OB-Wahl 2019: Nachgefragt bei Andreas Silbersack

1. Oktober 2019 | Politik | 8 Kommentare

HalleSpektrum hat den Halleschen OB-Kandidaten 11 Fragen gestellt und sie um eine Antwort gebeten. Diese Antworten, die wir in den nächsten Tagen veröffentlichen, bieten vor der OB-Wahl am 13. Oktober noch mal die Möglichkeit, die Positionen und Gedanken der Kandidaten zu vergleichen. Heute: Andreas Silbersack (gemeinsamer Kandidat von FDP und CDU).

1. Wie stellen Sie sich Halle in 20 Jahren vor? Welche Zukunft hat die Stadt in Sachsen-Anhalt? Haben Sie eine Vision? In welche Richtung soll es nach Ihren Vorstellungen gehen (sozial, kulturell, finanziell)?

Andreas Silbersack: In 20 Jahren ist Halle eine noch lebenswertere Stadt. Die gravierende Kinderarmut hat sich deutlich verringert, Halle-Neustadt ist durch die Bundesgartenschau und die Internationale Bauaustellung zu einem der innovativsten Stadtteile Deutschlands geworden und die Bürger fühlen sich sicher in ihrer Stadt.

Halle ist das Oberzentrum im Süden von Sachsen-Anhalt. Auf Augenhöhe mit dem Umland haben wir den Strukturwandel gemeistert und neue Arbeitsplätze durch Innovation und Forschung in die Region geholt. Wissenschaft und Industrie kooperieren sehr gut miteinander. Die Menschen fühlen sich von der Politik nicht mehr abgehängt.

2. Halle muss massiv Schulden abbauen. Wenn nicht mehr Einnahmen generiert werden können, muss gespart werden. Welches sind die Felder, in denen Sie Sparpotential sehen.

AS: In der Frage steht ja schon die Antwort: Wir müssen schauen, wie wir die Einnahmesituation verbessern können. Das geht zum Einen nur durch wirtschaftliche Entwicklung. Hierbei setze ich zum Beispiel auf Unternehmensansiedelung im Bereich des Hauptbahnhofes. Die ICE-Sprinter Strecke ist eine unglaubliche Chance für unsere Stadt.

Zum Anderen sehe ich die Notwendigkeit von Verhandlungen gemeinsam mit anderen Oberzentren, die ähnlich wie Halle über die Gebühr mit Sozialausgaben belastet sind, wofür es keinen Ausgleich in den Zuweisungen seitens des Landes oder Bundes gibt. Hier werden jährlich neue Aufgaben für die Kommunen generiert, ohne dass es einen finanziellen Ausgleich gibt. Dies ist jedoch eine Aufgabe für den Städte- und Gemeindebund, wo ich mich als künftiger Oberbürgermeister engagiert einbringen werde. Sparpotential sehe ich in den erforderlichen Größenordnungen nicht. Auf die laufenden Ausgaben im Verwaltungshaushalt muss kritisch geschaut werden. Ob alle bestehenden Beraterverträge notwendig sind, ist hierbei zu prüfen. Auch einige Bauvorhaben erscheinen mir überdimensioniert in den Kosten. Das kann ich jedoch als Außenstehender noch nicht seriös beurteilen. Weiterhin hat die Stadt Halle aktuell ca. 74 Millionen Euro offene Forderungen. Diese müssen konsequent eingetrieben werden.

Zuletzt muss sich die Stadt Halle hinsichtlich der Kassenkredite mit dem Land Sachsen-Anhalt ein gemeinsames Konzept erarbeiten. Denn dem Land geht es nur gut, wenn es auch unserer Stadt gut geht. Leider findet Halle aktuell in Magdeburg nicht statt.

Einsparungen im Bereich Soziales, freiwillige Leistungen, Sport und Kultur wird es bei mir nicht geben. Dann würden wir den Ast absagen, auf dem wir sitzen.

3. Durch Kriege und Klimakatastrophen und die weitere Ausbeutung unseres Planeten wird es weltweit mehr Flüchtlinge geben. Ist Halle dem gewachsen? Wie wollen Sie in Zukunft damit umgehen?

AS: Das sind Spekulation und kein Fakt. Das Asylverfahren liegt in der Kompetenz des Bundes. Wer ein Recht hat, hier Schutz zu bekommen, wird nicht von der Stadt Halle entschieden. Unsere Aufgabe ist es, dass wir uns bestmöglich um die Integration dieser Menschen kümmern. Einer weltoffenen und international geprägten Stadt wie Halle steht es gut zu Gesicht, wenn sich die hier ankommenden gut aufgenommen fühlen. Dazu gehört auch, relativ schnell die hier üblichen Regeln und Werte zu vermitteln, um Konflikte vorzubeugen. Wichtig ist, dass man die Menschen in dieser Stadt bei allen Entscheidungen mitnimmt und einbindet und rechtzeitig informiert. Wenn es Probleme gibt, müssen die offen angesprochen angesprochen und beseitigt werden.

4. Welche Rolle spielt für Sie die Kultur, wenn man davon ausgeht, dass ein Volk ohne Kultur ein barbarisches Volk wird?

AS: Die Kultur macht den „Kitt der Gesellschaft“ aus. Nur durch ein vielfältiges Angebot ist eine Stadt lebenswert und dabei zähle ich nicht nur die Hochkultur dazu, sondern auch die vielen Angebote der Freien Kulturszene.

