Sachsen-Anhalt, die Mutter der Frauenorte

4. März 2020 | Kultur | Keine Kommentare

„FrauenOrte – was soll das, werden sich einige fragen.“, so begann Dr. Gerlinde Kuppe, damalige Ministerin für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales, ihr Grußwort in dem projektbegleitenden Buch „FrauenOrte : Frauengeschichte in Sachsen-Anhalt“ im Jahr 2000. Inzwischen sind 20. Jahre vergangen. Die Frauenorte sind ein Erfolgsmodell geworden, das andere Bundesländer,  z.B. Hamburg, Thüringen und Sachsen, gerne übernommen haben. Daran erinnert die heute, am 4. März 2020, im Ratshof von Frau Wildner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Halle, und Frau Triller, Koordinatorin der FrauenOrte, eröffnete Tafelausstellung, die zwei Monate lang zu den Öffnungszeiten besichtigt werden kann. Das Trio StilBruch sorgte für die kämpferisch-musikalische Untermalung.

Eröffnung der Ausstellung 20 Jahre FrauenOrte Sachsen-Anhalt

Die Stiftsdamen von Halle

20 Jahre FrauenOrte in Sachsen-Anhalt werden also mit 20 Tafeln im 1. Stock des Ratshofs gefeiert. Die FrauenOrte sind dabei über das ganze Land Sachsen-Anhalt verteilt. Doch kann auch Halle vier davon bieten: Die Kunsthochschule Burg Giebichenstein, die Diakonie, die Neue Residenz (Erste Geburtshilfliche Klinik) sind uns als Orte zumindest gut bekannt. Aber was ist das Jenaische Freiweltliche Adelige Fräuleinstift in Halle, dessen Tafel seit 2012 eingeplant ist, aber immer noch nicht hängt? Das war ein reformiert-christliches Frauenstift. Die letzte Stiftsdame starb erst 1974, danach erwarb die Stadt Halle die Stiftsgebäude in der Rathausstraße.

In 37 Städten und Orten in Sachsen-Anhalt gibt es FrauenOrte, siehe dazu auch die Karte des Projektes. Dies war bundesweit das erste Projekt dieser Art. Sachsen-Anhalt, so könnte man behaupten, meinte Frau Triller, ist das Mutterland der FrauenOrte. Ausdrücklich würdigte sie auch Frau Elke Stolze, eine FrauenOrtfrau der ersten Stunde, die auch immer noch (ehrenamtlich) das Projekt begleitet. Lassen wir Frau Stolze deswegen selbst zu Wort kommen: „Bisherige Geschichtsschreibung hat dem Leben, dem Wirken und den Leistungen von Frauen wenig Aufmerksamkeit gewidmet und nachfolgenden Generationen kaum Informationen dazu übergeben. Obwohl seit einigen Jahren die Zahl der Veröffentlichungen zur Frauengeschichte zunimmt, sind Frauen für Regional- und Heimatforscher nur selten ein Forschungsgegenstand.“, schrieb Frau Stolze in derselben Publikation wie Frau Kuppe oben. Das Projekt FrauenOrte war ein Beginn, konnte aber nicht verhindern, dass die großen Landesausstellungen immer noch den Ottos gewidmet waren und nicht den Edithas, Hedwigs oder Dagmars.

Beginn der Frauengeschichte: Die mächtigen Frauen der Ottonen

Immerhin, die FrauenOrte sind nicht untergebuttert worden. Dies war möglich, weil das Projekt von Beginn an regional geprägt war und nicht von oben herab diktiert wurde. Und so können sich die Besucherinnen und Besucher mit der Ausstellung ein Bild von den großartigen Frauen der letzten 1000 Jahre, die unsere Region und unser Bundesland prägten, machen. Wußten Sie, dass die auflagenstärkste Autorin Deuschlands einen eigenen FrauenOrt hat? Wußten Sie zudem, dass der älteste noch bestehende Kindergarten in Sachsen-Anhalt liegt und ein eigener FrauenOrt ist? Auch bezeugen Projektstandorte die zunehmende Mitwirkung von Frauen an der politischen Entwicklung als Wählerinnen und Abgeordnete, obwohl heute immer noch nicht die Hälfte der Parlamentssitze von Frauen besetzt sind. Im Stadtrat von Halle sind es nur gut ein Drittel. Da gibt es also noch viel zu tun. Tafeln vor Ort geben auch Auskunft über die NS-Zeit, in der Frauen Opfer waren, aber zugleich auch Täterinnen.

Wohin gehen aber die FrauenOrte als Projekt? Hier soll der Schwerpunkt in Zukunft mehr auf den Tourismus ausgerichtet werden, ähnlich der Straße der Romanik.

ToK, Fotos: ToK

 

 

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