CDU nominiert Christoph Bergner für Bundestag

27. September 2012 | Politik | 3 Kommentare

Die CDU hat am Donnerstagabend Christoph Bergner als Kandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis Halle-Saalkreis nominiert. Als Gegenkandidat war Martin Bauersfeld ins Rennen gegangen. 117 Mitglieder waren zum Nominierungsparteitag gekommen.

Abgegeben wurden 113 Stimmen. Es gab 6 ungültige und vier Enthaltungen.
92 Stimmen entfielen auf Bergner, elf auf Bauersfeld.

Vorausgegangen waren eine gut anderthalbstündige Vorstellung der Kandidaten und anschließende Debatte.

Martin Bauersfeld
Als Erster stellte sich der 1950 in Halle geborene und im Rheinland aufgewachsene Bauersfeld vor. Er arbeitet als Pilot bei Air Berlin. Frisch aus dem Urlaub in L.A. komme er und habe deshalb noch einen Jetlag.
„Mir geht es darum, dass in unserer Partei eine rationale Politik gemacht wird, wo die Entscheidungen wohlbegründet sind.“ Wegen tagespolitischer Dinge sollten Standpunkte nicht aufgegeben werden. „Mir missfallen vor allem solche kurzfristigen Änderungen wie im Bereich der Kernenergie und der Aussetzung der Wehrpflicht“, sagte er. „Wir müssen in unserem Land genau definieren, was deutsche Interessen sind.“ Die Aussetzung der Wehrpflicht sei ein schwerer Fehler, die Bundeswehr nur noch auf eine kleine Kerntruppe zusammengeschrumpft. Von einst 14 seien nur noch vier Divisionen übrig geblieben, eine Luftverteidigung sei kaum noch vorhanden. Er frage sich, ob solche Kürzungen mit Blick auf die Bedrohungen aus dem Mittleren Osten wie dem Iran zu rechtfertigen sind. In den nächsten Jahren werde es kaum noch Reservisten geben. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sei kaum möglich, weil die Infrastruktur kaum noch vorhanden sei, wie beispielsweise die Kaserne Lettin. Der Schutz deutscher Handelsschiffe sei durch die Marine kaum noch zu gewährleisten. Neben einer Einsatzarmee will er eine Art Landwehr schaffen, die sich um Einsätze im Inneren gründet.
Ein weiteres Thema für Bauersfeld ist die Kernenergie. Er selbst habe jahrelang in Atomkraftwerken gearbeitet „und deshalb einige Erfahrungen vorzuweisen.“ Die Abkehr sei nach dem Erdbeben in Japan passiert. „Dabei wurde völlig vergessen, dass es bei uns keine Tsunamis und kaum Erdbeben gibt und die Sicherheitsstandards höher sind“, sagte er. Für den Ersatz eines AKW seien etwa 1000 Windkraftanlagen nötig. „Und die sollten wir erstmal aufstellen.“ Außer Acht gelassen worden sei außerdem die Kostenseite. Drei Viertel der Energie in Deutschland werde von der Industrie verbraucht. Strom aus Braunkohle und Kernenergie koste 3 Cent, Windenergie 9 Cent, Solarenergie 40 Cent. Auf Kernenergie könne man möglicherweise verzichten, auf Kohle hingegen nicht. Bauersfeld schlägt eine Volksabstimmung auf Bundesebene vor.
Auch zum Bereich Soziales äußerte er sich, forderte eine Rentenanpassung Ost. Diese sei dringend nötig. „Wie lange sollen wir warten“, fragte er. Ein Problem für die Zukunft bringe die Rentenfinanzierung mit sich. Deshalb müsse die Rente auf breitere Füße gestellt werden. Auch Selbstständige und Künstler sollten herangezogen werden. Sein Ziel: alle über 18 Jahre zahlen in eine Rentenversicherung ein. „Das hätte den Vorteil, dass viel mehr Menschen auch versichert sind und Scheinselbstständige auch rentenversichert sind.“ Weiterentwickelt werden müsse das Hartz IV-System. Jeder der Sozialleistungen bezieht, solle seine Arbeitskraft dem Staat zur Verfügung stellen. „Das ist nicht zu viel verlangt.“ Arbeitslose würden dadurch im Arbeitsrhythmus bleiben und nicht gammeln.
Die Eurokrise war auch ein Thema in der Rede von Bauersfeld. Die Kritiker der Euroeinführung hatten Recht, dass der Euro nicht funktioniere. Erstaunlich sei, dass es so lange gut ging. „So wie das System im Moment läuft, werden die Probleme immer größer.“ Die Leistungsbilanzen der einzelnen Staaten seien zu unterschiedlich. Der Staatsschuldenkrise könne nicht mit Eurokrediten in den Griff bekommen werden. „Das ist so wie an den Spielautomaten in Las Vegas. Man wirft immer mehr hinein.“ Daneben habe sich die Hoffnung, dass der Euro Europa zusammenbringe, nicht erfüllt.
Weiterentwickelt müsse außerdem die Demokratie. Die Wahlbeteiligung sinke immer mehr. Als Beispiel nannte er die Wahlerfolge der Piratenpartei. „Inhaltlich nicht viel dahinter, aber Protest“, sagte er. „Und diesen Protest sollten wir ernst nehmen.“ Zum Thema Europa sei eine Volksabstimmung nötig. Auch für eine Direktwahl des Bundespräsidenten sprach er sich. Auch bei Bildungssystem will Bauersfeld eine Volksabstimmung. Er kritisierte die momentan vorhandene Kleinstaaterei in den unterschiedlichen Bundesländern. „Ich bin überzeugt, dass die Bürger die Kompetenz der einzelnen Länder drastisch beschneiden würden.“ Ein gutes Beispiel sei die Volksabstimmung zu Stuttgart 21 gewesen.

