Die Ehre kann warten: Stadtrat vertagt Beschluss über Ehrenkodex

28. Februar 2018 | Politik | 2 Kommentare

Die Stadt Halle ist seit März 2004 Mitglied bei Transparency International (TI). Die Mitgliedschaft verlangt dazu ein klares Bekenntnis des Stadtrates gegen Korruption. Als die Stadt damals beigetreten ist, gab es noch nicht die Forderung nach einem niedergelegten Ehrenkodex. Mittlerweile ist Halle aber die einzige Stadt, die kein solches Antikorruptionsgelübte abgelegt hat. Dieser wird momentan von TI beim Korruptionsbeauftragten der Stadt Halle (Saale) eingefordert. Einen solchen Ehrenkodex sollte der Stadtrat heute beschließen. Es wurde erst einmal nichts daraus. Kay Senius (SPD) schlug vor, den Antrag in den Hauptusschuss zu verweisen. Begründung: er müsse  noch mit den Compliance-Regln der Stadtverwaltung abgestimmt werden.

Wortlaut des Entwurfs:

Ehrenkodex des Stadtrates der Stadt Halle (Saale)

Unter Korruption ist der Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil zu verstehen. Insbesondere werden unter Korruption diejenigen Verhaltensweisen verstanden, durch die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aufgrund ihrer Position und der ihnen übertragenen Befugnisse sich oder Dritten materielle oder immaterielle Vorteile verschaffen lassen. Darunter fällt die Entgegennahme, das Sich-Gewähren-Lassen oder Fordern von Leistungen, auf die kein rechtlicher Anspruch besteht.
Korruption gefährdet die soziale und demokratische Ordnung, sie unterhöhlt die Prinzipien der Gleichheit vor dem Gesetz und des freien Wettbewerbes. Korruption bewirkt neben hohen materiellen Schäden einen Verlust an Vertrauen in die Unparteilichkeit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durch die Politik und die Integrität der den Staat repräsentierenden Institutionen und Personen.
Die Mitglieder des Stadtrates bekennen sich zu ihrer Verantwortung, das Mandat uneigennützig und zum Wohle der Stadt Halle (Saale) auszuüben und lehnen Korruption als Missbrauch einer anvertrauten Stellung zum persönlichen Nutzen oder Vorteil ab. Im Hinblick auf die zu Recht erwartete Vorbildfunktion und in Ergänzung zu den gesetzlichen Regelungen verpflichten sie sich zu den nachfolgenden Grundsätzen:

1. Annahme von Spenden, Zuwendungen und Geschenken

a) Die Mitglieder des Stadtrates verpflichten sich, kein Geld, unangemessene Sachgeschenke oder sonstige unangemessene Vorteile anzunehmen, die ihnen auf Grund ihrer Mitgliedschaft im Rat angeboten werden. Die Entgegennahme von Zuwendungen und Vergünstigungen in ausschließlich privater Eigenschaft ist davon nicht berührt. Die Mitglieder des Stadtrats prüfen jedoch kritisch, ob mit einer privaten Zuwendung Erwartungen an die Amtsausübung geknüpft sind. Grundsätzlich sollte alles, was von einer kritischen Öffentlichkeit als unangemessener Vorteil angesehen wird, nicht angenommen oder dem Ehrenrat unverzüglich angezeigt werden.

b) Die Annahme von Bargeld ist generell unzulässig. Zulässig ist die Annahme von geringwertigen Sachgeschenken bis zu einer Wertgrenze von 20 Euro sowie zum Beispiel von Massenwerbeartikeln, Blumensträußen oder ähnlichen im Rahmen des Üblichen liegenden Aufmerksamkeiten. Höherwertige Geschenke bei offiziellen Anlässen, deren Ablehnung gegen die Regeln der Höflichkeit verstoßen würde (zum Beispiel Gastgeschenke bei Auslandsreisen), sind unverzüglich an den Stadtratsvorsitzenden abzuliefern.

c) Unangemessenheit ist anzunehmen, soweit der Wert der Zuwendung höher als 50 Euro pro zuwendender Person oder Institution und Jahr ist.

d) Einladungen zum Essen oder ähnlichen Anlässen gehören zur Ausübung insbesondere der repräsentativen Funktionen der ehrenamtlichen Tätigkeit und sind nicht zu beanstanden, wenn sie einen angemessenen Umfang nicht überschreiten. In jedem Einzelfall ist zu prüfen, ob sich aus einer Einladung Abhängigkeiten ergeben können. Abhängigkeiten können bei Einladungen in einem kleineren Personenkreis leichter entstehen als bei Veranstaltungen in einem großen, offiziellen Rahmen. In Zweifelsfällen soll die Einladung abgelehnt oder vorher eine Entscheidung des Ehrenrates herbeigeführt werden. Als Obergrenze für den Wert einer angemessenen Bewirtung werden 50 Euro angesehen.

Print Friendly, PDF & Email
2 Kommentare

Kommentar schreiben