Der Brexit und Sachsen-Anhalt

19. Dezember 2018 | Politik | Ein Kommentar

Der Brexit und sogar der harte Brexit steht vor der Tür. Heute war der Brexit auch Thema im Landtag von Sachsen-Anhalt. Was bedeutet der Austritt des Vereinigten Königreiches für unser Land. Was sagen die Parteien innerhalb und außerhalb des Landtages dazu? Beginnen wir mit der CDU:

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, Ulrich Thomas, warnte in der heutigen Landtagssitzung vor den Folgen eines harten Brexits. Deutschlandweit seien 750.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt von Großbritannien abhängig. Sollte es zu einem Ausstieg ohne Vertrag kommen, dann drohen Zölle an den EU-Außengrenzen. Der Verband der Automobilindustrie e. V. (VDA) rechne mit zusätzlichen Belastungen von 2 Mrd. Euro p. a. allein für die deutschen Autobauer. Nach Polen sei Großbritannien für Sachsen-Anhalt inzwischen Handelspartner Nummer 2. Der gehandelte Warenwert erreichte im Jahr 2017 erstmalig ein Volumen von 1,3 Mrd. Euro. Von britischen Unternehmen wurden hierzulande 2.230 Arbeitsplätze geschaffen. Diese Arbeitsplätze würden durch einen ungeordneten EU-Austritt gefährdet.

„Ein harter Brexit wäre der Super-GAU für unser Land und für ganz Europa. Die Folgen sind aktuell nicht absehbar. Weder die EU noch Großbritannien sind auf einen solchen Fall vorbereitet. Die europäische und britische Wirtschaft sind derartig vernetzt, dass eine Unterbrechung der Warenströme zu Milliardenschäden führt“, so Thomas und bezeichnete die aktuellen politischen Entwicklungen auf der Insel als unverantwortlich und chaotisch. EU und Bundesregierung müssten stärker darauf dringen, dass Großbritannien in einer gemeinsamen europäischen Freihandelszone verbleibe. Dies sei im Interesse aller EU-Volkswirtschaften.

Die FDP Sachsen-Anhalt ist der Meinung, dass der Brexit für hiesige Wirtschaft nicht folgenlos bleiben wird und führt weiter aus:

Die Regierungsfraktionen des Landes Sachsen-Anhalt fragten in der letzten Landtagssitzung des Jahres nach dem Brexit und seinen Auswirkungen für das Land.

„Die FDP-Bundestagsfraktion hat dazu bereits im April dieses Jahrs über 300 Fragen an die Bundesregierung gestellt, die hauptsächlich aus den gleichen Parteien, wie unsere hiesige Landesregierung besteht“, stellt der stellv. Landesvorsitzende und Mitglied des Bundestages Dr. Marcus Faber fest.

„An der heutigen Anfrage im Landtag wird deutlich, dass der Brexit auch für die hiesige Wirtschaft nicht folgenlos bleiben wird. Unsere Unternehmen haben Anspruch darauf, dass sich die Landes- wie auch die Bundesregierung auf sämtliche in den verschiedenen Austrittszenarien zu erwartenden Eventualitäten vorbereitet und Rechenschaft über den Stand dieser Vorbereitungen leistet.

Ich bin gespannt, was die Landesregierung für Antworten zum Thema Brexit bereit hält“, äußert sich Faber weiter. „Spätestens jetzt sollten die Interessen der Bürger und Unternehmen aktiv verteidigt werden“, so Faber abschließend.

Das Vereinigte Königreich droht aus Europa zu verschwinden.

Am 29. März nächsten Jahres findet der Brexit statt. Die Antworten auf die große Anfrage der Bundestagsfraktion der Freien Demokraten zur Vorbereitung des Landes auf die Konsequenzen des Brexits will die Bundesregierung am 31. Mai 2019 beantworten – NACH dem Brexit, bemängelt die FDP.

In der Debatte des Landtages erklärte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Holger Hövelmann:

„Gelegentlich sagt man ja regierungstragenden Fraktionen nach, sie würden einer Regierung einen Blankoscheck ausstellen. Wir tun heute das Gegenteil: Wir erteilen einen Blankoauftrag. Weil heute nämlich niemand weiß,

–        ob das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union austreten wird oder nicht,

–        ob es das am 29. März 2019 oder später tun wird,

–        ob es ohne oder mit vertraglicher Regelung austreten wird,

–        ob die heutige britische Regierung in den nächsten Wochen oder auch Tagen überhaupt noch als Verhandlungspartner zur Verfügung stehen wird,

–        ob das britische Volk noch einmal über den Brexit abstimmen wird

und/oder

–        ob es zu Neuwahlen kommt.

Deshalb weiß heute auch niemand von uns, in welcher politischen Situation die Landesregierung den von uns formulierten Prüfungs- und Berichtsauftrag abarbeiten wird und welche Weiterungen das Thema noch bekommen kann. Und genauso wenig weiß die Landesregierung, ob es den ‚Übergangszeitraum‘, für den sie eine Regelung treffen will, überhaupt geben wird. Und das Verrückte ist: Gerade weil heute niemand sagen kann, ob diese beiden Entwürfe morgen noch etwas taugen – gerade deshalb sind sie so nötig. Wir wissen nicht, wie es mit dem Brexit weitergeht – und genau darauf müssen wir uns vorbereiten.

Ich habe großen Respekt vor denen, die für Deutschland und für die Europäische Union über das Brexit-Abkommen verhandelt haben und jetzt weitere Gespräche mit der britischen Regierung führen. Selbstverständlich ist es besser, den Austritt geregelt als chaotisch zu vollziehen.

Selbstverständlich ist es sinnvoll, negative Auswirkungen für die wirtschaftliche Entwicklung, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung und für die Reisefreiheit in Europa möglichst gering zu halten – auch darum geht es uns ja mit dem Gesetzentwurf und mit unserem Antrag.

Aber ich bin überzeugt – Theodor Adorno möge mir die Formulierung verzeihen –: Es gibt keinen richtigen Brexit im falschen.

Und ich gestehe: Ich gebe die Hoffnung noch nicht völlig auf, dass aus dem politischen Chaos dieser Tage in Großbritannien so etwas wie Besinnung folgt – die Weihnachtstage sind dafür ja eine gute Zeit. Nämlich eine Rück-Besinnung darauf, was wir in Europa alle gemeinsam an der Europäischen Union haben. Eine Besinnung darauf, dass junge Britinnen und Briten genauso wie ihre Altersgenossen vom Kontinent heute schon ganz selbstverständlich als Europäerinnen und Europäer leben – und dass der Brexit ihnen Zukunftschancen verbaut.

Aber eigentlich – eigentlich gehen meine Wünsche in Richtung Westminster, damit unserer Kolleginnen und Kollegen im britischen Unterhaus sich noch einmal scharf überlegen, wie man wieder Vernunft einkehren lassen kann und wie das Band zwischen Großbritannien und dem übrigen Europa erneuert werden kann – nicht außerhalb, sondern innerhalb der Europäischen Union.“

 

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