CDU-Fraktion distanziert sich von Landwirtschaftspolitik der Landesregierung – UPDATE

24. April 2018 | Politik | 6 Kommentare

Die CDU-Fraktion im Landtag distanziert sich vom „Leitbild Landwirtschaft 2030 Sachsen-Anhalt„, welches durch das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Energie veröffentlicht wurde.

Bernhard Daldrup (CDU), Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses

In der Pressemitteilung der CDU-Fraktion erklärt Bernhard Daldrup stellvertretend für diese: „Mit Verwunderung haben wir die Veröffentlichung des Leitbildes Landwirtschaft zur Kenntnis genommen. Dieses Leitbild entspricht nicht den Vorstellungen der CDU-Fraktion. Die CDU-Fraktion hatte vielmehr in Gesprächen der Ministerin noch in der vergangenen Woche angeraten, das Leitbild Landwirtschaft 2030 nicht in der jetzigen Form zu veröffentlichen. Aus Sicht der CDU-Fraktion lässt der gesamte Entstehungsprozess ideologisch motivierte Strukturen erkennen. 13 namhafte Verbände sind schon während dieses Prozesses aus den Verhandlungen ausgestiegen. Weitere zwei haben nach dessen Abschluss ihre Zustimmung versagt. Damit ist das Leitbild Landwirtschaft aus unserer Sicht nicht konsensfähig und steht gegen die Handelnden aus den praktischen Bereichen der Landwirtschaft, der Tierproduktion und der Tierhaltung. Dennoch sieht Frau Ministerin das Leitbild Landwirtschaft als ‚eine verbindliche Handlungsgrundlage für die nächsten Jahre‘. Eine Handlungsgrundlage, die über die Legislaturperiode hinweg reicht, ist immer auf eine breite Konsensbasis aufzubauen. Für die CDU-Faktion gelten somit weiter die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages.“

Nicht nur, dass die CDU-Fraktion sich hier implizit vom Koalitionsvertrag selbst verabschiedet (paradoxerweise unter Berufung auf den Koalitionsvertrag), sie tut dies auch noch unter Verweis auf den Ausstieg von 13 Verbänden unter Federführung des in Sachsen-Anhalt extrem CDU-nahen Bauernverbandes. Leider hält die Kritik der CDU-Fraktion an der Veröffentlichung des Ministeriums einer Kontrolle anhand des Koalitionsvertrages nicht stand. Wenn es in diesem auf S. 103 heißt „[…]In diesem Sinne wollen wir, dass unsere Landwirtschaft eine vielfältige und lebendige Kulturlandschaft, die Lebensräume und die Artenvielfalt erhält und wiederherstellt, sowie das Umwelt- und naturverträgliche Wirtschaften gewährleistet.[…]“, ist dies nichts anderes, als wenn im ‚Leitbild Landwirtschaft‘ geschrieben steht, dass es „[d]abei […] auch wichtig [ist], an die Ansprüche kommender Generationen zu denken: Alle gemeinsam tragen die Verantwortung dafür, unseren Enkelkindern eine lebenswerte und intakte Umwelt zu hinterlassen. Es ist die gemeinsame Aufgabe für eine intakte Natur, für eine lebenswerte Umwelt und für den Klimaschutz zu sorgen.[…]“
Der Bauernverband trat jedoch Ende 2017 genau aus dem Grund aus dem Prozess zur Erzeugung des ‚Leitbilds Landwirtschaft‘ aus, weil eine naturnahe Bewirtschaftung der Felder ökonomisch nicht umsetzbar sei, wie es der Präsident des Bauernverbandes Feuerborn beispielsweise anhand der Frage naturnaher Gewässerunterhaltung Anfang des Jahres gegenüber dem MDR erklärte (Link). Bereits damals kam jedoch Kritik am Bauernverband, dass dieser einseitig den Dialog zur Erstellung des Leitbildes verlassen hatte. Anstatt weiter mit den anderen 54 Verbänden und dem Ministerium das Leitbild zu erarbeiten, suchte er lieber die maximale Konfrontation und kündigte ein eigenes Leitbild Landwirtschaft an.

Wenn jetzt die CDU-Fraktion die Veröffentlichung dieses Leitbildes kritisiert, macht sie sich zu Steigbügelhaltern einer Minderheit der landwirtschaftlichen Verbände Sachsen-Anhalts, die eine nachhaltigere, umweltgerechtere und ökologischere Landwirtschaft in Sachsen-Anhalt ablehnen.

PZ
mit Material der Fraktion der CDU im Landtag Sachsen-Anhalt

 

UPDATE, 26.04.2018
Zur Kritik am ‚Leitbild Landwirtschaft‘ erklärt Susan Sziborra-Seidlitz, Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Susan Sziborra-Seidlitz, Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen

„Es ist erstaunlich, wie stark der Einfluss der Agrarlobby auf diese Diskussion ist. Und das, obwohl sich ihre Protagonisten mutwillig vom Gesprächstisch entfernt haben.
Das Leitbild beantwortet wichtige Zukunftsfragen in der Landwirtschaft. Vorausgegangen war ganz bewusst nicht ein rein parlamentarischer Prozess, sondern ein transparenter Dialog mit der ganzen Branche. Diese Form war vereinbart zwischen allen Akteurinnen und Akteuren. Alle waren eingeladen, sich zu beteiligen. Die meisten haben sich eingebracht.
Wer den Dialog verlässt und nicht in den Prozess zurückkehrt, der darf sich hinterher nicht beschweren, wenn er das Gefühl hat, dass seine Sichtweise zu wenig vorkommt.“

Material von Bündnis 90/Die Grünen Sachsen-Anhalt

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