Schumbadibummbumm – wir ballern hier rum

5. Mai 2017 | Politik | 2 Kommentare

Wie sicher ist es in Sachsen-Anhalt und was kann getan werden, um das subjektive und objektive Sicherheitsgefühl zu erhöhen? Dazu hat die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag unter dem Titel „Sachsen-Anhalt sicher machen. Ohne Waffen!“ eine aktuelle Debatte anberaumt:

Markus Kurze Foto: CDU-Fraktion

Dazu erklärt der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, Markus Kurze:  „Das deutsche Waffenrecht ist im internationalen Vergleich eines der strengsten überhaupt. Strenge Regeln sorgen dafür, dass das Führen und Besitzen von Waffen nur mittels Waffen- oder Jagdschein zulässig ist.

 Deswegen ist der illegale Schusswaffenbesitz ein nicht zu verachtendes Problem. Dieser stellt eine Gefahr für unser Leben, die Gesundheit und die öffentliche Sicherheit dar. Daher muss die Gesellschaft vor solchen und vor ähnlichen Gefahren geschützt werden.

 Dieser Schutz darf jedoch nicht im Zusammenhang mit Kriminalität und Terrorismus dazu führen, dass Jäger und Sportschützen unter Generalverdacht geraten. Rechtmäßige Besitzer einer Waffe dürfen nicht für ihr gesellschaftliches Engagement weiter sanktioniert werden.

Gegen den illegalen Waffenhandel werden wir auch zukünftig konsequent vorgehen, eine Verschärfung des Waffenrechts wird es mit der CDU aber nicht geben!“

Rüdiger Erben. Fotoquelle: Twitter ac. Rüdiger Erben

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rüdiger Erben, plädierte in der Debatte für „eine Balance zwischen den berechtigten Interessen der legalen Waffenbesitzer auf der einen Seite und den um die öffentliche Sicherheit besorgten Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite. Wir respektieren die Argumente beider Seiten. Wir haben daher ein wachsames Auge auf das Waffenrecht. Dazu gehört eine Kontrolle, die diesen Namen verdient.“

 Erben benannte vier Punkte im Waffenrecht, an denen aus SPD-Sicht Handlungsbedarf besteht:

 „1. Wir müssen dringend sicherstellen, dass schussfähige Waffen nicht in falsche Hände geraten, und wir brauchen regelmäßige Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen für Waffenbesitzer. Wir brauchen endlich eine Regelung, die gewährleistet, dass relevante Informationen der Sicherheitsbehörden schon bei der Antragsprüfung hinreichend berücksichtigt werden und an die zuständigen Waffenerlaubnisbehörden weitergeleitet werden.

700 Reichsbürger mit der Erlaubnis zum Herumballern!

 Laut Verfassungsschutz gibt es bundesweit 700 Reichsbürger, die Inhaber waffenrechtlicher Erlaubnisse sind. Da wäre eine Prüfung vor Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sehr hilfreich gewesen. Sie hätte möglicherweise sogar Leben und Gesundheit von Polizeibeamten gerettet.

2. Jüngst wurde der Opfer des Amoklaufs am Erfurter Gutenberg-Gymnasium gedacht. Der Attentäter benutzte eine Selbstladepistole und ein Repetiergewehr. Beides sind halbautomatische Waffen, die er als Schütze erworben hatte. Solche Waffen gehören für den Schießsport verboten, denn sie verfügen über das Potential, dass ein Einzeltäter in kurzer Zeit gezielt eine Vielzahl von Menschen verletzen oder ermorden kann.

 3. Gefährlich können auch die sogenannten Dekowaffen sein. Der Attentäter von München benutzte im letzten Sommer eine solche reaktivierte Waffe und tötete insgesamt neun Menschen. Sogenannte Dekorations- und Salutwaffen sind in Deutschland immer noch erlaubnisfrei zu haben, obwohl Büchsenmacher sie mit ein paar Handgriffen wieder schussfertig machen.

