Die Geschichte des Paulusviertels

20. Februar 2022 | Rezensionen | Keine Kommentare

 

Während die Stadt Halle auf eine über 1200jährige Stadtgeschichte zurückblicken kann, entstand das Paulusviertel erst vor etwas mehr als hundert Jahren. Um 1900 wurde es auf einer Felskuppe (dem Hasenberg), umgeben von sumpfigen Wiesen und Äckern, erbaut. Heute ist es eines der interessantesten und beliebtesten Wohnviertel der Stadt.

In dem neuen Heft (Doppelheft) der bekannten Reihe „Mitteldeutsche kulturhistorische Hefte“ erzählt Eva Scherf, die schon einige Publikationen in der Reihe veröffentlicht hat, die über hundertjährige Geschichte des Stadtviertels. Die noch unbebaute Gegend war so unattraktiv, dass es keine historische Abbildung vor Baubeginn gibt. Um 1890 begannen die Bauarbeiten. Das Viertel sollte eine Synthese aus rundem Platz, Ringstraßen, Radialstraßen mit Sichtachsen und Rasterstruktur an den Rändern werden. Zahlreiche Planer, Architekten und Bauunternehmer waren an dem riesigen Bauvorhaben beteiligt, das in mehreren Bauphasen vonstatten lief. Als erste große öffentliche Bauten entstanden die Landwirtschaftskammer und die Bank der Landwirtschaftlichen Zentralgenossenschaft.

Ein Höhepunkt des Baugeschehens war die Errichtung der monumentalen Pauluskirche auf dem Hasenberg. Der erste Spatenstich erfolgte 1900 und drei Jahre später konnte sie in Anwesenheit der deutschen Kaiserin Viktoria eingeweiht. Ab 1911 begann dann auch die Bebauung rund um den Kaiserplatz. Die in den 1930er Jahren noch rege Bautätigkeit endete zu Beginn des Zweiten Weltkriegs. Damit war das Paulusviertel gewissermaßen fertig; später wurden nur noch Lücken bebaut.

Neben den einzelnen Bauphasen beleuchtet Scherf auch ausführlich das Leben im Paulusviertel – vom Wohnviertel für Akademiker mit ihren Familien über den Verfall der Bausubstanz zu DDR-Zeiten bis zum gefragten Wohnviertel für junge Familien nach der politischen Wende 1989/90. In diesem Kapitel erfährt man auch viel über ehemalige Handwerksbetriebe, Geschäfte und Gaststätten, über studentische Verbindungen oder jüdisches Leben in dem Viertel. Heute ist das Paulusviertel mit durchschnittlich 37 Jahren der mit Abstand jüngste Stadtteil Halles.

Neben den zahlreichen Rückblicken und Fakten besticht die Neuerscheinung vor allem durch die üppige Ausstattung mit historischen Abbildungen. Ein wichtiger Beitrag zur halleschen Stadtgeschichte.

Eva Scherf: „Das Paulusviertel in Halle – vom Kaiserreich bis 2.0“, Hasenverlag Halle/Saale 2019, Heft 44/45 der „Mitteldeutschen kulturhistorischen Hefte“, 18,00 €, 128 S., ISBN 978-3-945377-80-2

 

 

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