Zu wenig Honorar: Konservatorium findet kaum noch Honorarkräfte
16. Januar 2013 | Kultur | 15 KommentareDas Konservatorium “Georg Friedrich Händel“ in Halle (Saale) findet immer weniger Honorarkräfte. Darauf wies Musikschul-Leiter Thomas Effner-Jonigkeit am Mittwoch im Kulturausschuss hin. „Wir haben dadurch zu wenig Stundendeputate und verlieren ständig Schüler.“ Die Warteliste wird dadurch auch immer länger, aktuell liegt sie bei knapp 300 Schülern.
Derzeit sind an der Einrichtung 29 festangestellte Mitarbeiter und 84 Honorarkräfte tätig. Allerdings sind die Honorarbeschäftigten teilweise nur für wenige Unterrichtsstunden pro Woche anwesend. Wie Effner-Jonigkeit erläutert, sind die Honorarsätze seit 1998 nicht mehr angehoben worden. Sie liegen aktuell bei 15.31 Euro. Davon müssen allerdings die Beschäftigten sich auch noch selbst versichern und Steuern leisten. Eine lukrative Summe bleibt da nicht mehr übrig. Insbesondere herausragend qualifizierte Lehrkräfte machen daher einen Bogen um das Konservatorium.
Der Anteil an Honorarkräften kletterte in den letzten Jahren kontinuierlich. Das hatte auch das Fachkonzept so vorgesehen, um auf diese Weise Vollzeitmitarbeiter und damit auch Personalkosten sparen zu können. Bereits vor 8 Jahren wurde aber vor einem Mangel an Instrumental- und Volklehrern gewarnt.
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http://hallespektrum.de/thema/konservatorium-diskussion-um-die-honorare/
Die Stadt finanziert die 30 Euro nicht, sondern die Eltern, und zwar entsprechend geleisteten Stunden. Das heißt, keine Honorarkräfte mehr im alten Sinn, sondern nur noch Nutzer der Hülle Konservatorium, mit eben Zahlung einer Nutzungsgebühr für Räumlichkeiten, Stunden- und Schülerverwaltung etc.
Irgendwann sind die Honorarkräfte dann mal draussen und unterrichten nur noch privat, in der Wohnung oder einem selbst aquirierten Raum…
Allerdings wäre das mal auch irgendwann das Ende der musikalischen Breitenausbildung, wird zum absolut elitären, auch finanziell…
@Gastarbeiter
Es fehlt noch die Schlussfolgerung. Wie finanziert die Stadt Halle jetzt die 30,- €. Und ganz ehrlich, bei 1,5 Mrd Euro Schulden wäre eine gerechtere Mittelverteilung dringend angeraten. Es kann zumindest nicht sein, dass der Kulturetat im wesentlichen von 2-3 Großeinrichtungen (zB auf Kosten der Honorarmusikschullehrer u.a.) verbraten wird. Unter diesen Rahmenbedingungen muss die Diskussion geführt werden.
@Schulze
Na ja, vielleicht findest Du einen Musiklehrer, der ein bisschen oder auch ein bisschen besser Klavier spielen kann, vielleicht auch Gitarre. Das wars dann aber auch schon. Ansonsten gibt es in Deutschland einfach zu viele Bürokraten …
Werte Diskusionsteilnehmer,
Laut meiner Rechnung und auch laut eines Artikels von Prof. Edvard Tarr in einer vergangenen Ausgabe des Fachmagazins „Das Orchester“ müsste der Stundensatz für Honorarkräfte tatsächlich bei 30,- liegen, so wie hier User „Schulze“ schon kommentierte.
Es geht hier ja nicht um den Ausbau des komfortablen Wohlstands der Musikschullehrer. Sondern um eine solide Existenzgrundlage, woraus auch nur eine qualitativ gute pädagogische Arbeit entstehen kann. Wenn die Stadt nicht bereit ist mehr an dieser Stelle zu investieren und dann aber auch noch höhere Gebühren von den Eltern verlangt, ist das der blanke Hohn und Augenwischerei für alle Beteiligten.
Z.B. bezahlen Eltern das ganze Jahr hindurch, obwohl Honorarkräfte in Ferien, bei Fehlen der Schüler durch Schulprojekte etc…, und bei Krankheit keinen Cent bekommen.
Wenn man die Spirale weiterspinnt, versucht die Stadt sich um Kosten zu drücken wo es nur geht mit dem Ziel, dass die Einnahmen aus den Gebühren der Eltern möglichst viel abdecken. Das führt aber dazu, dass man irgendwann horrende Preise für musikalische Ausbildung bezahlt, genauso wie im kommerziellen Konzertbereich (z.B. 60-100 Euro für Eintrittskarten).
Musik, Kunst und Bildung sind in jeder Form keine Gewinngeschäfte, sondern eine gesellschaftliche Verpflichtung und die wesentliche Investition in eine stabile und nivaeuvolle Gesellschaft.
Dieser Verpflichtung muss über die Einahmen des Staates nachgekommen werden (wenn die öffentliche Hand nicht in der Lage ist genügend Einnahmen zu generieren, ist sie selbst Schuld, in unserer Gesellschaft ist mehr als genug Kapital vorhanden). Auf diesem Wege bringt sich auch jeder Bürger durch seine Abgaben in dieses System zur Genüge ein.
