlichen) Berufsbezeichnungen verzeichnet.

Viele historische Adressbücher verschiedener Städte findet man in digitaler Form im Internet. So bietet die Universitäts- und Landesbibliothek der Martin-Luther-Universität das „Adreßbuch für Halle a. d. S. und Umgebung“ für die Jahre 1906 bis 1926 als pdf-Dateien an. In den Adressbüchern der folgenden Jahrgänge kann man jedoch nur blättern; sie aber nicht als gesamtes Buch (nur seitenweise) downloaden. Hier hat nun der Verlag Rockstuhl willkommene Abhilfe geschafft. Mit den beiden Reprint-Ausgaben des „Halleschen Adreßbuches“ der Jahrgänge 1927 und 1943 hat jeder Interessierte umfangreiche Nachschlagewerke in der Hand – einmal ein Einwohnerverzeichnis der Saalestadt am Ende der 1920er Jahre und dann kurz vor Kriegsende.

Die Adressbücher bieten verschiedene Recherchemöglichkeiten. Zunächst gibt es jedoch eine „Chronik der Stadt Halle a/S.“, eine kurze Übersicht über die Geschichte und Entwicklung der Stadt Halle) und einige statistische Daten über die Stadt Halle. Es folgt ein alphabetisches Verzeichnis der Einwohner (mit Angabe von Nachname, Vorname, Beruf und Adresse) und Firmen (Beispiel Abb. 1). Sehr aufschlussreich auch das nachfolgende Verzeichnis sämtlicher Straßen und Häuser, findet man hier doch die Einwohner (mit Angabe des Stockwerkes) für jedes Haus (Beispiel Abb. 2). Hier kann man also recht leicht nachforschen, wer damals in einer Straße oder einem Haus gewohnt hat. Ein alphabetisches Branchenverzeichnis sowie ein Verzeichnis der Behörden, Kirchen, Schulen und öffentlichen Einrichtungen ergänzen die Nachschlagemöglichkeiten. Dazwischen sind auch immer wieder historische Geschäftsanzeigen (Beispiel Abb. 3) eingestreut. Abschließend gibt es noch die entsprechenden Verzeichnisse für das hallesche Umland (Ammendorf, Böllberg, Bruckdorf, Büschdorf, Canena, Diemitz, Dölau, Lettin, Nietleben, Passendorf, Reideburg, Seeben und Wörmlitz).

Neben diesen privaten Recherchemöglichkeiten ist auch ein Vergleich der beiden Adressbücher hoch interessant und aufschlussreich. Während z.B. in der 1927-Ausgabe die einführende Chronik aus der Feder des halleschen Regionalforschers Siegmar Baron von Schultze-Galléra stammt, gibt es in der 1943-Ausgabe nur einen politischen Rückblick auf das Jahr 1942 (natürlich durch die nationalsozialistische Brille) und das Behördenverzeichnis wird ebenfalls von dieser Partei angeführt. Vielsagend auch die allererste Seite des 1943-Adressbuches mit einer ganzseitigen Anzeige zur Schädlingsgroßbekämpfung (Ratten, Haus-, Feld- u. Wühlmäuse). Neben dem Charakter eines Nachschlagewerkes sind die Adressbücher also auch historische Dokumente, in denen es viele versteckte Details (u.a. Straßenumbenennungen) zu entdecken gibt.

Wie vom Rockstuhl Verlag zu erfahren war, ist das Adressbuch der Stadt Halle für das Jahr 1950 bereits in Vorbereitung. Das wird sicherlich auf ein noch größeres Interesse stoßen, denn viele der älteren Hallenser haben diese Zeit noch bewusst erlebt. Nach dem Erscheinen wird hallespektrum.de auf den Titel aufmerksam machen. (Ich konnte aber bereits in der 1943-Ausgabe, obwohl ich damals noch nicht geboren war und erst 1950 mit meinen Eltern nach Halle kam, einige ehemalige Nachbarn ausfindig machen. Mit Spannung erwarte ich daher die 1950-Ausgabe.)

„Hallesches Adreßbuch 1927“ – Verlag Rockstuhl Bad Langensalza 2018, Reprint-Ausgabe, 39,95 €, 688 S., ISBN 978-3-95966-183-6

 „Hallesches Adreßbuch 1943“ – Verlag Rockstuhl Bad Langensalza 2018, Reprint-Ausgabe, 49,95 €, 782 S., ISBN 978-3-95966-184-3