Kommentar: Gewalt zuerst!

22. Oktober 2019 | Politik | 6 Kommentare

Egal, ob in Hongkong, Barcelona, Santiago de Chile oder ob sonstwo etwas passiert, es steht in der Berichterstattung der Nachrichtenagenturen, der Auslandskorrespondenten und am Ende in den Nachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Sender die Gewalt im Vordergrund.  Es können Tausende, Hunderttausende Menschen friedlich demonstrieren, wenn 100 Durchgeknallte Barrikaden errichten, Feuer legen oder Geschäfte plündern, so raten Sie einmal, wovon (zuerst) berichtet wird? Erst wenn es irgendwo knallt, wenn Gewalt im Spiel ist, – schön wäre es, wenn Blut fließt! -, gehen die Mikrofone und Kameras an. Es spiegelt sich haargenau in den Nachrichtensendungen wieder: „Drei Tage Krawalle in Barcelona“, „Drei Tote durch Supermarktbrand in Santiago“ usw. Wenn überhaupt, kommen die Mehrzahl an friedlichen Demonstranten oder Protestierenden erst danach dran: „Ein Dutzend Menschen plünderten Supermarkt, ach ja, Hunderttausend Menschen demonstrierten friedlich und fröhlich auf der Diagonalallee (Nur der Vollständigkeit halber)“. Die Gewalt nimmt stets die erste Stelle ein. Sie bringt Aufmerksamkeit, sie generiert „Klicks“.

Gewalttäter und ihre Unterstützer mit Mikrofon und Kamera

„Gewalt zuerst“ ist aber weder journalistisch korrekt, verzerrt es doch vielfach die tatsächlichen Ereignisse, noch ist es im Falle der öffentlich-rechtlichen Sender mit ihrem Auftrag, im Sinne der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung zu berichten, zu vereinen. Denn Medien hierzulande, in vorderster Reihe die Öffentlich-Rechtlichen, haben friedliche und demokratische Prozesse zu stärken und Gewalt abzulehnen. Das muß sich auch in (der Reihenfolge) der Berichterstattung wiederspiegeln. Sensationsgier und Verzerrung der Ereignisse schwächt aber die Demokratie, anstatt sie zu stärken. Wer Gewalttäter eine Plattform gibt und die Mehrheit der Friedlichen vergißt oder sie nach hinten abschiebt, ist nicht nur ein schlechter Journalist, sondern handelt verantwortungslos und demokratiefeindlich. Er ist, unter dem Deckmantel der Berichterstattung, ein Unterstützer.

Ein Kommentar von Paula Poppinga

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