Kein Gerichtsverfahren mehr wegen Impfaffäre? Wiegand erringt Teilerfolg. Jetzt will er gegen Suspendierung vorgehen.
3. März 2023 | Politik | 9 Kommentare
Wird er wieder auferstehen?
Das Landgericht Halle wird vorerst kein Gerichtsverfahren gegen den suspendierten Oberbürgermeister Bernd Wiegand wegen der Impfaffäre eröffnen. Dies erklärte ein Gerichtssprecher heute gegenüber dem MDR. Die erhobenen Vorwürfe erfüllten nicht den Straftatbestand der Untreue. Auch die Veränderung eines Protokolls sei keine Fälschung im Sinne des Strafrechts.
Das Gericht erklärte, dass Wiegand möglicherweise verwaltungsrechtliche Befugnisse überschritten hat, sich aber nicht rechtswidrig Impfdosen angeeignet hat. Auch sei die damals geltende Regelung zur Impfreihenfolge verfassungswidrig gewesen und das Gericht konnte keine Datenfälschung erkennen. Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberlandgericht Naumburg eingelegt werden.
Aufhebung der Suspendierung gefordert
Am Freitag forderte der suspendierte Oberbürgermeister Wiegand die sofortige Aufhebung seiner Suspendierung und wiederholte seinen Vorwurf, dass es den Befürwortern seiner Suspendierung um parteipolitische Interessen ging. Das Landesverwaltungsamt hat das Disziplinarverfahren gegen Wiegand ausgedehnt und ihm wird vorgeworfen, durch weitere Handlungen ein Dienstvergehen begangen zu haben, einschließlich bewusst falscher Aussagen vor Gericht und Nutzung dienstlicher Ressourcen für private Zwecke. Das Verfahren umfasst mittlerweile zahlreiche Punkte, darunter Verstöße gegen tarif- und haushaltsrechtliche Vorschriften und dienstrechtliche Verstöße im Zusammenhang mit seiner vorzeitigen Impfung gegen Corona entgegen der geltenden Impfpriorisierung im Jahr 2021. Das Landesverwaltungsamt listet auch eine Reihe von Fällen auf, bei denen Mitarbeiter der Stadtverwaltung zwischen 2018 und 2020 Restaurant- und Hotelreservierungen im privaten Rahmen für den Oberbürgermeister übernommen haben sollen.
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@Elfriede, Urteil ist der Richterspruch nach durchgeführter Beweisaufnahme im Rahmen einer Gerichtsverhandlung. Beschluss ist in der Regel eine gerichtliche Entscheidung im Schriftverfahren lediglich nach Plausibilitätsprüfung.
Kurz gesagt, auch eine Bemme hat sich an Gesetze zu halten und kann kraft Wassersuppe keine Erlassen.
Wenn sie jetzt noch wüßte, wie in Deutschland ein Gesetzgebungsverfahren verläuft…
Ach, die vermaledeite Juristerei, sehen die Paragrafenanwender*innen selbst noch durch im Fall von meinem Onkel Bernd? Man sagt allgemein, dass 2 Juristen immer 3 Meinungen haben.
Von @Cata wünsche ich mir, dass sie den Unterschied zwischen einem Urteil und einem Beschluss einmal erklärt. Stellt ein Urteil selbst nicht einen Beschluss dar?
Man kann es wohl so auf den Punkt bringen: Das Vordrängeln war straflos. Die Vergabe nach „Zufallsgenerator“ in eigener Sachen – anstatt nach Dringlichkeit – ist ja wohl nach wie vor der eigentliche Skandal. Da hat ihn damals der Herr Lanz schon schön bloßgestellt.
Dennoch aber dürften die Impfdosen nicht der freien Verfügung des OB zur Verfügung gestanden haben es war Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, da kann er nicht einfach drüber mach Gutsherrenart verfügen. Deshalb: warten wir mal ab, was das, OLG sagt.
Das ist kein Urteil, sondern ein Beschluss. Ich kenne ihn nicht, wie denn auch. Außer den Prozessbeteiligten darf grundsätzlich niemand Gerichtsentscheidungen eins zu eins zu Gesicht bekommen. Aber dem MZ Artikel habe ich entnommen, dass die Argumentation des Landgerichts in etwa so läuft:
Die Priorisierung damals war verfassungswidrig, weil sie durch eine Ministerialverordung eingeführt wurde. Eine Priorisierung der vorgenommenen Art ist zwar durchaus möglich und verfassungskonform, aber nur wenn sie vom Parlament per Gesetz beschlossen wird. Darüber hinaus muss dieses Gesetz die Sanktionen enthalten, die bei nicht Einhaltung der Priorisierung greifen. All das war vorliegend nicht der Fall. Deshalb war die Priorisierung der Bundesregierung verfassungswidrig. Und weil das so war, waren Abweichungen von dieser Priorisierung nicht rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit der Handlung ist wiederum zwingend erforderlich, um eine strafrechtlich relevante Unterschlagung zu bejahen. Denn sie setzt voraus, die rechtswidrige Aneignung einer fremden beweglichen Sache. Ergo: keine Rechtswidrigkeit keine Unterschlagung.
„Auch sei die damals geltende Regelung zur Impfreihenfolge verfassungswidrig gewesen“
Kennt jemand das Urteil?
Schaun wir mal, was das OLG Naumburg sagt.
Danke, liebe Bemme, jetzt hast Du Deine Unwissenheit schriftlich bestädigt bekommen: „Die erhobenen Vorwürfe erfüllten nicht den Straftatbestand der Untreue. Auch die Veränderung eines Protokolls sei keine Fälschung im Sinne des Strafrechts.“