Demorede zum Nachlesen: Greenpeace, 24.01.2020

29. Februar 2020 | Nachrichten, Politik, Umwelt + Verkehr | Keine Kommentare

HalleSpektrum veröffentlicht ausgewählte Redebeiträge. Diese spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wieder, und an eine mündlich gehaltene Demorede sollten nicht die journalistischen Ansprüche eines ausführlichen schriftlichen Artikels gestellt werden. HalleSpektrum will die Möglichkeit bieten, noch mal nachzulesen. Das Bild ist ein Beispielfoto einer FFF- Demo und zeigt nicht die Rednerinnen.

Alles Gute zum einjährigen Geburtstag, FFF Halle!
Wahnsinn, wie man in einem Jahr so viel und doch so wenig erreichen kann… Genau darüber denke ich an diesem Jubiläum nach.
Im letzten Jahr hat FFF es geschafft, die Klimadebatte auf die tägliche Agenda zu setzen, und das nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in Politik und Wirtschaft. In allen Bereichen wird über unsere Umwelt diskutiert. Aber leider reicht es nicht zu diskutieren, sondern es muss auch gehandelt werden und daran kann noch gehörig gearbeitet werden.
Das letzte Jahr hat mich auch sehr wütend gemacht. Wütend darüber, dass in der Politik Angst geschürt wird. Die mich zu beherrschen drohte. Angst, dem Klimawandel blind ausgesetzt zu sein. Angst, dass man nur durch extremen Verzicht etwas für unseren Planeten tun kann. Angst, vor einer Spaltung der Gesellschaft. Ich bin wütend, dass diese Angst einem nicht genommen wird. Das Klimaschutz in der Politik nicht positiv besetzt wird. Das man es nicht als große Chance begreift. Allein, wenn man seine Wortwahl überdenkt, – wenn man über dieses Thema redet, – kann so viel bewirken. Auch 2015 sagte Merkel „wir schaffen das“ und hieß damit tausende von Flüchtlingen willkommen. Warum wird jetzt so etwas nicht gesagt und dementsprechend gehandelt?
Ich bin auch wütend, dass FFF nicht ernst genug genommen wird. Klar hat die Bewegung vielen Menschen die Augen geöffnet und Klimapolitik zu dem Thema der Europawahl gemacht. Aber dennoch passiert viel zu wenig. Bei dem letzten globalen Klimastreik waren in Deutschland über 600 000 DemonstrantInnen auf den Straßen. Das ist ungefähr drei Mal mehr Menschen als Halle Einwohner hat. Also was muss noch passieren, damit endlich ernsthaft gehandelt wird?
Das letzte Jahr hat mich aber auch stolz gemacht. Stolz auf meine Generation, auf euch. Auf die Menschen, die so mutig waren (und sind), auf die Straßen zugehen. Die der Gesellschaft und den Politikern einen Spiegel vorhalten. Stolz auf die Menschen, die unermüdlich kämpfen. Kämpfen für unsere Zukunft und die Zukunft derer, die noch nicht dafür kämpfen können. Die das Erbe dieser Welt tragen, und bald nicht mehr wissen, was Schnee ist. Ich bin stolz auf diejenigen, die etwas bewegen. Diejenigen, die ihren Freunden oder der Familie Klimaschutz schmackhaft machen. Diejenigen, die bereit sind Kleinigkeiten in ihrem Leben umzustellen, um unseren Planeten zu schützen.
Und genau deswegen dürfen wir auch in Zukunft die Hoffnung nicht aufgeben und nicht vergessen, dass Klimaschutz etwas leichtes ist und sein muss, etwas was auch Spaß machen kann, wo man Freunde findet, Erfahrungen sammelt, Abenteuer erlebt und Gutes tut.
Das letzte Jahr hat mich aber auch enttäuscht. Ich bin enttäuscht davon, dass Deutschland keine Vorbildfunktion einnimmt. Wir leben in einem der reichsten Länder der Welt. Sind der 6-größte Co2 Emittent, und sind dabei nur das 63- größte Land unseres Planeten. Wir haben die Möglichkeit, neue Innovationen zu schaffen. Anderen Staaten den Weg zu ebnen. Und zu beweisen, dass eine sozialverträgliche Klimapolitik möglich ist. Warum tun wir das nicht? Warum beherrscht Angst unseren Bundestag?
Meiner Meinung nach brauchen wir keine Politik, die ihre Ziele und Vorhaben selber nicht einhält. Sondern Politiker die mutig sind, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Die Klimapolitik gestaltet, Zuhören, sich nicht nur von den Wirtschaftsinteressen und Lobbyisten leiten lässt, sondern von der Wissenschaft. Mag sein, das in unserem Wirtschaftssystem die Nachfrage den Markt regelt. Aber genauso sollte auch die Politik in die Wirtschaft eingreifen und Kilmaschutz zur Verpflichtung machen.
Ich wünsche mir für die Zukunft, nicht als Teil von Klimahysterikern betrachtet zu werden. Denn Klimahysterie ist das noch lange nicht. Wir kämpfen für etwas Existentielles und zwar unsere Lebensgrundlage. Da kann es gar nicht genug Einsatz geben!
Dennoch darf man auch die Erfolge nicht klein reden, die im letzten Jahr erreicht wurden. Dank dieser Bewegung und natürlich auch dank der Organisatoren, die all das Stemmen, ist die Klimadebatte endlich massiv in die Öffentlichkeit getragen worden. Endlich wird darüber diskutiert! Endlich findet man auch im Wahlprogramm vieler Parteien Punkte zum Thema Klimaschutz! Und ohne diese Bewegung hätte wahrscheinlich die Europawahl auch ganz anders ausgesehen. Womöglich wäre nicht mal dieses traurige Klimapäckchen ohne FFF zustande gekommen. Anlass zur Hoffnung zeigt außerdem das Weltwirtschaftsforum in Davos. Selten wurde dort bereits im Vorhinein festgelegt, um welche Themenfelder es sich drehen soll. Dieses Jahr sind es direkt fünf Themen: Extremwetter, das Scheitern der Klimapolitik, Naturkatastrophen, der Verlust der Biodiversität und menschengemachte Umweltschäden.
Diesmal unter dem Motto Klimaschutz – und das ist euer verdienst. Danke dafür! 

Die Politik und Wirtschaft beginnen gerade an mit einem sehr langsamen Wandel.
Aber davon lassen wir uns nicht unterkriegen, denn wir haben gerade erst begonnen!

 

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