Buchpremiere „Der Architekt Karl Barth und Leuna – 100 Jahre Kolonie Neu-Rössen“

12. April 2016 | Rezensionen | Keine Kommentare

Leuna – das klingt nach Chemie – und tatsächlich wurde vor hundert Jahren, genau am 25. Mai 1916, der Grundstein für die Badische Anilin- und Sodafabrik, Ammoniakwerk Merseburg (das spätere Leuna-Werk) gelegt. Gleichzeitig entstand bis 1927 im Ortsteil Rössen die größte Gartenstadtsiedlung Deutschlands.

Mit der Projektierung der Siedlung Neu-Rössen wurde der Architekt Karl Barth (1877-1951) verpflichtet. Aus Anlass des 100jährigen Jubiläums der Grundsteinlegung der Gartenstadt ist im Mitteldeutschen Verlag eine äußerst interessante Publikation erschienen. In einer 64seitigen und zweisprachigen (dt./eng.) Broschüre beleuchtet der Merseburger Autor Jürgen Jankofsky ausführlich die Biografie von Karl Barth. So hatte Barth schon vor diesem Leunaer Auftrag diverse Gebäude und Häuser entworfen. Daher ging er mit Weitblick und großem Elan an die neue Herausforderung. Bis zu 60 Mitarbeiter zählte seine Bauabteilung. Bereits am 16. November 1917 war das erste Haus bezugsfertig. Weitere 18 Häuser folgten noch bis Jahresende.

Barth versuchte stadtplanerische Visionen nach dem Vorbild des englischen Landhausbaus umzusetzen. In der Werksiedlung sollten Arbeiter, Meister, Angestellte und Akademiker zu einer sozialen Gemeinschaft zusammengefügt werden. In der Mehrzahl wurden die Wohnungen als Einzelhäuser gebaut und jede Wohnung war mit elektrischem Licht, Gas, Wasserleitung und sonstigem Zubehör ausgestattet. Dazu kam ein recht ansehnlicher Hausgarten. Erst in den letzten Jahren ging man dazu über, Mehrfamilienhäuser an den Hauptstraßen zu errichten. Für die Bepflanzung der Gärten und Straßenränder beauftragte Barth den Gartenarchitekten Hans Gerlach. So entstanden bis 1927 in Neu-Rössen 913 Wohnhäuser mit 1.160 Wohnungen für knapp 5.000 Menschen. Dazu kulturelle und soziale Einrichtungen wie eine Kaufhausstraße, Gärtnerei, Ambulatorium, Sportplatz, Schule, Kindergärten oder Gesellschaftshaus.

Besonderes Highlight der mdv-Publikation sind dreißig beigefügte historische Schwarz-Weiß- Foto-Reproduktionen (21 x 15 cm) aus den Jahren 1917 bis 1936. Sie vermitteln einen Eindruck von der Größe (Luftbildaufnahmen) und den unterschiedlichen Gestaltungen der Siedlung und der Häuser. Diese äußerst stabilen Karten (mit zweisprachigen Erläuterungen auf der Rückseite) und die Broschüre stecken in einem ansprechenden Digipack – insgesamt eine bemerkenswerte und informationsreiche Ausgabe. Für Interessenten der Regionalgeschichte eine Fundgrube.

Die Buchpremiere für die Neuerscheinung findet am Mittwoch, den 13. April 2016, um 17.00 Uhr in der Barth’schen Villa Leuna (Friedrich-Ebert-Straße 26, 06237 Leuna) statt. Der Autor wird dabei aus seinem Buch auch einige Passagen lesen.

Manfred Orlick

Stadt Leuna (Hg.): „Der Architekt Karl Barth und Leuna – 100 Jahre Kolonie Neu-Rössen“, Mitteldeutscher Verlag Halle 2016, 19,95 €, 64 S. und 30 Ansichten, ISBN 978-3-95462-646-5

 

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