Leopoldina-Stellungnahme zur COVID-19-Pandemie und Rückkehr zur „Normalität“: Priorität muss weiterhin Eindämmung bleiben

13. April 2020 | Meldungen, Politik | 3 Kommentare

2Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina veröffentlicht heute eine dritte Ad-hoc-Stellungnahme zur COVID-19-Pandemie. Das Papier „Coronavirus-Pandemie ‒ Die Krise nachhaltig überwinden“ behandelt die psychologischen, sozialen, rechtlichen, pädagogischen und wirtschaftlichen Aspekte der Pandemie und beschreibt Strategien, die zu einer schrittweisen Rückkehr in die gesellschaftliche Normalität beitragen können.

Die Autorinnen und Autoren der Stellungnahme betonen, dass vor dem Hintergrund der durch die Coronavirus-Pandemie verursachten psychischen,  sozialen, wirtschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und politischen Probleme die rasche Eindämmung der Ausbreitung der Pandemie weiterhin höchste Priorität haben müsse. Wenngleich die Pandemie das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben noch auf Monate bestimmen wird, gelte es nun, über die akuten Einschränkungen zentraler Grundrechte (wie der Bewegungsfreiheit) hinaus zu gehen und Kriterien und Strategien für die allmähliche Rückkehr in die Normalität zu entwickeln. Voraussetzung für eine solche  almähliche Lockerung sei, so die Stellungnahme, dass sich die Neuinfektionen auf einem niedrigen Niveau stabilisieren, das  Gesundheitssystem nicht überlastet wird, Infizierte zunehmend identifiziert werden und die Schutzmaßnahmen (Hygienemaßnahmen, Mund-Nasen-Schutz, Distanzregeln) eingehalten werden.

Das Papier thematisiert Fragen der daten- und modellgeleiteten Entscheidungsunterstützung und Perspektiven, die in die Abwägung on
Rechtsgütern einzubeziehen sind. Vorgeschlagen werden weiterhin Empfehlungen zur Abfederung von psychologischen und sozialen Auswirkungen. Zudem werden Maßnahmen für den Wirtschafts- und Finanzsektor sowie den Bildungsbereich erläutert. Als Rahmen dafür benennt die Stellungnahme folgende Prinzipien: der Schutz jedes einzelnen Menschen und die Ermöglichung eines menschenwürdigen Lebens sowie die stufenweise zu realisierende Wiederherstellung der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen,
politischen und kulturellen Handlungsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger. Alle Maßnahmen sollen sich an den Leitkonzepten von
Nachhaltigkeit und Resilienz orientieren.

Die jetzt vorliegende, dritte Stellungnahme ergänzt die beiden Stellungnahmen zu gesundheitspolitischen Fragen im Umgang mit der Pandemie vom 3. April und vom 21. März. Diese Empfehlungen gelten weiterhin. Darüber hinaus, so die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dürfe die aktuell stark auf COVID-19-Patienten konzentrierte Versorgung nicht zu einer Unterversorgung anderer Erkrankter führen. Dabei seien ausreichende Intensiv- und Schutzkapazitäten für neue Ausbrüche der Pandemie als Reserve vorzuhalten. Das Gesundheitswesen solle analysiert und entsprechend angepasst werden. Außerdem müsse die Forschung zu  wirksamen Medikamenten und die Entwicklung von schnell und in großen Mengen verfügbaren Impfstoffen massiv vorangetrieben werden. Die Nationale Akademie der Wissenschaften wird den Verlauf der Pandemie weiter aufmerksam und aktiv begleiten.

Auszüge aus dem Papier:

Schulen  könnten schrittweise geöffnet werden. Höhere Bildungseinrichtugen erst später.

Die Wiedereröffnung der Bildungseinrichtungen sollte sobald wie möglich erfolgen, empfehlen die Wissenschaftelr.  Dabei müssen einerseits Bildungseinschränkungen aufgehoben, andererseits die Risiken für erneute Ansteckungen minimiert werden. Da die Jüngeren im Bildungssystem mehr auf persönliche Betreuung, Anleitung und Unterstützung angewiesen sind, sollten zuerst Grundschulen und die Sekundarstufe I wieder schrittweise geöffnet werden. Die Möglichkeiten des Fernunterrichts, ob digital oder analog, können mit zunehmendem Alter besser genutzt werden. Deshalb ist zu empfehlen, dass eine Rückkehr zum gewohnten Unterricht in höheren Stufen des Bildungssystems später erfolgen sollte.

Empfehlung: Kitas allenfalls eingeschränkt wieder öffnen

Da kleinere Kinder sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten können, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben können, sollte der Betrieb in Kindertagesstätten nur sehr eingeschränkt wiederaufgenommen werden.

Nur unter Bedingung, dass Infektionszahlen zurückgehen: weitere Öffnung des gesellschaftlichen Lebens

Das öffentliche Leben könne schrittweise unter folgenden Voraussetzungen wieder normalisiert werden:

NUR WENN:

a) die Neuinfektionen  sich auf niedrigem Niveau stabilisieren

b) notwendige klinische Reservekapazitäten aufgebaut und die Versorgung der anderen Patienten wieder regulär aufgenommen  werden

c) die bekannten Schutzmaßnahmen (Hygienemaßnahmen, MundNasen-Schutz, Distanzregeln, zunehmende Identifikation von Infizierten)  diszipliniert eingehalten werden,

DANN: Könnten Einzelhandel und Gastronomie wieder  öffnen

So können zunächst zum Beispiel der Einzelhandel und das Gastgewerbe wieder öffnen sowie der allgemeine geschäftliche und behördliche Publikumsverkehr wiederaufgenommen werden. Darüber hinaus können dienstliche und private Reisen unter Beachtung der genannten Schutzmaßnahmen getätigt werden.

Mundschutzpflicht im ÖPNV

Das Tragen von Mund-Nasen-Schutz sollte als zusätzliche Maßnahme in bestimmten Bereichen wie dem öffentlichen Personenverkehr Pflicht werden.

Das gesamte Papier kann man hier herunterladen und lesen: Leopoldina_Coronavirus-Pandemie-Die Krise nachhaltig u_berwinden-13.4.2020

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