Schon gewusst? Hahn oder Henne? Geschlechtsbestimmung im Hühnerei

13. Juni 2019 | Natur & Gesundheit | Keine Kommentare

Welches Geschlecht ein Küken oder Junghuhn hat, ist schwierig zu bestimmen. Spezialisten mit viel Erfahrung gelingt das innerhalb 2 Sekunden. Sie sortieren so jährlich ca. 45 Millionen männliche Eintagsküken aus, die für die Eier- und Fleischproduktion ungeeignet sind. Diese Methode soll nun nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig bald nicht mehr zulässig sein. Gebraucht wird deshalb eine Methode, bei der bereits im Ei das Geschlecht ermittelt werden kann. Erkannte „männliche“ Eier werden nicht weiter bebrütet, sondern können von der Lebensmittelindustrie verwertet werden. Das Vergasen und Schreddern von Küken entfällt dann.

Die Geschlechtsbestimmung ist tatsächlich auch am angebrüteten Ei möglich. Das geht mit einer abgewandelten Spektroskopiemethode, die normalerweise zu Unterscheidung von gesunden von kranken Gewebeproben benutzt wird. Dazu muss ein Loch in die kalkhaltige Eischale geschnitten werden. Dann kann man erste Zeichen der Embryonalentwicklung sehen. Schon nach 2 bis 3 Tagen sind kontrahierende Herzzellen und erste Blutgefäße sichtbar. Die reflektierten Spektren männlicher Küken unterscheiden sich von den weiblichen geringfügig, aber sicher erkennbar. Die Löcher werden wieder verschlossen, die weiblichen Eier weiter bebrütet und die männlichen verwertet. Die automatische Analyse dauert nur wenige Sekunden. An ihrer industriellen Anwendung wird gearbeitet.
Bei einer anderen, endokrinologischen Methode analysiert man den Harn des sich entwickelnden Embryos. Dazu muss der aber schon ziemlich weit entwickelt sein und man kann nicht ausschließen, dass über vorhandene Nervenzellen bereits Schmerz wahrgenommen werden kann. Diese Methode wird nicht favorisiert.
Ideal wäre die Entwicklung einer Hühnerrasse, die sowohl für die Ei- als auch für Fleischproduktion geeignet ist. Schon in der Antike bewegte dieses Problem unsere Vorfahren. Sie lösten es, indem sie die Junghähne zu Kapaunen machten. Kapaune sind Masthähnchen, die im Alter von ca. zwölf Wochen kastriert werden. Ursprünglich wurde die Technik erfunden, weil die Hähne nicht sonderlich friedfertig sind, sobald sie geschlechtsreif werden und ihr Fleisch durch die Hormone zäh und kaum genießbar wird. Die dazu notwendige Operation ist allerdings nicht ganz einfach, da die Hoden der Hähne sich anders als bei Säugetieren in der Bauchhöhle befinden. Diese muss also geöffnet und nach erfolgter Kastration auch wieder verschlossen werden. Ein solcher Eingriff ist im industriellen Maßstab natürlich nicht möglich.

A. Brillat-Savarin

Das Fleisch der Kapaune wird sehr weiß und zart. Die Kapaune wachsen schnell und setzen gut Fett an. Die Aufzuchtzeit beträgt mindestens 150 Tage. Dann wiegt ein Kapaun um die drei Kilo, gibt also einen schönen Weihnachtsbraten ab. Gourmand Anthelme Brillat-Savarin (1755-1826) wusste das kritisch zu schätzen: “Allerdings schmeckt dieses widernatürliche Fett auch wirklich köstlich, und leider lässt sich jene Zartheit und Saftigkeit, die es zum Ergötzen unserer feinsten Tafeln macht, nur durch diese verdammenswerten Mittel erzielen.“

(H.J. Ferenz)

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