Außergewöhnlicher Stadtführer: Medizin in Halle
21. Juli 2013 | Rezensionen | Keine KommentareSeit Wochen ist die hallesche Universitätsmedizin in den Negativschlagzeilen, dabei kann die Medizin der Saalestadt auf eine lange und erfolgreiche Tradition zurückblicken.
Prof. Florian Steger und Maximilian Schochow, beide am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Medizinischen Fakultät, machen mit ihrem medizinhistorischen Stadtführer mit der über 300jährigen abwechslungsreichen Geschichte der Medizin in Halle ausführlich bekannt. Auf vier Rundgängen durch die Stadt führen sie den Leser an die zahlreichen Orte und Gebäude, die mit der Medizingeschichte Halles verbunden sind. Zunächst geben die beiden Autoren aber einen kurzen Überblick über die mittelalterliche Medizin der Saalestadt.
Der erste Rundgang führt entlang des historischen Stadtringes und beginnt mit den Gebäuden, die am Universitätsring eng mit der Gründung und der Geschichte der heutigen Martin-Luther-Universität verbunden sind. Interessant sind auch die Stationen am Domplatz, wo z.B. 1839 das erste hallische Klinikum errichtet wurde. Der zweite Rundgang widmet sich der konfessionell gebundenen Medizin. Hier werden u.a. das St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhaus oder das Diakoniekrankenhaus vorgestellt.
Die beiden abschließenden Rundgänge sind der Universitätsmedizin vorbehalten, wobei eine Tour vorrangig mit dem Komplex des heutigen Altklinikums an der Magedeburger Straße bekannt macht. Zwischen 1875 – 1885 entstanden auf dem knapp acht Hektar großen Areal zehn Kliniken und mehrere Institutsgebäude. Das Universitätsklinikum (UKH) in Kröllwitz wurde ab 1971 Schritt für Schritt erbaut und löste den innerstädtischen Komplex in der Magdeburger Straße schließlich ab. Dieser letzte Rundgang streift auch die angrenzenden medizinischen Einrichtungen in Heide-Nord, Heide-Süd und Dölau.
Insgesamt 58 Stationen der hallischen Medizingeschichte stellen die beiden Autoren vor, meist auch mit einem (oft historischen) Schwarz-Weiß-Foto. Neben Gebäuden sind es Denkmäler oder ehemalige Wohnhäuser von bekannten hallischen Medizinern oder die zahlreichen Stolpersteine im Stadtgebiet, die an jüdische Ärzte und Schwestern erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus Halle verlassen mussten und meist in KZs deportiert wurden.
Der medizinhistorische Stadtführer erzählt die Baugeschichte der Krankenhäuser und Kliniken sowie die Biografien der Mediziner. Komplettiert wird die interessante Spurensuche durch eine Chronologie zur Stadt- und Medizingeschichte in Halle und einen Anhang, u.a. mit einem umfangreichen Literaturverzeichnis.
Fazit: Eine spannende Entdeckungsreise, die spezielle Aspekte der Stadtgeschichte beleuchtet.
(Manfred Orlick)
Florian Steger und Maximilian Schochow: „Medizin in Halle – Ein medizinhistorischer Stadtführer“,Universitätsverlag Halle-Wittenberg Halle 2013, 14,80 €, 246 S., ISBN 978-3-86977-069-7