LINKE mit klarem Bekenntnis zum deutschen Wald: Nationalpark Harz soll sich wild entwickeln dürfen

12. Oktober 2022 | Politik | Keine Kommentare

Spätestens seit den Waldbränden im Sommer ist im Landtag ein heftioger Streit um Natrurschutz und wirtschaftlicher Nutzung der Wälder im Harz entbrannt. Insbesondere Vertreter der CDU gaben dem in den Wäldern liegenden Totholz die Schuld, die Brände zu begünstigen. Dies stünde einer wirtschaftlichen Nutzung entgegen.


In der aktuellen Landtagsdebatte  um die Zukunft des Nationalparks Harz betont Hendrik Lange, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE:

(Originalmanuskript Rede:)

„Mit dem Nationalpark Harz verfügen die Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt über einen der größten – wenn nicht gar den größten
Waldnationalpark Deutschlands. Er umfasst mit seinen 247 Quadratkilometern etwa 10 Prozent des Harzes und ist international anerkannt. Gemäß dem weltweiten Motto der Nationalparke „„Natur Natur“ sein lassen“ wird immer mehr Fläche im Nationalpark sich selbst überlassen, so dass sich eine neue Wildnis entwickelt. Ziel ist es dabei, dass mindesten 75 Prozent der Fläche eine Naturdynamikzone werden, was für die internationale Anerkennung eine Mindestgröße darstellt. Die Natur Natur sein lassen, die Entwicklung der Wildnis, das alles ist nicht nur spannend für den Naturschutz und die Wissenschaft. Die Wildnis im Harz ist vor allem auch eines – sie ist schön. Und was so schön ist wie der Nationalpark Harz, das schützt man und entwickelt es weiter.

Es gibt aber auch Flächen wie die Brockenkuppe, die Flächen der Wasserwirtschaft aber auch Schwermetallrasen in denen Pflegemaßnahmen
vorgenommen werden. Zudem kommt die Nationalparkverwaltung natürlich den Sicherungspflichten nach. Mit hoher fachlicher Expertise wird der Nationalpark betreut, wird Bildung vermittelt und der naturverträgliche Tourismus entwickelt. An dieser Stelle möchte ich mich für die geleistete Arbeit bei den Mitarbeiter:innen des Nationalparks bedanken.

Und nun ist der Schutz der Natur natürlich der wichtigste Aspekt. Aber weil der Nationalpark so schön ist, lockt er jedes Jahr Millionen Tourist:innen an. Allein der Brocken zählt über 1,7 Millionen Besucher:innen jährlich. Insgesamt werden etwa 9 Millionen Besucher:innen der Nationalparkregion zugeordnet. Wir sind uns also auch der touristischen und wirtschaftlichen Bedeutung des Nationalparks bewusst. Umso erschreckender und unverständlicher war es für uns, dass ausgerechnet der für Forst, Tourismus und Wirtschaft zuständige Minister Schulze den gemeinsamen Nationalpark mit Niedersachsen in Frage stellte und den Sachsen-Anhaltischen Teil herauslösen wollte. Er hat mit dieser Hauruckaktion gezeigt, dass er vom Forst, noch von Wirtschaft und sogar vom Tourismus wenig Ahnung hat. Und dass, obwohl er sich ja sein Superministerium selbst zusammengezimmert hat. Wer sich als Kronprinz im Superministerium inszeniert, muss mehr können als provokante
Schlagzeilen zu produzieren. Er braucht Fachkompetenz und Fingerspitzengefühl und die nötige Ruhe, auch und gerade wenn es brennt. Im
Wahren und im übertragenen Sinne des Wortes.

Herr Minister sie können heute die Gelegenheit nutzen und zugeben, dass das eine schlechte Performance war und sich dafür entschuldigen.

