Wolf kommt nach Halle: Biermann liest am 23. April in der Marktkirche

20. April 2018 | Kultur | 12 Kommentare

Zum Auftakt ihres neuen Geschichtsprojektes unter dem Motto „‘Ermutigung‘ – Lebenswelt, Repression und Widerstand in der DDR und Osteuropa nach 1945“ erwartet die Landeszentrale für politische Bildung einen ganz besonderen Gast: Wolf Biermann wird am 23. April um 19.30 Uhr in der Marktkirche in Halle anhand seiner Autobiographie „„Warte nicht auf bessre Zeiten!““ über seine Erfahrungen in und mit der DDR sprechen.
„Nach dem NS-Geschichtsprojekt wollen wir nun die Geschichte der DDR und die ihrer osteuropäischen Nachbarn in den Blick nehmen“, so der Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, Maik Reichel. Dabei gehe es um die Aufarbeitung von Repression und Widerstand ebenso wie um die Auseinandersetzung mit dem Alltag und der Lebenswelt in der DDR. Dabei würden auch Fragen von Bildung, der Rolle der Kirchen, die Umgestaltung der Städte und das Zusammenleben zwischen Einheimischen und Migranten thematisiert. Das soll durch Lesungen und Podiumsgespräche, aber auch durch Konzerte und Filmvorführungen geschehen, sagt der Direktor der Landeszentrale.

Einen wichtigen Bestandteil bilden dabei wieder Schulprojekttage. „Die Vermittlung von DDR-Geschichte gerade auch an die jüngere Generation bleibt eine wichtige Aufgabe, der wir uns stellen müssen“, so Reichel. Heute sei diese Geschichte für viele Jugendliche ebenso fern wie der Dreißigjährige Krieg oder die Französische Revolution. „Damit können wir uns nicht zufrieden geben, denn die Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit ist keineswegs erledigt, sondern sie wirkt bis heute nach.“

Nach dem offiziellen Auftakt mit Wolf Biermann wendet sich der Blick bereits am Donnerstag (26. April) auf „“Das andere `68″“. Zu einer Podiumsdiskussion werden der DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin, der tschechisch-deutsche Schriftsteller Jan Faktor und der wissenschaftliche Leiter des DDR-Museums in Berlin, der aus Halle stammende Historiker Stefan Wolle, in Magdeburg erwartet. Sie wollen über die Auswirkungen des Prager Frühlings und der Demokratiebewegung in Polen auf die weitere Entwicklung der DDR und des Ostblocks diskutieren.

Wolf Biermann (Foto:© Hans Scherhaufe)r

Bereits in dieser Woche hatte der ungarische Schriftsteller und Osteuropa-Experte György Dalos bei Schulprojekttagen in Beetzendorf, Halle und Hettstedt, bei Seminaren für Multiplikatoren und einer öffentlichen Veranstaltung in Salzwedel über das Krisenjahr 1968, den Prager Frühling und die Folgen gesprochen.

Ende Mai und Anfang Juni wird der bekannte Autor Christoph Dieckmann zu drei Lesungen nach Sachsen-Anhalt kommen und in Aschersleben, Dessau-Roßlau und Wernigerode aus seinem Buch „Mein Abendland. Geschichten deutscher Herkunft“ lesen. Die Zerstörung von Kirchengebäuden durch die SED-Führung steht im Mittelpunkt einer Veranstaltung am 20. Juni in Magdeburg, zu der sich der frühere Kirchenoberbaurat Michael Sußmann und Dr. Christian Halbrock, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stasi-Unterlagen-Behörde in Berlin, angesagt haben.

Bei Schulprojekttagen sollen noch vor den Sommerferien DDR-Zeitzeugen zu Wort kommen, darunter so namhafte Vertreter wie der Liedermacher und ehemalige DDR-Dissident Stephan Krawczyk, der frühere Magdeburger Domprediger Giselher Quast oder die Autorin Susanne Schädlich, die mit einem ehemaligen Schüler aus Greifswald nach Sachsen-Anhalt kommt, der durch einen Brief an die BBC in der DDR inhaftiert worden war.

Auch beim Landestag des Netzwerkes „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ am 19. September in Magdeburg soll das Thema „Leben in der Diktatur“ eine Rolle spielen. Als musikalischer Höhepunkt tritt dabei der Sänger Dirk Michaelis auf, der zu DDR-Zeiten Frontmann der Rockband Karussell war. Zu zwei Konzerten wird im September auch der Liedermacher Stephan Krawczyk erwartet. Eine Fachtagung im Oktober wird sich dann dem Thema Architektur in der DDR im Spannungsfeld von Planwirtschaft und Baukultur zuwenden. Zum Abschluss in diesem Jahr kommt noch einmal György Dalos zu Lesungen und Gesprächen unter den Motto „Ungarn in der Nussschale“ im November nach Halle und Magdeburg.

Aber das Geschichtsprojekt soll keineswegs in diesem Jahr zu Ende gehen. Auch 2019 will die Landeszentrale das Thema weiter bearbeiten. Mit dem „Machtfaktor SED“ und den gefälschten Wahlen sollen sich zwei Veranstaltungen im Frühjahr 2019 beschäftigen. Zudem wird es um das Thema Bausoldaten und die Kriegsdienstverweigerung in der DDR gehen. Seinen Abschluss findet das Zeitzeugenprojekt schließlich im Herbst 2019 zum 30. Jahrestag der Wiederkehr der friedlichen Revolution und der Maueröffnung.

 

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