Kindersoldaten aus Sachsen-Anhalt

12. Januar 2018 | Politik | 16 Kommentare

Liegt es daran, dass die geschäftsführende Verteidigungsministerin vormals Familienministerin war? Oder hängt es damit zusammen, dass wir keine Wehrpflichtigen-Armee mehr haben, sondern man/frau sich freiwillig melden kann? Festzustellen ist, dass die Bundeswehr zunehmend minderjährige Soldat/innen rekrutiert. Das betrifft auch Sachsen-Anhalt. Zum neuen Höchststand der Zahl minderjähriger Rekrutinnen und Rekruten bei der Bundeswehr erklärt die kinder- und familienpolitische Sprecherin Monika Hohmann, Fraktion Die Linke:

„Insgesamt 2128 Jugendliche unter 18 Jahren haben im abgelaufenen Kalenderjahr bundesweit ihren Dienste bei der Bundeswehr angetreten oder eine militärische Ausbildung aufgenommen. Im Jahr 2011 waren es im Vergleich nur 689 Jugendliche. Dass die Rekrutierungsoffensive von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen offenbar Früchte trägt, mag diese als Erfolg verbuchen. Für die Fraktion DIE LINKE bleibt es dabei: Die Rekrutierung von unter 18-Jährigen für die Bundeswehr muss sofort beendet werden.

Auch speziell in Sachsen-Anhalt versucht die Bundeswehr zunehmend unter Minderjährigen zu rekrutieren. Wie aus einer kleinen Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE hervorgeht, fanden 2016 an 56 Schulen in Sachsen-Anhalt insgesamt 181 Vorträge von Karriereberater*innen der Bundeswehr statt. Neben Sachsen (76 Schulen mit insgesamt 208 Vorträgen) ist Sachsen-Anhalt damit führend in den neuen Bundesländern. Im Vergleich werden derlei Angebote der Bundeswehr in den Stadtstaaten deutlich weniger wahrgenommen. Etwa fanden in Berlin an 23 Schulen nur 30 Vorträge statt. In Bremen waren es an sechs Schulen nur 16 Vorträge.

Im Zeitraum von 2012 bis 2017 hat in Sachsen-Anhalt zudem die Zahl durchgeführter Rekrutierungscamps der Bundeswehr zugenommen. Insbesondere in Gardelegen fanden und finden solche Camps regelmäßig statt.

Werbekampagne der Bundeswehr. Quelle: © Bundeswehr

Diese Entwicklung ist nicht hinnehmbar. Die Rekrutierung von unter 18-jährigen für die Bundeswehr zu beenden, bedeutet auch, die Werbung der Bundeswehr an Schulen und Rekrutierungscamps für Jugendliche zu beenden. Zudem ist es eine bedenkliche Entwicklung, dass insbesondere bei der Werbung der Bundeswehr an Schulen der so genannte Beutelsbacher Konsens, wonach ein Thema im Unterricht kontrovers dargestellt und diskutiert werden muss, zunehmend ins Hintertreffen gerät.

Für Rekrutierungsmaßnahmen der Bundeswehr fordert DIE LINKE die Einhaltung der Volljährigkeitsregel von 18 Jahren nach der UN-Kinderrechtskonvention. Will die Bundesrepublik glaubhaft sein, wenn sie zu Recht andere Staaten für den Einsatz von Kindersoldaten kritisiert, muss sie als Vorbild vorangehen. Die momentane Realität ist, dass zum einst verabschiedeten Zusatzprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention über Kinder in bewaffneten Konflikten zwar eine Ausnahmeregelung für die Anwerbung von Minderjährigen für reguläre Streitkräfte verabschiedet wurde. Im Gegensatz zur Bundesrepublik verzichtet die überwältigende Mehrheit der Vertragsstaaten jedoch freiwillig auf die Rekrutierung von unter 18-Jährigen.“

Das sich Vorgesetzte in letzter Zeit zunehmend über Kuscheltiere in Kasernen beschweren, ist dann nur eine Randnotiz, die unter diesen Umständen nicht mehr verwundert. Eine Stellungnahme der Bundeswehr zum Thema wird von HalleSpektrum noch angefragt.

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