Des Weiteren sei noch gesagt, dass der Arbeitsaufwand eines Musikschullehrers bei weitem nicht beim Unterrichten bleibt, sondern sehr viel Vor- und Nacharbeit erfordert (Sowohl für Schüler und Eltern, als auch bei sich selbst, um die eigene musikalische Qualität zu halten). Der Unterricht an sich soll dann aber auch noch künstlerisch, pädagogisch und „freizeit-technisch“ auf hohem Niveau und individuell sein.
Und das alles für einen Facharbeiter-Lohn… Dass das nicht funktionieren kann ist ja wohl jedem klar. Zumal auch noch nicht Diplomierte Lehrer auf dem freien Markt Preise und Niveau nach unten drücken.
Die Folge ist, dass der Musikschullehrer Abstriche machen muss in seiner Arbeitsintensität, um sich mit anderen Projekten den Lebensunterhalt zu vervollständigen. Auch diese fordern viel Aufwand. Die Eltern sollen davon natürlich am besten nichts mitbekommen, da sie ja immer durchzahlen und daher ein funtionierendes System erwarten.
Nur leider ist dieses System total auf Sand gebaut. Für hochqualifizierte Lehrkräfte & Musiker kann ein Job unter solchen Bedingungen immer nur eine Durchgangsstation sein. Also bekommen die Kinder ständig neue Lehrer vor die Nase gesetzt, was nicht gerade pädagogisch schlau ist.
Ich könnte diese Ausführungen hier noch weit fortsetzen zu Themen, wie z.B. Ausstattung der Musikschulen, Selbstbezahlung der Arbeitsmittel durch die Honorarlehrer usw. usw…
1€-Jobber, Bufdis, Eigenbetrieb, Freiwilligenagentur vor!
Sind überall dann Anleiter, … die davon profitieren
@jörg
Damit kommt ja rechnerisch jede Wochenstunde mal gerade auf etwas über 9 €. Nur durch die Ferienregelung und andere „Ausfälle“ ist sie bei knapp 12, und das ist dann schon Brutto…
@Setzling
Welche pädagogische Ausbildung hat „dein“ Staatskapellist? Ich vermute mal, keine… Damit hätte er im eigentlichen Sinn auch keine Lehrbefähigung erworben und dürfte nicht als Lehrer tätig sein. Einzig wäre eine Nachqualifizierung auf pädagogischem Bereich noch möglich, ist aber sehr selten.
Pädagogische Kenntnisse im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit sind aber unbedingt notwendig; anderswo wird man ohne entsprechende „Scheine“ überhaupt nicht angestellt. Verstehe also nicht, wie sowas überhaupt möglich ist…
@Jörg: Ich zahle für meinen Sohn 486 Euro pro Jahr für Instrumentalunterricht. Da ich kein Großverdiener aber auch kein Hartz IV-Empfänger (der Betrag ist also nicht unerheblich und ich habe also nichts von irgendwelchen ach so tollen Bildungspaketen) ist das für mich und vielleicht auch für viele andere Eltern das Ende der Belastbarkeit.
@Stadt_für_Kinder: Mein Kind wird von einem Mitglied der Staatskapelle unterrichtet und hoffentlich im nächsten Jahr auch in der Bigband mitspielen. Die Mauer zwischen Klassik und Jazz oder zwischen U- und E-Musik existiert wohl eher in den Köpfen.
Falsch gedacht. Wenn man dem Orchester 3-4 Stellen streichen würde würde, hätte man auch noch Geld/Zeit, um sich um den Nachwuchs in allen Sparten zu kümmern.
In Halle werden aus meiner Sicht die Prioritäten zu einseitig gesetzt!
Ulf Herden hat recht, wenn er das kritisiert. Denn die Förderung sollte neutral in allen Sparten der Musik erfolgen, und das Konservatorium bildet nicht nur im Bereich Klassik aus.
Wenn das Land meint, etwas den Jazznachwuchs anlässlich eines Workshops links liegen zu lassen mit der Begründung, Jazz sei kommerziell, dann offenbart man sein blankes Unwissen. Der Tonträgerverkauf im Bereich Klassik liegt um ein vierfaches höher als im Jazz. Ist das nicht kommerziell?
Wenn man die Gebühren dort erhöht, dann kann man bestimmt auch mehr Geld an die Lehrer zahlen.
Kein Wunder bei dem Hungerlohn, den sie zahlen. Erst kaputtsparen und künstlich eine Verknappung des Unterrichtsangebots erzielen und sich hinterher wundern, wenn ihnen andere Musikschulen das Wasser abgraben. Bei einer Kulturstadt, die Halle sein will, muss so eine Basisausstattung anders ausfallen, sonst laufen einem die Leute weg, zumindest die Guten.
Deshalb ja keine Festanstellungen. jedoch sollte man, wenn schon Honorar, dann diese Lehrkräfte nicht auch noch knebeln…
freiwillige aufgabe
Effektiv müßte der Stundensatz bei ca. 30,- € für Honorarkräfte liegen… wenn man das nicht ändern kann, wäre einen Einstellung angeraten. Aber das obliegt leider nicht der Maßgabe der Schulleitung. So wird es wohl beim Lehrekräftemangel bleiben… eigentlich schade, denn für Kinder und Jugendliche wird doch in diesem Staat sooo viel getan (wenn man den Spitzen der Politik glauben soll?)