Sibirische Kälte kein Insektenkiller

23. Februar 2018 | Natur & Gesundheit | 10 Kommentare

Insekten sind bekanntlich wechselwarme Tiere, d.h., sie können ihre Körpertemperatur nicht hinreichend hoch halten wie Vögel und Säugetiere. Wird es kalt, erstarren sie oder gefrieren gar. Gefrieren Tiere bei extremen Minusgraden, sterben sie. Denn bei der Eisbildung im Organismus und in den Zellen entstehen Eiskristalle, die sich ausdehnen und dabei Zellmembranen irreversibel beschädigen. Einige Insektenarten haben jedoch Tricks entwickelt, den fatalen Prozess der Eisbildung im Körper zu verzögern. Durch Akkumulation von Frostschutzmitteln im Blut, wird der Gefrierpunkt erheblich gesenkt (z.B. Kohlweißling -26°C, Borkenkäfer -32°C, Gallmücken -49°C). Salze sind dafür aber ungeeignet, da sie bei hoher Konzentration zellschädigend wirken. Bewährt haben sich dagegen u.a. Glycerol und Ethylenglykol. Ethylenglykol verwenden wir z.B. auch als Frostschutzmittel im Kühlwasser unserer Autos. Es gibt aber noch weitere, subtile Tricks. Manche Insekten lassen das Gefrieren extrazellulärer Flüssigkeiten zu, fördern es sogar. Dabei wird den Zellen zunehmend Wasser entzogen; Eiskristalle können in den Zellen nun nicht mehr entstehen. Entdeckt hat man aber auch im Blut Substanzen, die sich an Eiskristalle anlagern und deren Wachstum zu fataler Größe blockieren.
Frostschutz wird nicht ganzjährig vorgehalten, sondern muss rechtzeitig vor Winterbeginn aktiviert werden. Woher wissen die Insekten, dass es Zeit ist, sich vor frostiger Kälte zu schützen. Sinkende Temperaturen sind eine nicht zuverlässige Informationsquelle. Unabhängig vom Temperaturverlauf signalisiert das Abnehmen der Tageslänge zuverlässig das Nahen des Winters. Mit Hilfe einer inneren Uhr können die Insekten so sicher registrieren, dass es Winter wird.
Mancher Kleingärtner hofft ja, dass Sibirische Kälte Schadinsekten dahinrafft oder zumindest an Zahl reduziert. Dem ist wegen der beschriebenen Frostschutzmechanismen aber oft nicht so. Milde, feuchte Winter dagegen fördern dagegen das Erkranken der Schädlinge.
Die Forschung über Frostschutzmechanismen bei Insekten hat durchaus praktischen Nutzen, denn die Erkenntnisse werden z.B. zur Lagerung von Sperma und Embryonen genutzt.

H.J. Ferenz

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