Natura 2000

7. Januar 2019 | Natur & Gesundheit | Ein Kommentar

Das Landesverwaltungsamt hat nach über vierjähriger Arbeit, mehreren hundert Informationsveranstaltungen, einem breit angelegten Dialog mit land-und forstwirtschaftlichen Verbänden, Wirtschaftsverbänden, kommunalen Vertretern und Bürgerinnen- und Bürgern den Text der Natura2000 – Verordnung fertiggestellt und am 20. Dezember dem Kabinett zur Abstimmung vorgelegt. Am 1. Januar ist die Verordnung in Kraft getreten.

„Damit konnte das bislang größte Naturschutzverfahren in Sachsen-Anhalt abgeschlossen werden. In diesem vierjährigen Prozess haben wir über 300 Anhörungen und Gespräche durchgeführt sowie rund 3000 Einwendungen geprüft. Änderungen und Anpassungen wurden sprichwörtlich bis zur letzten Minute in die Verordnung eingearbeitet.“, erklärte der Präsident des Landesverwaltungsamtes Thomas Pleye dazu.

„Die Gespräche, auch die in Einwohnerversammlungen mit teilweise weit über 100 Teilnehmern, waren trotz erheblicher Kritik von hoher Sachlichkeit und Konstruktivität geprägt. Viele beabsichtigte Regelungen konnten entschärft werden. Allerdings konnte nicht allen Wünschen vollumfänglich entsprochen werden.“, so der Präsident weiter.

Ausgangspunkt des Verfahrens zur Ausweisung von 298 Natura 2000 – Gebieten war der entsprechende Kabinettsbeschluss vom 29.Juli 2014. Bei der Erarbeitung der Verordnung standen folgende Punkte und Ziele auf der Agenda des LVwA:

·         Die Verordnung sollte eine 1:1- Umsetzung von EU- Recht verfolgen,

·         Bei der Erarbeitung der Ge- und Verbote sollte der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt werden

·         Es sollte eine starke Transparenz stattfinden

·         Durch eine breit angelegte Präsenz vor Ort sollte die interessierte und betroffene Öffentlichkeit in die einzelnen Entscheidungsprozesse mit eingebunden werden

Natura 2000 in Halle

In einem ersten Schritt wurden die land- und forstwirtschaftlichen Verbände (alle Bauernverbände, Waldbesitzerverband) sowie Jagd- und Anglerverband, Unterhaltungsverbände und Landestourismus in die Erarbeitung des Verordnungstextes einbezogen. Ebenso wurden Wirtschaftsverbände, wie IHK, VCI oder ausgewählte industrielle Unternehmen einbezogen.

Auf der kommunalen Ebene wurde in Bürgermeister-Dienstberatungen der Landräte informiert und Ortsgespräche angeboten, die auch rege wahrgenommen wurden. Hier konnten bereits vor Beginn des Verfahrens und vor Erarbeitung eines VO- Textes überwiegend Eigentümer- und Besitzerinteressen Berücksichtigung finden. Ebenso wurden Veranstaltungen durchgeführt, zu denen ca. 1.500 Landwirte oder landwirtschaftliche Unternehmen eingeladen waren. Es wurde eine breit angelegte Informationskampagne ins Leben gerufen, eine Internet-Seite zum Thema installiert, Presseexkursionen durchgeführt, eine Telefon-Hotline wurde geschalten. In mehreren hundert Informationsveranstaltungen stellten sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des LVwA den Fragen der Betroffenen. Dabei wurden einerseits thematische Schwerpunkte gebildet und andererseits regionale Gebietsspezifika herausgearbeitet.

In einem zweiten Schritt wurde die Verordnung auf der Basis der eingebrachten Hinweise erarbeitet und vor Veröffentlichung mit den oben erwähnten Verbänden diskutiert.

In einem dritten Schritt erfolgte das rechtlich vorgeschriebene Beteiligungsverfahren beginnend am 4. Oktober 2017.