Christoph Bergner
Seinen Posten verteidigen will Christoph Bergner, der seit 2002 im Bundestag sitzt. Er bitte um Vertrauen für ein erneutes Bundestagsmandat. „Ich möchte nicht, dass jemand denkt, ich setzt ihr Vertrauen als selbstverständlich voraus“, sagte er. Zur Kritik an seiner Person, die in den letzten Monaten aufkamen, will er sich in der anschließenden Diskussion stellen, machte er klar. Einer der Vorwürfe war, er sei nicht genug vor Ort. Dies habe mit seinem dienstlichen Aufgabengebiet zu tun. Im November 2005 sei er zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium des Innern ernannt worden, außerdem Beauftragter für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten. In diesem Beruf sei er viel unterwegs, so Bergner. „Vieles geht mir tief zu Herzen“, sagte er über seine Erlebnisse, beispielsweise mit deutschen Minderheiten im Ausland, die deportiert worden seien. Er wolle den Spagat bewältigen und auch im Wahlkreis vor Ort sein. Aktiv sei er beim SV Halle, beim Petersbergverein und im Vorstand der Evangelischen Hochschule für Kirchenmusik. Dies zeige, dass er sich auch um das Geschehen in seinem Wahlkreis kümmere.
Seit anderthalb Jahren habe er zudem die Funktion als Ostbeauftragter inne. Doch was hat er erreicht? „Ich bilde mir nicht ein zu sagen, alleine etwas geschafft zu haben.“ Es gebe in der Politik keine Einzelleistung. Doch man könne sagen es gibt Dinge, die nicht so gekommen wären, hätte er sich nicht eingesetzt. Ein Beispiel sei die Entschädigung für die Kriegsheimkehrer im Osten. Vor drei Jahren sei das gelungen, 30 Millionen Euro wurden ausgezahlt. Auch den Ersatzneubau der Schwimmhalle in der Robert-Koch-Straße nannte Bergner, hob auch die Leistungen der Sportler hervor. „Wenn ich zu diesem Zeitpunkt im Bundesinnenministerium nicht für den Sport zuständig gewesen wäre und nicht ein entsprechendes Förderprogramm ins Leben gerufen hätte, hätte es diese Schwimmhalle nicht gegeben.“
Ein Kritikpunkt war auch die Frage des Alters. „Ich bin 63 Jahre und damit weit entfernt davon, Alterspräsident werden zu können.“ So sei Kanzlerkandidat Peer Steinbrück ein ganzes Stück älter als er. Doch den Kritikpunkt nehme er ernst, man müsse darauf achten, dass ein Generationswechsel möglich ist. Bergner versprach zudem, den Kreisvorstand bei der Suche nach einem Nachfolger zu unterstützen. „Denn das soll meine letzte Wahlperiode werden.“

