Nach Todesfall bei Verhaftung: LINKE fordert, dass nicht Dessau ermittelt – wegen Fall Oury Jalloh

5. Juli 2022 | Politik | Keine Kommentare

Gestern ist ein Mann in Weißenfels nach einer am Samstag stattgefundenen polizeilichen Maßnahme und dem Einsatz von Zwangsmitteln gestorben (s. gestrige Meldung). Jetzt melden sich die ersten Stimmen aus der Politik. So erklärt die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt, Henriette Quade:

„Ein Mensch ist im Zuge einer polizeilichen Maßnahme kollabiert undgestorben. Das stellt Fragen in den Raum, die schnell beantwortet werden müssen. Es ist gut, dass die Innenministerin selbst darum gebeten hat, im Innenausschuss dazu zu berichten. Gerade sie muss – auch im Interesse der Landespolizei – alles dafür tun, um den Tod des Mannes schnell und umfassend aufzuklären sowie die angewendeten polizeilichen Maßnahmen und den Einsatz von Zwangsmitteln transparent zu machen.

Dass nicht die Beamten zum Tod des Mannes ermitteln können, aus deren Dienststelle der Einsatz geleitet wurde, liegt auf der Hand. Das Problem der Befangenheit bleibt aber auch bei einer Verlagerung der Ermittlungen in eine
andere Inspektion innerhalb Sachsen-Anhalts bestehen. Der Fall bräuchte dringend eine unabhängige  Ermittlungsinstanz, die nicht Teil des Polizeiapparates ist, wie sie DIE LINKE und viele NGOs und  Bürgerrechtsorganisationen seit langem fordern und wie sie andernorts bereits Realität ist.

Dass nun die Polizeiinspektion Dessau die Ermittlungen führen soll, löst das Problem nicht. Gerade Dessau hat in Bezug auf Polizeigewalt, die nicht aufgeklärt wird, eine problematische Signalwirkung: Hier starben mit Oury Jalloh, Mario Bichtemann und Hans-Jürgen Rose drei Menschen in bzw. unmittelbar nach polizeilichem Gewahrsam. Diese Fälle sind bis heute nicht aufgeklärt. Im Fall Oury Jalloh gehen die Gerichte davon aus, dass die Aufklärung durch Polizist*innen verhindert wurde. Bis heute hat kein Polizist das Schweigen gebrochen. Dessau ist deshalb ein Trigger für alle,
die von Polizeigewalt betroffen waren oder sind. Das mag gegenüber den einzelnen Beamt*innen, die heute in Dessau ihren Dienst verrichten, ungerecht sein. Als Problem in der öffentlichen Wahrnehmung ist es aber nicht zu leugnen. Die Innenministerin wäre deshalb gut beraten, da es keine unabhängige Ermittlungsinstanz gibt, dafür zu sorgen, dass die Ermittlungen nicht durch die Polizei in Sachsen-Anhalt geführt werden.

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