„Hurra, ein Straßenmusikant, zwar virtuos doch unbekannt“
3. Dezember 2014 | Kultur | 2 KommentareDie Vereinigung Hallescher Künstler, allen voran Kurt Wünsch, hatte sie am Montag Abend eingeladen – einige der Halleschen Straßenmusikanten aus Rumänien, Russland, Deutschland.
Die Vorbereitung war mit Verständigungsschwierigkeiten durchsetzt. Ob alle kommen würden, war so klar nicht. Aber es kamen noch mehr. Und die Besucher der gut gefüllten Ulrichskirche waren begeistert. Ein buntes Völkchen kam da auf die Bühne und spielte eine Musik voller Lebensfreude, voller Virtuosität und verschiedener Klangfarben. Den Instrumenten sah man ihren Verwendungszweck an, die stehen nicht im Schrank. Und Straßenmusikanten sind keine Trauerklöse, sie hatten sichtlich Freude daran auf einer Bühne zu stehen. Die meisten kamen aus Rumänien und konnten doch musikalisch unterschiedlicher nicht sein. Sie haben keine Namen, aber Kurt Wünsch hat ihnen welche gegeben: Die „Adler“ oder das „Trio Lorenzo“. Zwischendurch stellte Wünsch Fragen an die Musiker. Zum Beispiel an den russischen Gitarristen und Sänger: „Was halten Sie von Putin?“ Lakonische Antwort: „Ich bemühe mich, nicht an ihn zu denken.“ Matthias Reisner aus Deutschland kam gar mit Frau und Kindern. Und die Jüngsten haben sehr wohl schon verstanden, daß man mit Musik sein Taschengeld ein wenig aufbessern kann.
Ein junger Akkordeonist war nur auf der Durchreise und zufällig hier, wollte aber unbedingt spielen. Und er tat es mit viel Gefühl und Können. Seinen Namen haben wir nicht erfahren. Viele der Musiker wollen in Halle bleiben, weil Stadt und Menschen ihnen gefallen.
Üze Oldenburg aus Flensburg, der auf den Straßen von Sizilien bis zum Nordcap unterwegs war und ist, beschrieb, wie ein Straßenmusikant sein muß: Er muß zäh sein, ein dickes Fell und Humor haben. Er muß die Menschen lieben und mit ihnen reden wollen. Er sollte sich nichts gefallen lassen und die Faszination der Straße in sich aufnehmen; der Straße als anarchistisches Terrain, als Angstort des Biedermanns.
Oldenburg sang mit seiner rauchigen Stimme ein Lied über einen Eisengießer – wer traut sich das heute noch?
Kurt Wünsch sagt nach dem Ende des Abends: „Ich war sehr zufrieden damit, ich hätte nicht erwartet, daß so viele Besucher kommen und ich habe auch nicht eine so grandiose Musikalität erwartet.“
Die Musiker gehen wieder auf die Straße, die Temperaturen sinken, der Winter ist für sie ein besonders hartes Pflaster.
Der Abend war wirklich ein Ereignis und hätte noch viel mehr Zuschauer verdient.
Ein Dank an die Stadt Halle, die den Abend durch die kostenfreie Nutzung der Ulrichskirche und auch finanziell sehr unterstützt hat.
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Wie muss ich mir das vorstellen? Waren da auch die „besseren Bettler“, die man täglich in den Straßen die gleichen stupide runtergeleierten und teilweise völlig verhunzten Lieder spielen hört, als wären sie Maschinen, die nach „Schema F“ Tasten drücken? Und für solche geben Leute auf einmal Geld aus, weil sie auf einer Konzertbühne stehen? (OK, ich gestehe ein, dass es gute Straßenmusiker gibt, nicht nur „bessere Bettler“, und die verdienen auch jeden Respekt)
Phantastische Idee. Ich bedaure es, dass ich keine Zeit hatte.
Und Hochachtung vor dem Organisator Wünsch!