Kulturabteilungsleiter Schneiss: ‚Ich werde mich zur Ernsthaftigkeit des halleschen OB nicht äußern‘.
20. März 2017 | Politik | 6 KommentareDer Saal 116 im im Stadthaus war gut gefüllt, viele Stadträte sah man, die der Einladung der Fraktion „Mitbürger“ gefolgt waren. Die Veranstaltung nahm schließlich ein Reizthema auf: die spontane Bewerbung Halles um den Titel der Europäschen Kulturhauptstadt, die OB Bernd Wiegand letztes Jahr ins Rollen gebracht, und damit die Stadträte überrascht hatte. Prekär dabei: Halles Konkurrent und Erbfeind Magdeburg bewirbt sich schon seit 2012 um den Titel.
Nach Halle einbestellt waren und auf dem Podium Platz genommen hatten die „Magdeburger“:
Dr. Wolfgang Schneiss, Staatskanzlei und Ministerium für Kultur des Landes Sachsen-Anhalt
Tamás Szalay, Leiter Organisationbüro Magdeburg 2025
Norbert Pohlmann, Geschäftsführer Forum Gestaltung e.V.
Professionalität auch noch eingekauft.
Mit Tamás Szalay hat die Stadt Magdeburg gewissermaßen eine erfolgreiches Rennpferd eingekauft. Er ist nun Leiter des Magdeburger Bewerbungsbüros, und was ihn qualifiziert ist die erfolgreiche Bewebung seiner ungarischen Heimatstadt Pécs 2010. „Ein Ausländer also“, raunt es aus dem Publikum in den hinteren Reihen. Die Vorbereitungen in Magdeburg laufen schon lange, sagte Salay. Ende Frühjahr 2017 werden die Beiräte, die aus verschiedenen Fachgebieten und über Teilaspekten der Bewerbung arbeiten, ihre Ergebnisse abliefern. Dann sei eine analytische Phase vorgesehen, und die Schwerpunkte herauskristallisiert. Im November 2019, nachdem man die Inhalte der Bewerbung der Öffentlichkeit vorgestellt habe, wird diese eingereicht. Salay ist seit November installiert. Vorher war er Kulturdirektor in Pécs.
Laienspieler mit hohem Anspruch: Bewerbungsinitiative kam in Magdeburg nicht von Oben, sondern aus der Bürgerschaft
Auf der anderen Seite des Podiums sitzt Norbert Pohlmann. Pohlmann ist Geschäftsführer des Forums Gestaltung in Magdeburg, und so etwas wie der Initiator der Bewerbung. Die Bewerbung war lange Zeit von einer privaten Initiative getragen, bevor die Stadt Magdeburg sie offiziell übernahm. Seit 2012 ist Pohlmann mit seiner Initiative in der Sache unterwegs, die einige Stadträte überparteilich mit angestoßen haben. Die Vorbereitung sei erst inhaltlich, und sehr „verwaltungsfern“ abgelaufen, erklärte Pohlmann. Und das Gute an der Berwerbung sei, so Pohlmann weiter, der gewiss kein Feind vieler Worte ist, dass man in Magdeburg nun über „den Kulturbegriff an sich“ und „die Inhalte“ diskutieren könne. „Das Überflüssige ist gerade das Notwendige“ fasste Pohlmann als Destillat der Initiative zusammen, und sprach darüber, dass Magdeburg es bisher versäumt habe, sich „kenntlich zu machen“. Dann habe man Trailler entwickelt, und irgendwie den „Claim“, „dieses mit sein und werden“ entwickelt. Überhaupt habe die Bewerbung viel damit zu tun, dass man in Magdeburg einen „Selbstvergewisserungsprozess“ durchlaufe. Immer wieder.
Die Selbstvergewisserung in Magdeburg gerann dann 2015 zu einem Stadtratsbeschluß. 2,9 Millionen Euro kommunale Haushaltsmittel wurden für die Bewerbung festgelegt.
Wolfgang Schneiss mag sich nicht festlegen. Auf gar nichts.
Wolfang Schneiss ist in der Staatskanzlei seit dieser Legislaturperiode für Kultur zuständig. Der Jurist ist kein Freund allzu klarer Worte. In der Abteilung Kultur der Staatskanzlei habe die Koalitionsvereinbarung, dass man als Landesregierung die Bewerbung Magdeburgs unterstütze, keinen Niederschlag gefunden. Es gibt dafür keinen Haushaltstitel. Magdeburg müsse erst einmal sagen, was es wolle, dann könne man ja, usw. Theoretisch müsse das Land gar nichts tun, und müsse erst einmal bewerten, ob die Bewerbung Magdeburgs überhaupt im Interesse des Landes liege.
