Lebenserinnerungen eines mitteldeutschen Luftpioniers

Die Luftbildfotografie kann im halleschen Raum bereits auf eine mehr als 100-jährige Tradition zurückblicken. Erinnert sei nur an die Luftbildserie, die der hallesche Fotograf Paul Rabe (1888-1936) während einer Fahrt des Zeppelin LZ 17 „Sachsen“ am 14. September 1913 anfertigen konnte. Nun macht die Neuerscheinung „Zwischen den Welten“ aus dem Fienhof Verlag mit dem mitteldeutschen Luftpionier Walter Bönig (1902-1985) bekannt.

Als Bauernjunge im Kaiserreich geboren, begann Bönigs Fliegerkarriere in der Weimarer Republik, wo er zunächst in Leipzig seine Flugausbildung absolvierte. 1928 gründete er auf dem halleschen Flughafen in Nietleben die Firma „Walter Bönig Luftbild“ und fertigte mit Mitarbeitern bis in die Mitte der 1930er Jahre Luftbilder für regionale Auftraggeber, wie Hotels, Gaststätten oder Wohnungsgesellschaften an. Dabei wurden auch viele mitteldeutsche Dörfer und Städte in Luftbildaufnahmen festgehalten, die dann als Luftbildpostkarten verkauft wurden.

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 kam jedoch das Ende der privaten Berufsfliegerei. Bönig wurde Fluglehrer in Bremen und später Leiter der Flugausbildung in Braunschweig-Waggum. Nach 1945 kehrte er nach Mitteldeutschland zurück, wo er mit der Familie ein Baugewerbe aufbaute. Doch der Traum vom Fliegen war größer und so verließ man die DDR. In der BRD war Bönig dann wieder als Flugleiter und als Gutachter bei Flugunfällen tätig. Er starb am 10. März 1985 mit fast 83 Jahren.

Walter Bönig hat über viele Jahrzehnte seine fliegerischen Erlebnisse auf 80 Schreibmaschinenseiten hinterlassen, dazu ein dickes Album mit Fliegerfotografien. Sein Enkel Hanno Engel (Herausgeber) und der Verleger Steffen Wendt haben aus diesen Dokumenten nun eine Publikation gemacht – mit zahleichen historischen Abbildungen. Darunter über fünfzig mitteldeutsche Luftbildaufnahmen aus den 1920er und 1930er Jahren – von Merseburg, Wettin, Bad Lauchstädt, Sangerhausen, Seeburg, Naumburg bis Kyffhäuser. Zwanzig Luftbildaufnahmen zeigen Halle, mit so interessanten Motiven wie Markt, Moritzburg, Rennbahn, Giebichenstein oder Riebeckplatz. Manche Aufnahmen zeigen auch Straßenzüge oder Gebäude (u.a. die ehemalige Heidegaststätte Hubertus), die heute nicht mehr existieren. Besonders diese Aufnahmen machen die Neuerscheinung für Historiker und für Laien, die an Stadtgeschichte interessiert sind, besonders wertvoll.

Walter Bönig: „Zwischen den Welten – Die Lebenserinnerungen eines mitteldeutschen Luftpioniers“, fienhof.verlag fienstedt 2021, 24,90 €, 192 S., ISBN 978-3-00-067577-2