Ein getanztes Gemälde von Bosch

14. März 2019 | Kultur | Keine Kommentare

Der Mensch kann auf unterschiedliche Weise verzaubert werden. Dazu braucht es keinen Harry Potter mit Zauberstab an der nächsten Straßenecke. Seit die Verfasserin dieser Zeilen 1985 in der katalanischen Stadt Girona auf so seltsame Weise unter die Elfen geriet, weiß sie, wovon sie redet. Oder kurz darauf im Jahr 1985: Etwas zu übermüdet vor dem „Garten der Lüste“ im Prado von Madrid stehend denken, der Eindruck des Verzaubertsein stellt sich von selber vor dem Triptychon von Hieronymus Bosch ein. Gestern hatte sie den Eindruck, die Elfen wären nun ins Opernhaus von Halle umgezogen.

Aber Sie müssen nicht bis Madrid fahren, um den 1516 gestorbenen niederländischen Maler zu erleben, sie können dies ab 16. März mit dem Ballett Rossa erleben. Ja, sie brauchen nicht wie die Verfasserin vor dem Gemälde stehen bleiben, überlegend, ob sie die eine oder andere Sache im Rausch der Jugend besser nicht eingeworfen hätte (Sie wissen schon), sie können in das Gemälde hinein gehen, denn die Tänzer des Ballett Rossa unter der Choreografin Nadine Linning, auch Niederländerin wie der Maler, macht den Garten der Lüste lebendig. Aber seien Sie gewarnt, Sie werden den Zauber miterleben und so etwas kann lange anhalten. Außerdem warten sieben Todsünden auf Sie! Aber:

Nicht so ängstlich, lassen Sie sich verzaubern!

Sieben Kabinette dem Opernhaus

Ein kleiner Eindruck war in der öffentlichen Generalprobe am 13. März zu erleben. Diese war gut gefüllt. Ich habe mich gefragt, ob die Leute nun wissen wollten, ob das Opernhaus unter Florian Lutz wirklich so bestürzend schrecklich ist, ob alle Fans des Ballett Rossa waren oder ob es einfach etwas umsonst gab. Egal, aus welchen Motiven, sie stiegen hinab in eine Welt aus aufwendigen Kostümen, Musik und Tanz, die sie nicht so schnell vergessen werden.

Wollen Sie selbst? Trauen Sie sich endlich? Was werden Sie erleben? Die Verfasserin kann bereits einiges verraten. Anderes hat ihr eine der Elfen am Ausgang geflüstert: Wie ein Gemälde vom Meister Bosch gestaltet sich der Tanzabend als Triptychon: Sie werden zuerst auf die Bühne mitten zwischen sieben aufwendig gestaltete Kabinette geführt, andere Zuschauer erleben im Zuschauerraum Videokunst über Hieronymus, beides sozusagen die beiden Seitenflügel des Tanzgemäldes. Seien Sie auf der Hut. Denn Sie befinden sich mitten im Geschehen. Ein Apfel wird Ihnen angeboten, ein Messer wird Ihnen an den Hals gelegt, ein schöner Jüngling lockt mit seinem herrlichen Körper! Aber besonders warnt Sie die Verfasserin vor einem Schiff auf Beinen. Es rempelt gerne unaufmerksame Zuschauerinnen an. Die Videokunst auf dem anderen Seitenflügel ist wie eine kleine Einführung in das Werk und das Leben von Hieronymus, aber auch dies auf sehr sinnliche Weise dageboten. Über das Hauptgemälde kann die Verfasserin Ihnen leider gar nichts erzählen. Deswegen mag sie diese Zeilen auch nicht als Theaterkritik begreifen. Denn Sie kennen es selbst: Die Vorspeisen sind ganz exellent, aber der Koch verdarb das Hauptgericht.

Ein wenig Sinnlichkeit im Alltag schadet nicht!

Nein, nein, Spielverderberin, bange machen gilt nicht! Denn sicher ist, das Ballett Rossa mit all seiner gewohnten Tanzkunst wird auch hier zu verzaubern wissen. Mehr können wir nicht verraten. Da die Uraufführung bereits 2015 in Heidelberg stattfand, weitere Aufführungen in den Niederlanden und Frankreich erfolgten, dürfen Sie sich auch einen eigenen Vorgeschmack auf Video im Intenet holen. Ich sagte Vorgeschmack, denn das Hauptgericht gibt es im Opernhaus. Es wird schon schmecken! Versprochen! Sie sollten es nicht verpassen. Es schadet nämlich nicht, sich ein wenig verzaubern zu lassen, ein wenig Sinnlichkeit in den Alltag zu holen.

HIERONYMUS B.

Tanzabend von Nanine Linning mit dem Ballett Rossa und der Staatskapelle Halle. Mit Musik von John Dowland, Georg Friedrich Händel, Henry Purcell, Alessandro Scarlatti und einer Auftragskomposition von Michiel Jansen

Termine:

Premiere Samstag, 16. März 2019, 19.30 Uhr, Oper – Großer Saal

Freitag, 05. April 2019, 19.30 Uhr, Oper – Großer Saal, nur noch RESTKARTEN

Samstag, 20. April 2019, 19.30 Uhr, Oper – Großer Saal

Samstag, 11. Mai 2019, 19.30 Uhr, Oper – Großer Saal

Donnerstag, 30. Mai 2019, 18 Uhr, Oper – Großer Saal

Sonntag, 09. Juni 2019, 15 Uhr, Oper – Großer Saal

Weitere Informationen finden Sie hier: https://buehnen-halle.de/hieronymus

Hintergrund:

Der niederländische Maler Hieronymus Bosch (eigentlich Jheronimus van Aken) lebte und malte von ca. 1450 bis 1516. Etwa 2/3 seiner Gemälde befinden sich heute in Spanien. Seine farbenfrohen, sinnlichen und auch apokalyptischen Gemälde mit vielen seltsamen und skurilen Einzelheiten faszinieren die Menschen bis heute.

Paula Poppinga, Fotos: Anna Kolata

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