Das Publikum durfte nachhaken.
Ob sich auch zwei Städte aus Sachsen-Anhalt bewerben dürfen. „Ja“ sagte Schneiss. Ob die Landesregierung mit ihrer Aussage, Magdeburg zu unterstützen, die Unterstützung einer Halleschen Bewerbung ausschließe. „Nein, keine Ahnung“. Denkbar. Man wolle sich nicht festlegen.
Frage aus dem Publikum, was Magdeburg sich von der Bewerbung verspreche, ob es also um Wirschaft gehe, Übernachtungszahlen. pp. „Nein, sagt Solay, Übernachtungszahlen sind vielleicht die Folge. Primär geh es um Kultur.
Keine Chance für Städte, die bei Kultur kürzen. Da kann Pegida noch so viel Blattgold putzen.
Pohlmann ergänzt: die kulturelle Intention sei primär. Keine Chance haben Städte, die den Kulturetat kürzen, beispielsweise Theater schließen. Schließlich hat Pohlmann überhaupt Zweifel, ob eine Bewerbung in einem Europa sinnvoll sei, das gerade selber die Kultur über Bord werfe. Eine Bewerbung um die Kulturhauptstadt müsse auf jeden Fall eine politische sein, und mit dem Hinweis auf Dresden und Pegida und die dortigen Defizite: „Blattgoldputzen allein bringt gar nichts“
Wie ernst wird die Hallesche Bewerbung in der Staatskanzlei genommen?
Frau Müller fragt den Staatsekretär aus dem Publikum, ob denn auch schon der Hallesche Oberbürgermeisetr Bernd Wiegand sich ernsthaft an das Kultusministerium gewendet habe (das gibt es nicht mehr, (Anmerkung der Red. Die Zuständigkeit lieg nun bei der Staatskanzlei). Schneiss: Nein, das habe er nicht, und über die Ernsthaftighkeit des Halleschen OB möchte er sich nicht äußern (Betretenes Schweigen im Saal).
Darf Halle wenigstens mitmachen?
Immer wieder kam aus dem aus dem Publikum die Frage: Darf sich Halle an die Magdeburger Bewerbug anschließen? Ja, selbstverständlich. Aber mit einer klaren Absage verbunden: Auch Essen hat die Region Rhein – Ruhr einbezogen. Aber Kuturhauptstadt war dann Essen. „So sind nun mal die Regeln“, sagt Pohlmann. „Halle wird schon etwas davon haben, wenn Magdeburg gewinnt“, tröstet Solay gönnerhaft in Richtung der Halleschen Künstler. Als könne man schon den Bären teilen, der noch nicht erlegt ist.
Magdeburg will mit der Bewerbung Identität gewinnen.
Pohlmann sagte abschließend, Magdeburg wolle mit seiner Bewerbung Identität zeigen. Ob es denn überaupt eine habe, hallt es aus dem Publikum. „Nein, das isses ja, deswegen ja die Bewerbung!“ ruft Pohlmann zurück in den Saal.
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Was ist daran beeindruckend, dass zwei maßgebliche Organisatoren aus Magdeburg auf einer halleschen Veranstaltung über ihre bisherige Arbeit berichten? Vielleicht wollten sie der halleschen Bewerbungsidee einfach nur den Wind aus den Segeln nehmen.
Offensichtlich haben die zwei Verkäufer aus Magdeburg bei dir Eindruck hinterlassen, @hei-wu.
Es ist jedenfalls beeindruckend, mit welchem Elan die Magdeburger die Bewerbung betreiben, wie lange schon und mit welchem Engagement aus der Bürgerschaft.
Die Folge könnte sein, dass Gelder für die Kultur vom Land gleich in Magdeburg versickern und nur noch Pfützen in Halle ankommen. Da kann die Region Halle überlegen nach Sachsen zu wechseln. Da ist nicht nur der Fussball besser.
Seit wann ist denn Schneiss Kulturstaatssekretär? Welche Null durfte sich beim Schreiben ausprobieren?
„Halle wird schon etwas davon haben, wenn Magdeburg gewinnt“, tröstet Solay gönnerhaft in Richtung der Halleschen Künstler. Als könne man schon den Bären teilen, der noch nicht erlegt ist.“
Ja, die Magdedoofer hatte schon immer eine große Fresse.
Da fragt man sich doch, warum die hallischen Kulturtreibenden/Stadträte so etwas wie die Magdeburger nicht auf die Reihe bekommen? Wird doch immerwieder beklagt, das in Halle nur die Hochkultur zum Zuge kommt.
So hatte die hallische Kultur nun auch sein Hornburger Schießen, oder war es das Moritzburger?