Die Inselsammlerin und Inselmörderin

25. Juni 2020 | Rezensionen | Keine Kommentare

Jeden Monat wird hier in Zukunft eine Leseempfehlung erscheinen. Zu Beginn, der Besprechung des Monats Juni 2o2o, werden es sogar 2 Bücher sein. Die Auswahl ist angesichts der Masse an Neuerscheinungen und bereits verlegter Bücher ganz persönlich. Kurz: Die Bücher werden vorgestellt, weil sie uns gefallen haben.

Heute ist die Autorin Fenna Williams an der Reihe. Sie sammelt nicht nur Inseln, sondern läßt auch auf Inseln Morde durch Pippa Bolle aufklären. Lassen Sie sich durch die durch die unterschiedlichen Autorennamen nicht verwirren. Beide Bücher stammen aus der derselben Feder. Frau Williams ist freie Autorin und Studienreise- und Seminarleiterin. 
 Ihre großen Leidenschaften sind nach eigenen Angaben neben dem Reisen und dem Schreiben, Shakespeare und ein gutes Glas Single Malt Whisky.

Auch wenn das Buch bereits 2019 erschien, ist „Die Inselsammlerin“ für mich das Sommerbuch 2020. Gerade in Zeiten von Corona lindert dieses Buch auch das stärkste Fernweh. Denn was ist am ehesten mit einem Traumurlaub verbunden, wenn nicht der Besuch eienr wundervollen Inselwelt. Kommt auch noch eine charmante Reiseleiterin und unterhaltsame Erzählerin dazu, ist die literarische Reise perfekt. Wie alle ambitionierten Sammler präsentiert uns Frau Williams natürlich keine „Alltagsinseln“, sondern echte Raritäten und Schmuckstücke aus ihrer Sammlung. Erwarten Sie also nicht Sylt, Seychellen oder Mallorca. Diese Inseln kennen Sie ohnehin. Frau Williams schreibt über unerwartete Inseln, Orte, die ihr am Herzen liegen. Damit sind nicht nur Meeresinseln angesprochen. Es gibt auch Flussinseln, Seeinseln; Inseln mitten in der Stadt und Inseln „am Ende der Welt“. Natürlich gibt es zu jeder der gesammelten Inseln auch eine gute Geschichte zu erzählen.

12 Inseln rund um die Welt

Bei der Auswahl der Inseln wurde auf weiträumige Verteilung geachtet: Es gibt drei Inseln in Europa (Magna Carta Island, Capri, Jura), drei Inseln rund um Afrika (Rodrigues, St. Helena, Robben Island), drei Inseln in Amerika (Vashon Island, Solentiname, Danpaati), eine in Nahost (Sir Bani Yas), eine in Asien (Kepulauan Seribu) und eine in Australien (Phillip Island). Was? Sie haben von den meisten dieser Inseln noch nie etwas gehört? Glauben Sie mir, so ging es mir auch. Einige Inseln sollten in Ihrem Gedächtnis allerdings etwas zum Klingeln bringen, denn berühmte Menschen haben längere Zeit ihres Lebens auf diesen Inseln verbracht. Nach dem Lesen ist jede der 12 aufgeführten Inseln für Sie mehr als eine Reise wert, glauben Sie mir. Und wenn es nur durch das Lesen geschieht!

Welche ist deine Lieblingsinsel?, hat mich die Autorin gefragt. Das war schwer zu entscheiden. Ich habe mich am Ende für Jura, Schottland, entschieden, die Insel, auf der George Orwell die berühmteste Dystopie der Weltliteratur verfaßt hat. Sie haben richtig gelesen, „1984“ entstand auf einer Insel in Schottland. Aber gerne würde ich auch mit einem Bus über Rodrigues (Indischer Ozean, Mauritius) schunkeln, wenn der ganze vollbesetzte Bus den neuesten Inselhit mitsingt. Vergessen Sie Kreuzfahrten. Als die Autorin St. Helena (Südatlantik) erreichen wollte, war sie alleine 2 Wochen mit dem Versorgungsschiff unterwegs (eine Tour). Kein Wunder, dass diese Insel einst für einen berühmten Mann als Gefängnis und Sterbeort diente. Keine Sorge, nach der Verwüstung von fast ganz Europa hatte er dies wahrlich verdient. Aber wie es in der Natur der Sache liegt, sah er sich natürlich als Opfer. Die USA können auch ganz entspannt sein. Das können Sie auf Vashon Island erleben, auch wenn die Insel zu Seattle gehört, einer Großstadt im Staat Washington. Was Vashon Island mit Kaffee zu tun hat und wie die Autorin das Rätsel eines Kinderfahrrades auflöst, welches Sie bestimmt einmal im Internet gesehen haben, das können Sie im Kapitel zu dieser Insel nachlesen. Ich könnte Ihnen von jeder Insel noch stundenlang erzählen. Zudem ist das Buch allerbeste Unterhaltung. Sie werden an einigen Stellen auch herzhaft lachen. Denn als die Autorin einer Reklamation eines Reiseveranstalters in Indonesien (Batavia) nachging, war am Ende allerbestes Lübecker Marzipan das Opfer (von Wasserratten). Und das ein arabischer Scheich das Einhorn gerettet hat, haben Sie bestimmt auch noch nicht gewußt, oder? Und selbst wenn Sie dieses Jahr nur auf dem Balkon Urlaub machen können, vergessen Sie „Die Inselsammlerin“ nicht, Ferienstimmung kommt dann ganz von alleine!