Diskussion:
Eine junge Frau und Mutter fragt, was die Kandidaten denn tun wollen, um junge Wähler zu begeistern. Daneben sagte sie an Christoph Bergner gerichtet, dass sie nicht wisse, was Bergner denn überhaupt tue. Frauenquote, Familienpolitik … das sind Themen, die sie interessiert.
Martin Bauersfeld sagte, er wolle in den Kampftruppen keine Frauen sehen. Eine Frauenquote hält er für problematisch. Im Bereich Pädagogik und Erziehung gebe es einen Frauenüberschuss, da spreche auch niemand von Männerquote.
„Für mich stellt sich die Aufgabe dort, wo es um die Menschen geht, und nicht um die Öffentlichkeitswirkung“, sagte Christoph Bergner. Herausforderungen für die kommende Wahlperiode seien die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs und eine Europäisierung der Politik. Ein Teil der Eurokrise sei auf ein Fehlverhalten von Europäischer Kommission und Rat. Ein weiterer Punkt sei die Demographie. Auf Sachsen-Anhalt rolle ein drastischer Bevölkerungsschwund zu.

Ein Parteimitglied ist Mitglied im Ortsverband, in dem Bauersfeld Vorsitzender – seit fünf Monaten. Doch in dieser Zeit habe keine einzige Sitzung stattgefunden. „Was wollen Sie tun, um das Vertrauen zu gewinnen.“
Bauersfeld führt das auf seine Tätigkeit als Pilot zurück, außerdem seien Ferien und Wahlkampf gewesen. „Hätten die Mitglieder kein Vertrauen in mich, hätten sie mich schon längst abgewählt.“ Das konterte das Mitglied: „es fand ja keine Sitzung statt.“

Thematisiert wurde nun der Islam in Deutschland.
Bergner sprach von einer zunehmenden Radikalisierung, auch von Deutschen, die zum Islam konvertiert sind. Außerdem sprach sich Bergner für ein Aufführungsverbots des Mohammed-Films aus.

Schere zwischen Arm und Reich:
Bauersfeld sprach sich dafür aus, dass man von seiner Arbeit auch leben können muss. Die Politik könne nur Grundlagen für Mindestlöhne schaffen, gefordert seien hier die Tarifpartner. Außerdem sei es nötig, allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu geben.

Gibt es Verwerfungen zwischen Bergner und der CDU-Landesspitze?
Bergner meint: nein

Wie kann es gelingen junge Frauen in Halle zu halten? Der Anschluss an die alten Bundesländer dürfe nicht verloren werden.
Bergner sagte, ein Problem sei, dass es hier keine großen Firmensitze gebe. „Das ist der strukturelle Nachteil.“ Hier müsse man ansetzen.

Saale-Seiten-Kanal
Bauersfeld unterstützt den Ausbau der Saale, der Transport auf dem Wasser sei viel günstiger und umweltfreundlicher. „Den Ausbau der Saale halte ich für die Region für eminent wichtig.“
Bergner setzt sich für eine Vollendung des Saaleausbaus ein. Er sprach allerdings von einem Verteilungskampf um Mittel zum Wasserstraßenausbau.

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