OB-Wahl 2019: Nachgefragt bei Falko Kadzimirsz

4. Oktober 2019 | Politik | 6 Kommentare

HalleSpektrum hat den Halleschen OB-Kandidaten 11 Fragen gestellt und sie um eine Antwort gebeten. Diese Antworten, die wir in den vergangenen Tagen veröffentlicht haben, bieten vor der OB-Wahl am 13. Oktober noch mal die Möglichkeit, die Positionen und Gedanken der Kandidaten zu vergleichen. Heute: Falko Kadzimirsz

1. Wie stellen Sie sich Halle in 20 Jahren vor? Welche Zukunft hat die Stadt in Sachsen-Anhalt? Haben Sie eine Vision? In welche Richtung soll es nach Ihren Vorstellungen gehen (sozial, kulturell, finanziell)?

Falko Kadzimirsz: Mit mir wird sich Halle und der Saalekreis als geopolitische Einheit und als Zentrum im Süden von Sachsen-Anhalt etablieren. Eine Gebietsreform sichert uns in der Zukunft ein deutlicheres Schwergewicht gegenüber dem Bund, dem Land und Europa zu sein. Themen wie die Bildung neuer Schuleinzugsgebiete bei gleichzeitigem Neubau von Grund- und Sekundarschulen, der gezielte Ausbau des ÖPNV und Radverkehrs über die jetzigen Stadtgrenzen hinaus und die Schaffung neuer Industrie/Produktionsstandorte werden erfolgreich umgesetzt sein. Wichtig ist mir, dass wir nicht von Eingemeindungen sprechen, sondern von einem Zusammenschluss auf Augenhöhe. Allein wird jeder für sich nur bedingt und punktuell erfolgreich sein. Der Strukturwandel benötigt ein größeres und breiteres Denken, um die Zukunft sicherer und auskömmlicher zu gestalten. Die Händelfestspiele werden international und größer sein und die Kultur in unserer Stadt beflügeln.

2. Halle muß massiv Schulden abbauen. Wenn nicht mehr Einnahmen generiert werden können, muß gespart werden. Welches sind die Felder, in denen Sie Sparpotential sehen.

FK: Sparen ist keine Lösung, da die Grenze des Erträglichen erreicht ist. Die Möglichkeiten sind eher in der gezielten Entschuldung zu finden . Die Entschuldung bzw. der gezielte Abbau der Schulden unserer Stadt ist für mich die vordringlichste Aufgabe. Die aktuelle Situation der Finanzen der Stadt und der derzeit unklare Umgang damit führen zu einer weiteren Verschlechterung der Gesamtsituation. Wichtig dabei ist, dass der Abbau durch mehrere Komponenten erfolgt, sozusagen einem Entschuldungsmix. Dieser sollte bestehen aus einem stärker ausgeprägten Forderungsmanagement der Stadtverwaltung (immerhin gibt es 74 Millionen offene Forderungen), einer sinnvollen Steigerung der Gewinne der kommunalen Gesellschaften(SWH,HWG,…) und deren vollständige Einbringung in den Haushalt, einer vernünftigen Umschuldung von Krediten in ertragbarem Rahmen ohne der Folgegeneration einen Schuldenberg zu hinterlassen. Parallel werde ich dieses Programm mit dem Land diskutieren und eine Neubewertung der Maßgaben zum Abbau der Kassenkredite einfordern. Zur Not auch auf dem Klageweg, womit neben den voran genannten Optionen eine weitere ensteht. Kluge Entschuldungsstrategien benötigen immer mehrere Optionen.

3. Durch Kriege und Klimakatastrophen und die weitere Ausbeutung unseres Planeten wird es weltweit mehr Flüchtlinge geben. Ist Halle dem gewachsen? Wie wollen Sie in Zukunft damit umgehen?

FK: Natürlich kann Halle als weltoffene Stadt weitere Flüchtlinge verkraften, wenn man denjenigen, welche für immer in Halle bleiben möchten, eine echte Integration anbietet und die Bereitschaft von ihnen einfordert sich zu integrieren. Eine Verteilung auf sozial schwache Regionen, wie sie aktuell geschieht, muss abgestellt und korrigiert werden. Unsere Stadt könnte sicherlich vom Zuzug partizipieren, wenn dieser gezielt auf die Schaffung neuer Lebensperspektiven ausgerichtet wird. Eine Ghettoisierung von Flüchtlingen bei gleichzeitiger Lebensperspektive im deutschen Sozialsystem führt leider zu einer weiteren Spaltung der Gesellschaft.

4. Welche Rolle spielt für Sie die Kultur, wenn man davon ausgeht, daß ein Volk ohne Kultur ein barbarisches Volk wird?

FK: Wer an der Kultur spart, spart am Leben. Gerade Halle hat wahre Schätze im kulturellen Umfeld. Mit mir wird die Kultur in Halle stärker.Ich setze mich zum Beispiel für deutlich mehr Kultur in den Stadteilen ein um Kultur (er)lebar zu machen.

5. Auf welche Weise können Konflikte gelöst werden, die mit der Migration entstehen? Oder Konflikte wie am August-Bebel-Platz zwischen Einwohnern und Jugendlichen, die sich hier ihren eigenen Jugendtreff geschaffen haben.
Also wie würden Sie als Stadtoberhaupt mit Konflikten umgehen?

