Präsidentenwechsel bei der Nationalen Akademie der Wissenschaften

12. Dezember 2019 | Nachrichten | Keine Kommentare

Gerald Haug wurde zum neuen Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählt. Der Senat der Akademie wählte ihn heute in geheimer und schriftlicher Abstimmung. Der Klimaforscher übernimmt das Amt am 1. März 2020 von Jörg Hacker. Der Mikrobiologe Hacker führt die Akademie seit 2010 und scheidet nach zwei Amtszeiten turnusgemäß aus. Haug (Jahrgang 1968) wird der XXVII. Präsident der Leopoldina sein. Haug ist Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz sowie Professor an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule (ETH) Zürich/Schweiz. Die Feier zur Amtsübergabe findet am Donnerstag, 20. Februar 2020 statt.

Gerald Haug wurde 2012 als Mitglied in die Leopoldina in der Sektion Geowissenschaften aufgenommen. Als gewählter Vertreter dieser Sektion ist er seit 2015 Mitglied des Senats der Akademie. 2016 wählten ihn die Senatorinnen und Senatoren aller Sektionen der Klasse I: Mathematik, Natur- und Technikwissenschaften zum Sprecher der Klasse I. Haug arbeitete an mehreren Veröffentlichungen zur wissenschaftsbasierten Politikberatung mit, jüngst als einer der beiden Sprecher der Arbeitsgruppe „Klimaziele 2030: Wege zu einer nachhaltigen Reduktion der CO₂-Emissionen“ (2019). 2015 war Haug Mitautor der Stellungnahme zur Zukunft der Ozeane, die von den Wissenschaftsakademien der G7-Staaten in Vorbereitung auf den Gipfel in Elmau erarbeitet und an die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten übergeben wurde.

Gerald Haug ist Klimaforscher, Geologe und Paläo-Ozeanograph. Er erforscht die Entwicklung des Klimas der letzten Jahrtausende bis Jahrmillionen. Dafür untersucht er Sedimentkerne, die aus dem Grund von Ozeanen und Seen herausgebohrt werden. Die verschiedenen Sedimentschichten geben in ihrer chemischen Zusammensetzung Hinweise auf Klimabedingungen zu der Zeit, in der sich die jeweilige Schicht ablagerte. So rekonstruiert Haug historische Klimabedingungen und deren Veränderung. Zudem erforscht er die Wechselwirkungen zwischen Klima und Kulturen. Aus Untersuchungen von Sedimentkernen vor der Küste Venezuelas gelang ihm der Nachweis historischer Dürreperioden. Diese korrelierten zeitlich mit dem Untergang der Hochkultur der Maya. Auch für andere Regionen und Zeitalter fand Haug Hinweise auf Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die Geschichte, zum Beispiel einen Zusammenhang zwischen abgeschwächten Monsunzeiten und dem Untergang mehrerer chinesischer Dynastien.

Klimaforscher wird nun Präsident der Leopoldina

Für seine Forschung wurde Gerald Haug mehrfach ausgezeichnet. 2007 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Die DFG hatte ihn bereits 2001 mit dem Albert Maucher-Preis für Geowissenschaften ausgezeichnet. Die Eidgenössisch-Technische Hochschule (ETH) Zürich ehrte Haug 2010 mit dem Max-Rössler-Preis. Seit 2008 ist Haug Mitglied der Academia Europaea. Die Mainzer Akademie für Wissenschaften und Literatur ernannte ihn 2018 zu ihrem Mitglied.