Noch bis wenige Tage vor Abgabe der Endfassung im November fanden Gespräche mit Betroffenen oder Verbänden statt.

„Uns vor diesem Hintergrund mangelnde Kommunikation vorzuwerfen, spiegelt nicht die Realität wider. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben in den letzten Jahren eine sehr engagierte Arbeit geleistet und werden auch im kommenden Jahr daran anknüpfen.“

Denn bereits im neuen Jahr wird das Landesverwaltungsamt wieder in den Kommunen vor Ort sein, um die Verordnung vorzustellen. Zudem wird dieser Prozess von einem einjährigen Evaluierungsverfahren begleitet, an dessen Ende ein entsprechender Bericht vorzulegen sein wird. Sich daraus eventuell ergebende weitere Änderungen werden dann vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie geprüft.

Warum Naturschutz, warum NATURA 2000?

Vor mehr als 20 Jahren wurde das europaweite Schutzgebietsnetz „NATURA 2000“ ins Leben gerufen. Seitdem entstand ein Netzwerk aus Gebieten, um besonders wertvolle, seltene oder gefährdete Tiere und Pflanzen in ihren natürlichen Lebensräumen zu schützen. Über 25.000 Schutzgebiete ziehen sich durch ganz Europa. Im Bundesland Sachsen-Anhalt bestehen 266 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete (FFH-Gebiete) und 32 Vogelschutzgebiete.

NATURA 2000 schützt Arten und Lebensräume

Alle Mitgliedsstaaten der europäischen Union haben sich zusammengetan und ein Netz an Schutzgebieten geschaffen, das sich durch ganz Europa zieht und die Schönheit und Vielfalt unserer Natur sichern hilft. Das Projekt trägt den Namen „NATURA 2000“ und ist bisher weltweit einmalig. Dabei haben sich die Länder darauf verständigt, eine bestimmte Anzahl von Gebieten, die besondere Biotope umfassen oder besonders schützenswerten Arten eine Heimat bieten, als NATURA 2000-Gebiete zu melden und zu sichern. In diesen Gebieten besteht das so genannte „Verschlechterungsverbot“.

Das heißt, in diesen Gebieten ist ein günstiger Erhaltungszustand von schützenswerten Lebensräumen sowie Tier- und Pflanzenarten zu bewahren oder wiederherzustellen. Die Unterschutzstellung bedeutet nicht die Aufgabe der Nutzung der Gebiete, sondern zielt auf den Erhalt naturnah bewirtschafteter und dadurch artenreicher und vielfältiger Kulturlandschaften ab. Grundlage für die Entscheidung, welche Gebiete als NATURA 2000-Gebiete ausgewiesen werden, sind die EU-Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (kurz: FFH-Richtlinie) der EU. Beide Richtlinien bezeichnen schützenswerte Lebensraumtypen und sowie Tiere und Pflanzen. Auch Deutschland und somit Sachsen-Anhalt ist in dieses Netzwerk eingebunden.

Natura 2000-Landesverordnung

Durch einen Beschluss der Landesregierung vom 29.07.2014 sowie darauf basierendem Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt wurde das Landesverwaltungsamt aufgefordert, die bisher noch nicht nationalrechtlich gesicherten Natura 2000-Gebiete mittels einer landesweit gültigen Verordnung unter Schutz zu stellen.

Von 2014 bis 2017 erfolgte eine dem eigentlichen öffentlichen Beteiligungsverfahren vorgelagerte Einbeziehung von Verbänden der Nutzergruppen, Eigentümervertretern und Landkreisen sowie Kommunen. Im Rahmen dieser frühen Öffentlichkeitsbeteiligung wurden unter anderem Land- und Forstwirte, Jäger, Fischer und Angler sowie Vertreter der Landkreise, Bürgermeister und im Land Sachsen-Anhalt anerkannte Naturschutzvereinigungen über das Verfahren und geplante Schutzvorschriften informiert und erhielten die Möglichkeit, sich frühzeitig am Ausweisungsprozess zu beteiligen.

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