Trauern und töpfern – Urne selber gestalten in Keramikwerkstatt

12. November 2016 | Kultur | 3 Kommentare

Alte Bräuche

Feuerbestattungen kamen vor ungefähr 5000 Jahren auf. Sie bezeugen, dass der Mensch sich über den Tod und das, was danach sein könnte, Gedanken machte. Feuerbestattungen sollten der Seele den Weg ins Totenreich freimachen, zugleich aber auch eine Wiederkehr des Todes verhindern. Am Ende der Steinzeit breitete sie sich nach Nord-Europa aus, und war dann anfangs der Bronzezeit ca. 2500-1000 v. Chr.  in ganz Europa üblich. Noch in vorchristlichen Zeiten übernahmen die Römer die Einäscherung von den Griechen. Sie blieb aber zunächst ein Vorrecht der Reichen. Die Aschenreste wurden in kunstvoll bearbeiteten Urnen aufbewahrt und nicht selten in großen Kolumbarien beigesetzt. Die Toten wurden oft mit Waffen oder wertvollen Beigaben eingeäschert.

Feuerbestattung wieder entdeckt

Im Zuge der Christianisierung des Römischen Reichs  wurde die Erdbestattung zur bevorzugten Bestattungsform. Einäscherung wurde als heidnischer Brauch abgelehnt. Das frühe Christentum verlangte ebenso wie das Judentum und später der Islam einen intakten Leib für die Bestattung, um das Weiterleben von Körper und Seele als Einheit auch im Jenseits zu gewährleisten. Ein bedeutender Wandel trat mit der französischen Revolution ein, die sich leidenschaftlich dem Gedanken der Feuerbestattung zuwandte. Dennoch blieb die Feuerbestattung verpönt. Die katholische Kirche verbot 1886 sogar die Verbrennung von Verstorbenen. Trotzdem gewann die Feuerbestattung immer mehr Anhänger. 1878 wurde in Gotha die erste Feuerbestattungsanlage in Deutschland errichtet. Die Katholische Kirche erkannte erst mit dem zweiten vatikanischen Konzil im Jahre 1963 die Feuerbestattung als gleichwertig zur Erdbestattung an. Heutzutage werden in Europa rund ein Drittel der Verstorbenen feuerbestattet, in den USA etwa 40 Prozent und in Asien – religionsbedingt – rund 90 Prozent. In Deutschland wird derzeit mehr als die Hälfte der Verstorbenen eingeäschert – Tendenz steigend. Die Bestattung in Form von Asche bedingt und erlaubt einen anderen Umgang mit den sterblichen Überresten. In vielen Ländern können die Angehörigen über die Urne frei verfügen. Der freie Umgang mit der Urne ist in Deutschland allerdings nicht erlaubt; es besteht Friedhofspflicht.

Vielgestaltige Urnen

Schon früh entwickelte sich eine eigene Kultur der Urnengestaltung. Alsbald dominierten vielgestaltige Urnen aus Keramik. Die typische Keramik der vorzeitlichen Urnenfelderkultur variiert von Großgefäßen wie henkellosen Zylinder-, Trichter- und Kegelhalsgefäßen, Amphoren sowie doppelkonischen Gefäßen bis hin zu Kleingefäßen, wie Bechern, Krügen, Knickwandschalen, konischen Schalen, tellerartigen flachen Schälchen und Näpfen. In den Formen, vor allem aber in der Verzierung der Keramik lassen sich zeitliche und regionale Unterschiede beobachten.
Künstlerurnen Bei der Einführung der modernen Feuerbestattung wurde darauf Wert gelegt, die Asche pietätvoll zu behandeln. Sie wurde im Krematorium in eine einfache Blechbüchse gefüllt und verschlossen. Dieser Aschebehälter wurde in eine Überurne, eine Schmuckurne, eingesetzt. Das Angebot an Urnen ist inzwischen umfangreich und reicht von einfachen, in großer Stückzahl hergestellten Gefäßen zu handwerklich und künstlerisch gestalteten Einzelstücken. Dabei hat die Vielfalt der verwendeten Werkstoffe weiter zugenommen: der mancherorts aufkommenden Forderung nach Vergänglichkeit im Erdboden folgend wurden Urnen aus geeigneten Materialien entwickelt. Mit dem Aufkommen der Seebestattung wurden spezielle wasserlösliche Urnen entwickelt, ferner hielt Holz als zusätzlicher Werkstoff Einzug in das Sortiment der angebotenen Urnen. Es gibt auch biologisch abbaubare Eingefäß-Urnen mit dekorativer Gestaltung. Biologisch abbaubare Eingefäß-Urnen haben den Vorteil, dass nach Ablauf der Grabstätte die noch vorhandenen Aschenkapseln und Überurnen nicht wieder ausgegraben und entsorgt werden müssen.

Trauerbewältigung Mit einer kunstvoll gestalteten Urne möchten die Hinterbliebenen die verstorbene Person in besonderer Weise würdigen. Dazu hat die Hallenser Keramikkünstlerin Claudia Klinkert ein ganz besonderes Angebot. Sie stellt in ihrer Keramikwerkstatt individuell gestaltete Urnen her, alles Einzelstücke. Claudia Klinkert möchte darüber hinaus den Hinterbliebenen bei der Bewältigung der Trauer helfen. Sie bietet die Möglichkeit, in ihrer Keramikwerkstatt in geschützter Atmosphäre die Urne für den Verstorbenen selber zu gestalten. Dazu wird ein Rohling bereitgestellt, der bearbeitet und bemalt werden kann und anschließend gebrannt wird. Diese Gestaltungsarbeit schafft noch einmal einen intensiven Kontakt zu der verstorbenen Person. Anteilnehmend und einfühlsam begleitet Claudia Klinkert menschlich und fachlich diese Trauerarbeit. Sie hilft damit, das Abschiednehmen würde– und respektvoll zu gestalten, etwas, das man in unserer schnelllebigen Zeit sehr oft vermisst.
Ausstellung

Muster ihrer gefühlvollen Arbeit kann man in der von ihr organisierten Ausstellung „Ton zu Erde“ im Stadtarchiv Halle vom 17.November bis zum 23.Dezember 2016 betrachten. In dieser Ausstellung zeigen elf weitere Keramikerinnen künstlerisch gestaltete Urnen. Hierzu gibt es Vortragsveranstaltungen.

www.claudiaklinkert-keramik.de
www.lebensende-halle.de
Bildtext: Künstlerisch gestaltete Urnen
Fotos: Ricarda Braun
(Hans J. Ferenz)

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