4. Die Anforderungen für den sogenannten Kleinen Waffenschein müssen verschärft werden. Die Aufrüstung des Normalbürgers ist ein Problem, erst recht, wenn sie mit dem Ziel der Selbstjustiz einhergeht. Vermeintlich harmlose Luftdruckwaffen können sehr schnell tödliche Verletzungen hervorrufen.“

 Erben betonte, die größte Herausforderung bleibe der Kampf gegen den illegalen Waffenhandel: „Dabei geht es zunächst um den illegalen Internethandel mit Waffen. Bund und Länder gehen verstärkt und auch mit zunehmenden Erfolg mit spezialisierten Ermittlern, die im Darknet gezielt nach illegalem Waffenhandel suchen, hiergegen vor.“

Der innenpolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Landtag von Sachsen-Anhalt, Sebastian Striegel, sagte im im Rahmen der Landtagsdebatte über Waffenbesitz in Sachsen-Anhalt:

 „Waffen in den falschen Händen stellen eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar! Ziel bündnisgrüner Politik ist es, die Zahl im Umlauf befindlicher Waffen zu reduzieren, insbesondere illegale Waffen und Munition aus dem Verkehr zu ziehen, aber auch dafür zu sorgen, dass legal besessene Waffen- und Munitionsbestände nicht durch Missbrauch zur Gefahr werden können.“

 „Dass Schusswaffen zur Gefahr für die Allgemeinheit werden können, dass sie bei der Begehung von Straftaten bis hin zu Terroranschlägen oder Amokläufen eine zentrale Rolle spielen, ist unbestritten. Es gibt dennoch keinen Grund, diejenigen unter Generalverdacht zu stellen, die als Jäger, Sportschützen oder aus anderen Gründen legal Waffen besitzen und diese verantwortlich nutzen. Mit ihnen muss – im Interesse unser aller Sicherheit – zusammengearbeitet werden. Die Aufbewahrung ihrer Waffen und Munition muss regelmäßig durch die Waffenbehörden kontrolliert werden, um eine hohes Maß an Sicherheit zu gewährleisten. Waffenbesitzer sind dabei Partner.“

 „Dass Schusswaffen auch – ja sogar legal besessene Schusswaffen – zur Gefahr werden können, zeigen Vorfälle in Sachsen-Anhalt als auch darüber hinaus. Als in der Nacht zum 7. Juli 2016 ein 31-jähriger Mann seinen Vater und im späteren Verlauf Polizisten mit einer Schusswaffe bedrohte, stammte diese Waffe aus Privatbesitz. Die Mutter des Täters war zum Besitz der Waffe berechtigt. Der 31-Jährige wurde von SEK-Beamten in der Folge durch Schüsse tödlich verletzt. Auch bei der in Reuden (Burgenlandkreis) von einem Reichsbürger besessenen Waffe, mit der laut Anklage im August 2016 ein Polizist durch Schussabgabe verletzt wurde, hatte ihr Gebrauch beinah tödliche Folgen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen den Angeklagten lautet auf versuchten Mord an einem Polizisten. Der Angeklagte selbst wurde im Rahmen des Polizeieinsatzes schwer verletzt, weil die Polizisten gezwungen waren, den Mann durch Gebrauch der Dienstwaffe handlungsunfähig zu machen. Beim Angriff eines Reichsbürgers auf Polizisten im Oktober 2016 starb ein Polizist, nachdem ein Waffenbesitzer SEK-Beamte niederschoss, die zu seiner Entwaffnung auf sein Grundstück gekommen waren. Der Mann hatte die Waffen legal besessen, hatte jedoch aufgrund von Unzuverlässigkeit seine Berechtigung zum Waffenbesitz verloren. Die Waffen sollten durch die Behörde eingezogen werden. Inzwischen ist Mordanklage erhoben. Bei den Ermittlungen gegen einen zeitweise im Saalekreis sich aufhaltenden Reichsbürger und potenziellen Rechtsterroristen wurde ebenfalls mindestens eine Waffe gefunden und beschlagnahmt. Hier steht die Anklageerhebung gegen den selbst ernannten Druiden noch aus. Dass Waffen auch gehäuft zum Problem werden können, zeigt der Fall aus Dessau, wo bei einem „Waffennarren“ ein schier unüberschaubares Arsenal sichergestellt wurde. Ermittler beschlagnahmten rund 900 Schusswaffen und mehr als zwei Tonnen Munition. Waffen sind immer noch viel zu leicht erhältlich, wie die Ermittlungen um den illegalen Versandhandel „Migrantenschreck“ zeigen, bei dem auch diverse Kunden aus Sachsen-Anhalt, unter anderem mindestens ein AfD-Kommunalpolitiker bestellten, weil sie ihre rassistische Einstellung offenbar auch durch proaktive Bewaffnung gegen hier erst kurz lebende Menschen untermauern wollten.“

