Spiel mit der Angst

8. September 2018 | Politik | 19 Kommentare

Bezugnehmend auf Pressemeldungen über die in einer Studie der R+V-Versicherung ermittelten Sorgen der Bürger*innen von Sachsen-Anhalt liegt HalleSpektrum eine Stellungnahme des Fraktionsvorsitzende Thomas Lippmann vor.

Die Studie:

Lt. R+V -Versicherung liegt der Umfrage eine „Repräsentative Stichprobe von 2.335 Personen im Alter ab 14 Jahren, davon 1.562 in West- und 773 in Ostdeutschland (disproportionale Stichprobenanlage); Grundgesamtheit: 70,38 Millionen Personen der Wohnbevölkerung in Privathaushalten (deutschsprachige Bevölkerung)“ zugrunde. Die größte Angst haben die Deutschen demnach vor Trump und das er die Welt zerstören könnte (69 %). Vor der Überforderung der Behörden im Umgang mit Flüchtlingen (63%), vor Spannungen durch Zuzug vor Ausländern (63 %), Angst vor überforderte Politiker (61 %) und Terrorismus (59 %) sind weitere Angstgründe. Weitere Top-Ten Ängste der Deutschen sind EU-Schuldenkrise (58 %), politischer Extremismus (57 %), Naturkatastrophen (56 %), Schadstoffe in Lebensmitteln (55 %) und Pflegefall im Alter (52 %).  Die größten Angsthasen Deutschland leben übrigens in Sachsen-Anhalt. „In sieben Bundesländern ist die Angst gestiegen, darunter beim „Spitzenreiter“ Sachsen-Anhalt um deutliche zehn Prozentpunkte“. Hier die Studie zum Nachlesen.

Das sagt Herr Lippmann von den Linken dazu: „Der hohe Grad an Unzufriedenheit, Sorgen und Angst in der Bevölkerung des Landes resultiert aus der Wahrnehmung des politischen Handelns auf unterschiedlichen Ebenen. Er ist aber nicht zuletzt auch Ausdruck für den desolaten Zustand der Kenia-Koalition, die wegen fortgesetzter interner Querelen über personelle und inhaltliche Frage ihre politische Handlungsfähigkeit längst verloren hat und den Menschen im Land keinerlei Orientierung geben kann. Dies hatte schon in den besonders niedrigen Zustimmungswerten zur Politik der Landesregierung in Sachsen-Anhalt aus der Befragung von Infratest dimap für den mdr seinen Niederschlag gefunden.

Hinzu kommt das Spielen mit den Ängsten der Bürger*innen, das von der AfD geschürt und von der CDU/CSU im Bund und im Land verstärkt und verfestigt wird. Hier wird von der Landes-CDU die Strategie kopiert, die Bundesinnenminister Horst Seehofer und weitere Vertreter der CSU auf Bundesebene verfolgen.

Linke: Scheinprobleme

Dabei ist offensichtlich, dass z.B. die übermäßigen Bedenken in der Bevölkerung vor einer Überforderung der Behörden durch Flüchtlinge in Sachsen-Anhalt ohne reale Grundlage sind. Durch die von AfD und CDU immer wieder forcierten Debatten über Abschiebung, Altersfeststellungen bei minderjährigen Flüchtlingen oder selbst über Burka-Verbote werden aber Scheinprobleme im öffentlichen Bewusstsein inzwischen so verankert, dass sie auch dann reflektiert werden, wenn es im eigenen Erleben der Menschen dazu gar keine Bezüge gibt.

Zu befürchten ist, dass es auf absehbare Zeit zu keiner Umkehr dieser Entwicklung kommen wird, sondern eine weitere Zuspitzung droht. Die AfD wird weiter mit lautem Getöse und einer weiteren Radikalisierung auf diesen Themen herumreiten, weil sie sich in ihrer Strategie der Destabilisierung bestehender politischer Verhältnisse durch die Verunsicherung und Verängstigung von breiten Teilen der Bevölkerung bestätigt sieht. Außerdem darf sie sich durch die Unterstützung von Spitzenpolitikern der CDU darin ermuntert fühlen.

Die Verantwortung für die schlechte Stimmung liegt bei den Regierungen im Bund und im Land. Insbesondere die Kenia-Koalition muss endlich anfangen, die realen Probleme im Land beim Namen zu nennen und erkennbar an deren Lösung zu arbeiten. Es bessert sich nichts, wenn Regierungsmitglieder weiter der Panikmache der AfD hinterherlaufen und hoffen, damit die Debatten einzufangen und für sich zu nutzen. Auf diesem Weg gibt es nur Verlierer und der größte heißt Demokratie.

Dass es nicht zuletzt viele Menschen in Sachsen-Anhalt und darüber hinaus gibt, die Angst vor genau dieser Entwicklung haben, zeigt die Umfrage nicht. Deutlich wird dies aber durch das wachsende zivilgesellschaftliche Engagement gegen den immer weiter fortschreitenden Rechtsruck in Deutschland – etwa wenn am vergangenen Montag in Chemnitz 65.000 Menschen ein deutliches Zeichen gegen rechten Ungeist gesetzt haben. Es wird Zeit, die Menschen wieder für Demokratie und Menschlichkeit zu ermutigen und glaubhafte Perspektiven zu schaffen, statt immer aufs Neue irrationale Ängste zu schüren und zu bedienen.“

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