Vor dem Opfer kommt der Engel

23. Mai 2017 | Kultur | Keine Kommentare

Das Wetter wird voraussichtlich stimmen zur Eröffnung der diesjährigen Händelfestspiele – die Musik sowieso. Denn  zur Aufführung in der Oper kommt „Jephtha“, das letzte Oratorium  des Komponisten, mit einem höchst dramatischen Plot, der die szenische Aufführung geradezu herausfordert: dem Konflikt zwischen Gotteseid und Vaterliebe. Denn Jephtha, alttestamentarischer Heerführer, versichert sich göttlichen Beistands durch den Schwur, das, was ihm nach seinem Sieg als erstes entgegenkommt, zu opfern. Fatalerweise ist es seine Tochter. Die vorm Beil des gehorsamen Vaters im letzten Moment gerettet wird durch einen herabschwebenden Engel.

Es ist die Zeit des Übergangs vom Matriarchat zum Patriarchat, zugleich von der Vielgötterei zum Monotheismus. Dieser Umbruch in der Zivilisationsgeschichte ist auch der Ausgangspunkt der Inszenierung, von der am Montagabend eine Kostprobe zu sehen war.  Die Regisseurin ist Tatjana Gürbaca, 1973 in Berlin geboren, Absolventin der Musikhochschule Hanns Eisler, Meisterkurse bei Ruth Berghaus und Peter Konwitschny. Mit ihren Inszenierungen in Graz, Berlin, Luzern, Oslo oder Berlin ist sie inzwischen selbst zur Spitze ihrer Zunft aufgestiegen, für Wagners „Parsifal“ in Antwerpen wurde sie zur Regisseurin des Jahres 2013 gewählt. Eine vordergründige Aktualisierung Händels ist von ihr nicht zu erwarten: „Was hier erzählt wird, ist so existenziell, dass es auch den Zuschauer von heute betroffen macht“, sagt sie.

Als Dirigent steht ihr Christoph Spering zur Seite, der im internationalen Musikbetrieb durch seine historische Aufführungspraxis zu Ruhm gekommen ist. Der Richtige also für das Händelfestspielorchester, das auf historischen Instrumenten spielt – nicht abgesenkt im Graben, sondern auf gleicher Höhe mit den Akteuren auf der Bühne.

Nur der rettende Engel kommt vermutlich von ganz oben.

Premiere und Eröffnung der Händelfestspiele: Freitag, d. 26.Mai, 19.30 Uhr, Oper. Nächste Vorstellungen am 28. Mai und 2. Juni

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