DIE INSELSAMMLERIN
Fenna Williams
TERRA MATER BOOKS
Reiseliteratur
240 Seiten
ISBN Taschenbuch: 9783990550168, HC ist aber auch möglich

Mord auf Schreberwerder! War es der Kleingärtner?

Unter dem Namen Auerbach schreibt Fenna Williams zusammen mit Frau Keller an den Krimis der Pippa-Bolle-Reihe, die inzwischen bei stolzen sieben Bänden angelangt ist, von den Lesern also angenommen worden ist. Im ersten Band begeben wir uns wieder auf eine Insel, Sie wird es nicht verwundern. Dieses Mal ist es Schreberwerder, eine Flußinsel in Berlin. Pippa Bolle, in Scheidung lebend und gerade aus Italien zurückgekehrt, sucht einen ruhigen Platz, um ihre Übersetzungen für die Universität fertigzustellen. Die elterliche Wohnung, in der sie untergekommen ist, bietet diese Ruhe nicht. So trifft es sich  gut, dass der Vater ihrer besten Freundin Karin seine Parzelle auf der Havelinsel Schreberwerder verlassen möchte, um mit den Wohnmobil in Italien auf Brautschau zu gehen. Pippa stellt sich den abgelegenen Schrebergarten als idealen Ort für ihre Fachübersetzungen vor. Womit sie nicht rechnet, sind die schrulligen Bewohner der Kleingarteninsel und es ist Tod und Mord. Zuerst muß die Grand Dame der kleinen Gemeinschaft, die Frau von Schlittwitz, ins verarmte Adelsgras beißen. Aber das ist erst der Anfang! Steckt der windige Unternehmer Lutz Erdmann dahinter, der sich am liebsten die ganze Insel unter den Nagel reißen würde, um daraus ein Hanf-Resort zu machen? Wer nicht freiwillig verkaufen will, wird von Erdmann unter Druck gesetzt. Geht er dabei über Leichen? Und wer ist Herr X? Gehört zu seiner Vergangenheit möglicherweise Mord? Die Laubenpieper kommen auf jeden Fall nicht zum Gärtnern, Pippa nicht zum Übersetzen und der eilig herbeigerufene Kommissar Schmidt steht am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Denn zu allen Ungemach werden nicht nur Spargel und Gurken auf der Insel angebaut. Und was sucht ein Geocacher auf der Insel?

Ambientekrimis mit außergewöhnlichen Ermittlerinnen sind beliebt. Und bieten sie kriminologisch möglicherweise nur Durchschnitt – So wußte ich ca. ab Seite 200 wer hier mordet -, so machen sie dies mit Flair und Schrulligkeit wieder wett. Da brauchen wir nicht nach England fahren, Pippa Bolle an der Havel bietet hier genug. Doch halt, für den zweiten Fall reist Frau Bolle zu ihrer Großmutter über den Kanal. Wir dürfen gespannt sein, wem dieser berühmte Earl Grey diesmal wieder im Halse stecken geblieben ist. Pippa Bolle darf in meiner Krimibibliothek auf jeden Fall nicht fehlen.

UNTER ALLEN BEETEN IST RUH
Pippa-Bolles erster Fall
Auerbach & Keller
Kriminalroman
400 Seiten
ISBN Taschenbuch: 9783548610375

Ein insulanes Lesevergnügen wünscht Ihnen für diesen Monat Ihre Nanda Xanez

Mehr Informationen zur Autorin finden sie auf https://www.fenna-williams.com/

Titelfoto und Cover von „Unter allen Beeten ist Ruh“ sind von Fenna Williams, weitere Fotos und Text: Nanda Xanez

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