Gerald Haug studierte Geologie in Karlsruhe. Für seine Promotion wechselte er an die Universität Kiel, wo ihm 1995 der Doktortitel verliehen wurde. Danach arbeitete er als Postdoktorand an der University of British Columbia in Vancouver (Kanada) und an der Woods Hole Oceanographic Institution (USA). 1998 forschte er zwei Jahre lang als Research Assistant Professor an der University of Southern California in Los Angeles (USA). Anfang 2000 kam er als Oberassistent an die ETH Zürich (Schweiz), wo er sich im Jahr 2002 habilitierte. Im Jahr 2003 übernahm er die Stelle eines Sektionsleiters am Geoforschungszentrum in Potsdam und wurde zum Professor an der Universität Potsdam ernannt. 2007 wurde er als ordentlicher Professor an die ETH Zürich berufen. Seit 2015 ist er Direktor der Abteilung Klimageochemie am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz und Wissenschaftliches Mitglied der Max-Planck-Gesellschaft. Seine Abteilung am Max-Planck-Institut wird Gerald Haug im Nebenamt weiterführen.

Jörg Hacker etablierte die Leopoldina in den zehn Jahren seiner Amtszeit als anerkannte Beraterin zu gesellschaftlichen Herausforderungen und als angesehene Partnerin im weltweiten Akademiendialog. Während seiner Amtszeit wurden viel beachtete Stellungnahmen zu Zukunftsthemen wie Bioenergie, Klimaschutz, Präimplantationsdiagnostik und Genomchirurgie veröffentlicht. In aktuellen öffentlichen Debatten äußerte sich die Leopoldina beispielsweise zur Energiewende nach dem Reaktorunglück von Fukushima 2011, zum Ebola-Ausbruch 2014 und zur Belastung der Atemluft durch Stickoxide und Feinstaub 2019. Während Jörg Hackers Amtszeit wurde die Beratung der G7-Gipfel durch die Wissenschaftsakademien der beteiligten Länder intensiviert und die Beratung der G20-Treffen aufgebaut. Die Leopoldina erweiterte ihre globalen Kontakte und vereinbarte Partnerschaftsabkommen mit nationalen Wissenschaftsakademien unter anderem mit Israel, Südafrika und China.

Ministerpräsident Haseloff dankt Präsidenten der Leopoldina

Angesichts des Wechsels an der Spitze der Leopoldina betonte Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff die große Bedeutung der Nationalen Akademie der Wissenschaften für den Wissenschafts- und Forschungsstandort Sachsen-Anhalt. „Sie ist die deutsche Stimme der Wissenschaft auf internationaler Ebene.“ Prof. Hacker habe in den Jahren seiner Präsidentschaft die Leopoldina nachhaltig geprägt und in der internationalen Politikberatung etabliert. Haseloff: „Jede Gelehrtengesellschaft braucht starke Persönlichkeiten. Jörg Hackers Rat und sein Urteil sind weltweit gefragt. Wichtige Weichenstellungen und Entscheidungen wurden getroffen. Die internationale Wissenschaftslandschaft hat er stark beeinflusst. Dafür danke ich ihm.“

Dem neu gewählten Nachfolger, Prof. Dr. Gerald Haug, wünschte Haseloff für seine verantwortungsvollen Aufgaben viel Erfolg und eine glückliche Hand. Auf die künftige Zusammenarbeit freue er sich. Er sei sich sicher, dass mit ihm ein hochqualifizierter Wissenschaftler das Präsidentenamt übernehme und die Leopoldina in die Zukunft führe.

Hintergrund:

Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dafür erarbeitet sie Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Leopoldina arbeitet dabei eng mit der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech zusammen. Die Leopoldina ist Mitglied der Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Als Nationale Akademie der Wissenschaften vertritt sie zudem die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien, unter anderem bei der wissenschaftsbasierten Beratung der G7- und G20-Gipfel. Mit ihren rund 1.600 Mitgliedern aus mehr als 30 Ländern vereinigt sie Expertise aus nahezu allen Wissenschaftsbereichen. Die Leopoldina wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Seit der Ernennung zur Nationalakademie wird die Präsidentschaft hauptamtlich wahrgenommen.

Eine Meldung der Leopoldina u. eine Meldung der Staatskanzlei, Gek. ToK, Foto: © Markus Scholz für die Leopoldina

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