5. Auf welche Weise können Konflikte gelöst werden, die mit der Migration entstehen? Oder Konflikte wie am August-Bebel-Platz zwischen Einwohnern und Jugendlichen, die sich hier ihren eigenen Jugendtreff geschaffen haben.
Also wie würden Sie als Stadtoberhaupt mit Konflikten umgehen?

AS: Das ist in Frage 3 zum Teil schon beantwortet. Ergänzend verweise ich auf das Prinzip des Förderns und Forderns. Jeder ist eingeladen, sich in unserer Gesellschaft zu beteiligen und seinen Teil beizutragen, damit alle gut miteinander leben können. Wer dies jedoch ablehnt und gegen unsere geltenden Regeln verstößt, muss auch mit den gesetzlich vorgegebenen Konsequenzen rechnen. Als Stadt müssen wir aber Parallelgesellschaften verhindern. Dort, wo die Stadt steuernd eingreifen kann, sollte sie das auch tun, um beispielsweise zu verhindern, dass sich in bestimmten Vierteln der Anteil der Zuwanderer konzentriert. Das erschwert die Integration der Zugewanderten, wenn sie unter sich bleiben.

Ansonsten ist das Konzept um Konflikte zu lösen rechtzeitiges Kommunizieren und nicht zu warten, bis sich die Konflikte so hoch geschaukelt haben, dass eine Lösung kaum möglich ist. Anwohner haben ein Recht auf Schutz vor übermäßigem Lärm. Jugendliche haben ebenso ein Recht auf Freiräume. Die zu finden, ohne mit Anwohnern in Konflikt zu geraten, kann ein Ziel der Kommunikation sein. Gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme sollten einander nicht ausschließen.

6. Wird der HFC in den nächsten Jahren in die Bundesliga aufsteigen?

AS: Ich sehe gute Chancen für den Aufstieg in die Zweite Bundesliga noch in dieser Saison.

7. Der Amazonas-Wald brennt, ebenso die Arktis, die Gletscher schmelzen, der Permafrostboden taut – spielt das für die Kommunalpolitik der Stadt irgend eine Rolle? Wenn ja, welche?

AS: Für die Kommunalpolitik spielt das eher eine geringe Rolle. Die Klimafragen müssen global gelöst werden. Jedoch können wir als Stadt Halle an verschiedenen Stellen unseren Beitrag leisten. Halle ist eine der grünsten Großstädte Deutschlands. Das sollten wir pflegen. Das ist nicht ein Beitrag zur Bekämpfung von zu viel CO2-Ausstoß. Das steigert auch die Lebensqualität der Menschen in unserer Stadt. Ansonsten habe ich schon den Eindruck, dass es ein großes Umweltbewusstsein bei den Menschen in Halle gibt und das ist auch gut so.

8. Können Sie sich in Sachfragen eine Zusammenarbeit mit der AFD vorstellen? Welche wären das?

AS: Die AfD bildet eine eigene Fraktion im Stadtrat. Ein nicht unbedeutender Teil der Hallenser hat sie gewählt. Als Oberbürgermeister arbeite ich mit allen Fraktionen im Stadtrat zusammen. Ich würde kein Projekt beerdigen, nur weil auch die AfD dafür stimmt. Vorschläge und Anträge aus den Fraktionen werden alle einer Prüfung und Bewertung unterzogen, auch die der AfD. Das ist ein Erfordernis unserer Demokratie. Und wer weiß, vielleicht kommt von der AfD auch mal ein Antrag, der tatsächlich die Kommunalpolitik betrifft, und keine Stimmungsmache in Richtung Bundespolitik oder gegen Flüchtlinge darstellt.

9. Was muß getan werden, um ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Autofahrern, Fußgängern und Radfahrern herzustellen?

AS: Wir benötigen hierfür ein gesamtheitliches Verkehrskonzept für die Stadt Halle. Wichtig ist, dass wir keine Verkehrsteilnehmer gegeneinander ausspielen. Man muss aber manche Dinge nicht neu erfinden, sondern schauen, wie es andere Städte gemacht haben. Copenhagen ist dafür ein tolles Beispiel.

10. Welche Rolle spielt für Sie die Geschwindigkeit Ihres Internetanschlusses?

AS: Die Geschwindigkeit des Internetanschlusses hat höchste Priorität. Zum einen für den Bürger der Stadt Halle, aber vor allem für Unternehmen die sich hier ansiedeln und Arbeitsplätze schaffen wollen. Ohne eine angemessene Internetgeschwindigkeit verlieren wir den Anschluss. Auch die besten Digitalisierungskonzepte für den Unterricht nützen nichts, wenn die Schulen keine ausreichende Breitbandanbindung haben. Hier ist noch viel nachzuholen.

11. Weshalb wollen Sie Oberbürgermeister werden? Ist doch Stress ohne Ende.

AS: Im Hinterzimmer sitzen und meckern bringt nichts. Ich will meine Heimatstadt voran bringen. Dafür nehme ich den Stress gerne auf mich.

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