FK: Konflikte gehören zum Alltag und sind nicht immer vermeidbar. Entscheidend ist für mich, dass im Konfliktfall der Oberbürgermeister neutral agiert und den Interessenausgleich fördert ohne Rechtsverletzungen oder Ordnungswidrigkeiten zu ermöglichen. Ich würde die Konflikte, die wir in der Stadt haben, nicht primär auf das Thema Migration lenken, sondern vielmehr auf verfehlte Entscheidungen in diesem Umfeld durch die Politik. Insofern gilt für mich: erst denken und dann handeln. Die punktuelle Zuweisung von Migranten in bereits bestehende soziale Brennpunkte führt zwangsläufig zu den aktuellen Problemen. Das hätte man bereits an unzähligen Beispielen in anderen Bundesländern (bspw NRW) erkennen müssen.

Am Beispiel August-Bebel Platz lässt sich gut ableiten was der Stadt fehlt, der Blick für die Jugend und deren Interessen. Dieser Konflikt in seiner Ausdehnung hätte durch kluge Entscheidungen hinsichtlich Stadtentwicklung vermieden werden können.

6. Wird der HFC in den nächsten Jahren in die Bundesliga aufsteigen?

FK: Nein, dem Verein kann man viel Erfolg wünschen für den Aufstieg in die zweite Liga. Allerdings sollte man dann gleich das Risikomanagement zur Insolvenzabwehr intensivieren. Solange dieser Verein vom kommunalen Umfeld gefördert werden muss, von der Politik abhängig ist und durch Hobby Hoeneße geführt wird, die eher an eine Selbstverwirklichung denken ohne Kenntnisse im Profifußball zu besitzen, sollte man dringend davon abraten.

7. Der Amazonas-Wald brennt, ebenso die Arktis, die Gletscher schmelzen, der Permafrostboden taut – spielt das für die Kommunalpolitik der Stadt irgend eine Rolle? Wenn ja, welche?

FK: Das spielt eine sehr große Rolle, denn jeder Mensch ist davon betroffen. Insofern ist es mir wichtig die Stadt ökologischer aufzustellen, das geht zum Beipsiel beim ÖPNV los und endet bei der gezielten Ansiedlung von Unternehmen im Wasserstoffumfeld. Die Kommunalpolitik der Stadt Halle muss vor allem den Umdenkprozess in der Bevölkerung mit Angeboten stimulieren. Dies gilt insbesondere für die Nutzung von Fahrrädern und öffentliche Verkehrsmitteln sowie der Nutzung regenerativer Energien im privaten Umfeld. Da muss aus meiner Sicht die SWH Gruppe noch einen großen Schritt machen, aber die gehört ja zum Glück der Stadt.

8. Können Sie sich in Sachfragen eine Zusammenarbeit mit der AFD vorstellen? Welche wären das?

FK: Die Kommunalpolitik muss frei von Ideologie und Parteiinteressen sein. Warum sollte man einen Vorschlag, egal woher er kommt, wenn er sehr gut ist nicht annehmen? Immerhin haben 14% den Wähler die AFD gewählt. Wir sollten diese Wähler nicht ausgrenzen.

9. Was muß getan werden, um ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern herzustellen?

FK: Diese Frage kann man so nicht beantworten. Die Frage müsste doch eher lauten: Wie schaffen wir ausreichend Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer ohne einzelne zu benachteiligen?
Entscheidend ist bei diesen Überlegungen  dennoch die Verkehrswende. Wenn wir zukünftig mehr Anreize schaffen, die die Menschen überlegen lassen nicht das Auto zu nutzen, müssen wir in die Alternativen investieren, unter Umständen auch mit Vermeidungsstrategien.

10. Welche Rolle spielt für Sie die Geschwindigkeit Ihres Internetanschlusses?

FK: Eine sehr große,da ich primär im häuslichen Umfeld arbeite. Der Ausbau muss rasch mit einem starken Partner ggf. auch in einer gemeinsamen Gesellschaft für Halle umgesetzt werden. Die Menschen mit 1-2 Mbit dürfen sich zu recht diskriminiert fühlen. Die Nutzung des Internet in ausreichender Geschwindigkeit gehört aus meiner Sicht zur Daseinsfürsorge und sollte für alle Menschen rechtlich gesichert sein. Insbesondere der weitere Ausbau von Home Office Arbeitsplätzen hat neben der ökologischen Komponente noch weitere Vorteile.

11. Weshalb wollen Sie Oberbürgermeister werden? Ist doch Stress ohne Ende.

FK: Wenn sich die Hallenserinnen und Hallenser für mich entscheiden, entscheiden Sie sich für Wachstum und Auskömmlichkeit ihrer Heimat. Halle benötigt wieder einen starken und gleichzeitig zugänglichen Oberbürgermeister, welcher in der Lage ist Visionen mit Strategien zu versehen, welche ein Gesamtkonzept für Wirtschaft und Soziales entstehen lassen und keine einzelnen Prestigeprojekte. An die Spitze der Stadt muss ein Mensch der mit Weitblick, Empathie und Umsetzungsqualitäten ausgestattet ist.

Ich bin ein erfolgreicher Unternehmer, verstehe dennoch sehr viel von Kommunalpolitik.
Ich bin mutig aber nicht leichtsinnig.
Ich bin emphatisch jedoch ein zäher Verhandlungspartner.
Ich traue es mir zu.

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