Sebastian Striegel. Fotoquelle: Twitter

Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten

 BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wollen die Zahl der im Umlauf befindlichen Waffen reduzieren. Wir setzen dabei auf eine Kombination an Maßnahmen:

 „Wir begrüßen ausdrücklich das Vorhaben einer Amnestieregelung für illegale Waffenbesitzer, das von der Bundesebene ausgeht. Wer illegale Waffen abgibt, soll für die Abgabe selbst keine Strafverfolgung oder Bußgeldverfahren fürchten müssen. Er sollte explizit dazu ermutigt werden. Die abgegebenen Waffen sind dauerhaft aus dem Verkehr zu ziehen und sollten vernichtet werden. Hier wird auch ein Ziel aus dem Koalitionsvertrag in Sachsen-Anhalt verwirklicht.“

 „Waffen gehören nicht in die Hände von Extremisten. Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass z.B. Neonazis keine waffenrechtlichen Erlaubnisse mehr erhalten oder diese widerrufen werden. Eine Abfrage des Bundesamtes für Verfassungsschutz bei den Ländern im Jahr 2014 ergab, dass etwa 400 Rechtsextremisten über eine solche waffenrechtliche Erlaubnis verfügen. Dem Verfassungsschutz Sachsen-Anhalt waren zu Beginn des Jahres 2016 insgesamt 27 Rechtsextremisten aus Sachsen-Anhalt bekannt, die über eine entsprechende Erlaubnis verfügen. Bei Reichsbürgern, d.h. Personen, die die Existenz der Bundesrepublik und hier geltender Gesetze anzweifeln, ist die notwendige Zuverlässigkeit zum Waffenbesitz nicht gegeben. Sie haben zudem häufig eine besondere Affinität zum privaten Waffenbesitz. Vorhandene waffenrechtliche Erlaubnisse müssen hier widerrufen und in deren Besitz befindliche Waffen müssen entzogen werden. Hier muss – wie z.B. in Sachsen – konsequent vorgegangen werden.“

 „Den Zugang zum „Kleinen Waffenschein“ wollen wir erschweren. Denn er schafft keine Sicherheit. Gerade bei Signal- und Schreckschusswaffen, die bei missbräuchlicher Nutzung große Verletzungen verursachen können, muss eine umfassende Erlaubnisprüfung erfolgen. Die Antragssteller*in sollen dabei immer persönlich vorsprechen müssen, um ihre Tauglichkeit unter Beweis zu stellen.“

 „Besonders gefährliche halbautomatisierte Schusswaffen im Besitz von Privatpersonen wollen wir komplett verbieten. Waffen dieser Art sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nach Abgabe eines Schusses selbständig erneut schussbereit werden. Dadurch kommt ihnen ein besonderes Gefahrenpotential zu, was sich in einer Vielzahl terroristischer Anschläge bereits verwirklicht hat. Eine solche Waffe hat im Privatbesitz nichts verloren. Sie ist für die Jagd oder im Bereich des Schießsports auch unnötig.“

 „Für den Bereich der legal vorhandenen Waffen setzen wir im Interesse aller zuverlässigen Waffenbesitzer*innen auf eine konsequente Verfolgung bei bußgeld- und strafbewehrten Verstößen gegen das Waffengesetz durch die zuständigen Behörden. Wobei wir darauf hinwirken, dass die unteren Waffenbehörden die gesetzlich vorgesehenen Kontrollintervalle beachten.“

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