Fingerspitzengefühl ist auch deswegen notwendig, weil Sachsen-Anhalt den kleineren Beitrag zum Nationalpark leistet. Und schon deshalb ist so ein Vorstoß unsinnig, weil die Folgen viel höhere Kosten für das Land wären, neben dem konzeptionellen Unsinn. Ich zitiere den niedersächsischen Umweltminister Olaf Lies, der die vorgebrachte einseitige Aufkündigung des
Staatsvertrages in seiner Pressemitteilung wie folgt kommentierte: „Diesen Staatsvertrag haben die Parlamente unserer beiden Länder nach langen Verhandlungen in Freundschaft und Einigkeit über den Wert dieser einzigartigen Region und auch als Signal der neuen Einheit Deutschlands geschlossen. Das ist nichts, was man per Federstrich eines Ministers einfach streichen kann.“ Herr Minister, hier wäre auch eine Entschuldigung gegenüber dem Parlament angebracht.

Ein Brand im Nationalpark ist schlimm, besonders, wenn er erst nach vielen Tagen mit hohem Aufwand gelöscht werden kann. Und ja, der Befall des Borkenkäfers ist schlimm und die Windwurfflächen, übrigens beides folgen des menschengemachten Klimawandels. Aber das reflexhafte zeigen auf Totholz hat nun wirklich nichts mit einer fachlich fundierten Diskussion zu tun. Im Gegenteil. Naturschutz geht doch mit Brandschutz Hand in Hand; Naturschutz kann sogar der beste Brandschutz sein, wenn Laubmischwälder wieder natürlich aufwachsen können. Und dabei spielt Totholz eine beeindruckende Rolle. Denn Totholz ist nicht nur Lebensraum für zahlreiche, oft seltene Tiere. Es ist
Nahrungsquelle für Pilze und Bakterien und spielt somit im Lebenskreislauf eine wichtige Rolle. Und es ist Schutzraum zur Etablierung neuer Bäume. Es fördert somit den Aufwuchs des neuen Waldes. Der Nationalparkchef Herr Pietsch zeigt gerne ein Bild einer Bergkuppe des Nationalparks Bayrischer Wald. Eine Seite der Bergkuppe ist wenig mit Bäumen bewachsen, die andere Seite zeigt einen neuen jungen Wald wie man ihn sich vorstellt. Die Grenze zwischen diesen beiden unterschiedlichen Welten ist die Grenze zwischen Tschechien und Deutschland und zweier Konzepte: Totholz rausräumen und Totholz zulassen.

Mit der Wernigeröder Erklärung scheint nun der Streit etwas befriedet zu sein. Fakt ist aber, dass die Maßnahmen zum Brandschutz, und die Eingriffe in die Natur mit größtmöglichem Augenmaß und unter strenger naturschutzfachlicher Begleitung erfolgen. Dabei müssen die Eingriffe auf ein Minimum beschränkt bleiben. Es ist richtig an der ein oder anderen Stelle die Zugänglichkeit für die Feuerwehr zu verbessern. Es ist aber auch zu bedenken, dass neue Wege auch Menschen anlocken, die eventuell sorglos mit Zigaretten oder Lagerfeuer umgehen. Die Nationalparkverwaltung ist sich ihrer Aufgabe zur Gefahrenabwehr bewusst. Lassen wir nun also die Expert:innen arbeiten, – das gilt auch für die Harzer Schmalspurbahn und die Beurteilung der Brandgefahren.

Dieser Antrag und diese Debatte sind Folge unbesonnener Äußerungen eines Ministers. Umso wichtiger ist ein erneutes Bekenntnis zum gemeinsamen Nationalpark und seiner Naturschutzfachlichen Konzeption. Das kann Missverständnisse und Irritationen ausräumen und stärkt der Nationalparkverwaltung den Rücken. Wenn wir es jetzt noch schaffen, den Nationalpark Harz mit mehr Mitteln auszustatten haben wir etwas Gutes für den Naturschutz, für den Tourismus und die Wirtschaft getan.“

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