Sammlung Ziegler im Kunstmuseum Moritzburg

13. Februar 2019 | Kultur | Keine Kommentare

Das Kunstmuseum Moritzburg stellt Meisterwerke aus der Sammlung Ziegler aus. Karl Waldemar Ziegler (geboren 26. November 1898 in Helsa, Hessen-Nassau; verstorben 11. August 1973 in Mülheim an der Ruhr) erwarb sich als Chemiker schon früh großes Ansehen, galt den Nazis aber als unzuverlässig. Dennoch berief man ihn 1936 auf den Lehrstuhl als ordentlicher Professor und Direktor des Chemischen Instituts an der Universität Halle/Saale. Um seinen Einfluss auf Studenten zu begrenzen, veranlasste das Reichserziehungsministerium 1943 seine Versetzung an ein Forschungsinstitut. 1943 wurde Ziegler Nachfolger von Franz Fischer als Direktor des Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung in Mülheim (Ruhr). Ziegler stand dieser Ernennung zunächst skeptisch gegenüber, da sein wissenschaftliches Werk bis zu seiner Berufung kaum etwas mit der Kohlenforschung zu tun hatte. Die Stiftung der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft räumte ihm jedoch vollkommene Freiheit in der Wahl der Forschungsgebiete ein. Er entwickelte u.a. mit metallorganischen Katalysatoren die Grundlagen für die Massenproduktion von Kunststoffen wie Polyethylen und Polypropylen. Der Erfindung des Verfahrens verdankte Ziegler die Verleihung des Nobelpreises für Chemie im Jahr 1963. Basierend auf seinen Patenten werden heute jährlich mehrere Millionen Tonnen Polyolefine hergestellt. Aus den Erträgen seiner Lizenzen stiftete Ziegler an seinem 70. Geburtstag 40 Millionen Deutsche Mark für einen Forschungsfonds.

Spanische Fliege

Ziegler forschte u.a. auch auf dem Gebiet der Naturstoffchemie, was zur Synthese des Cantharidins, eines in verschiedenen Käferarten vorkommenden Terpenoids und Inhaltsstoffes der Spanischen Fliege, führte.  Cantharidin gilt als potenzsteigerndes Mittel, das beim Mann eine langanhaltende Erektion herbeiführen soll, und hierfür wurde das Gift auch schon in der Antike verwendet. Allerdings ist die Wirkung sehr dosisabhängig – ähnlich wie mit dem Schierlingsbecher hat man mit Extrakten der „Spanischen Fliege“ (Lytta vesicatoria) auch Todesurteile vollstreckt. Die durch äußerliche Anwendung des Reizstoffes – zum Beispiel in Form zerriebener, getrockneter Insekten- kann zu schmerzhafter Dauererektion (Priapismus) und zu bleibender Impotenz führen. Ob Ziegler sich für die biologische Wirkung des Cantharidins* interessierte, ist nicht überliefert.

Sein Lebenswerk beschrieb Ziegler 1966 mit den folgenden Worten: „Ich habe angefangen wie der Wanderer, der in ein unbekanntes Land eindringt und der wohl ahnt, dass vor ihm viel Schönes und Interessantes liegen mag, der auch hin und wieder ein Stück des Weges überschauen kann, der aber doch nicht weiß, wohin die Reise schließlich führt.“
Ab 1958 begann Ziegler mit seiner Frau Maria eine Sammlung zur Kunst des Expressionismus und der klassischen Moderne aufzubauen. Die ersten Bilder stammten von Malern wie Erich Heckel, Karl Hofer, Franz Marc und Emil Nolde. Ziegler, der durch die Lizenzeinnahmen seiner Erfindungen finanziell weitgehend unabhängig war, sammelte weitere Werke von August Macke, Max Beckmann und Lyonel Feininger. Das Ehepaar Ziegler ließ sich in der Auswahl der Bilder selten beraten und traf die Auswahl nicht nach kunsthistorischen Aspekten. Oft betraf die Auswahl der Bilder Orte, zu denen eine emotionale Bindung bestand, z.B. Feiningers Roter Turm II (1930) in Halle. Der Stadt Mülheim vermachten Karl Ziegler und seine Frau Maria ihre bedeutende Gemäldesammlung der Kunst des 20. Jahrhunderts. Die Bilder werden in einer Ausstellung im Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr gezeigt. Sie sind das Kernstück einer Sammlung, die durch die Stiftung Sammlung Ziegler erweitert wurde und mittlerweile 115 Werke umfasst. Das Mülheimer Kunstmuseum ist aufgrund von Sanierungsarbeiten am denkmalgeschützten Gebäude derzeit vorübergehend geschlossen. Während der Umbauarbeiten geht die Sammlung Ziegler auf Reisen und wird erst im Kunstmuseum Moritzburg in Halle und anschließend in der Kunsthalle Emden gezeigt. Im Vorfeld der großzügigen Ausleihe von 100 Werken hatte die Stiftung Sammlung Ziegler umfangreiche restauratorische Maßnahmen an mehr als 35 Bildern vorzeitig durchführen lassen, so dass alle wichtigen Bilder auf die Reise geschickt werden konnten. Die Sammlungspräsentation „Marc, Macke, Nolde. Meisterwerke aus der Sammlung Ziegler“ folgt weitgehend dem Konzept einer Ausstellung der Stiftung aus dem Jahre 2010, die im Mülheimer Kunstmuseum unter dem Titel „Die Stille im Lärm der Zeit“ gezeigt wurde. In Halle ist die interessante Ausstellung bis zum 12.Mai 2019 zu sehen.

(H.J. Ferenz)

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