Mediterrane Klagelieder: Nostalgia, das Meer der Erinnerungen

29. Mai 2018 | Rezensionen | Keine Kommentare
Neben den Großveranstaltungen in Opern- und Händelhaus sind es auch die kleinen Pretiosen, die die Händelfestspiele zu einem wirklich abgerundeten  Barockmusikereignis  machen. Hierzu gehörte zweifellos die Veranstaltung „Nostalgia, das Meer der Erinnerungen“ (Montag, Montag, 28. Mai 2018 19:30, Moritzburg, Magdalenenkirche) . Der Gedanke war, Musik der Barockzeit des 17. Jahrhunderts rund um den Mittelmeerraum (also nicht unbedingt Barockmusik im engeren Sinne) abzubilden. Erkennbar war die Absicht des dreiköpfigen Ensembles (Nihan Deveciogˇlu (Gesang), Friederike Heumann (Viola da gamba) und Xavier Díaz-Latorre (Theorbe, Barockgitarre), die kulturelle Vielfalt und den regen Kulturaustausch im  Mediterraneum anhand musikalischer Belege aufzufächern. Im Programmheft schreiben sie: „Von einer besonderen Vielfalt zeugt die Barockmusik des Mittelmeerraumes, die seit jeher eine große Verbreitung fand und auf Schiffen in die Häfen der damaligen Metropolen gelangte. Dabei spielte die Republik Venedig als wichtigster Umschlagplatz und Schmelztiegel der Kulturen eine bedeutende Rolle „.  Im Kontzert kamen folglich nicht nur Stücke  aus Italien, sondern  – zumindest klassischen Barockliebhabern kaum bekannte – Musik- und Gesangsstücke aus  dem osmanischen Reich mit griechischen, sephardischen (spanisch-jüdischen) und armenischen Kompositionen zur Geltung. Und Barock-fröhlich, oder gar majestätisch-Orchestral ging es keineswegs zu. Die Aufführung erschien wie eine Sammlung melancholischer, sehnsüchtiger Klagelieder. Über den Verlust der Heimat, Liebesschmerz und allem, worunter Bewohner des Mittelmeers leiden, wenn sie nicht gerade den immer fröhlichen Strandkorbvermieter spielen müssen.
Am Beginn stand das aus Thrakien oder auch Konstantinopel stammende Lied „jati poulimou den kelaidis“ (Warum, mein Vogel, zwitscherst Du nicht?), ein griechisches Klagelied über den Fall von Konstantinopel. In der Auswahl der Stücke hat das Ensemble aber auch westmediterrane, italienische Barockopern auf passende Jammerstücke durchsucht, mit Erfolg, wie etwa Francesco Cavallis Lamento des Apoll bewies. Ein spanischsprachiges Wiegenlied (Nani-nani) sephardischer Juden, die im osmanischen Smyrna Zuflucht vor der Inquistion gefunden hatten, fand im Programm ebenso Platz wie ein portugiesischer Fado.
In allem brillierte die türkische Sängerin Nihan Deveciogˇlu mit ihrer klaren, aber hochsensiblen Stimme, begleitet von Friederike Heumann (Viola da Gamba) und dem dem Gitarristen Xavier Díaz-Latorredi.
 
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