„Halt, hier Grenze!“: Was Magdeburg und Halle unter Karl dem Großen einst verband

30. Oktober 2019 | Kultur | Keine Kommentare

Ausgrabungen in dem beschaulichen Ort Biederitz bei Magdeburg lieferten jetzt einen sensationellen Befund:
Auf einem in die Elbe hineinreichenden Geländesporn wurde ein Ausschnitt eines karolingerzeitlichen Kastells aufgedeckt. In den südfranzösischen Klöstern Moissac und Aniane befindliche Abschriften einer karolingischen Chronik bezeichnen die Lage des Militärkastells als »ad aquilonem partem Albie contra Magadaburg« (im nördlich gelegenen Teil der Elbe gegenüber von Magdeburg). Die Anlage wurde an der Ostgrenze des Fränkischen Reichs errichtet – unmittelbar nach Beendigung der sich über mehr als 30 Jahre hinziehenden Sachsenkriege (772–805 n. Chr.). Im Magdeburger Raum wurde dadurch der östliche Saum des sächsischen Siedlungsgebietes zur Reichsgrenze gegenüber den Slawen festgelegt.

Grenzkontrolle gegen Waffenschmuggel

Bereits im Dezember des Jahres 805 verordnete Karl der Große im sogenannten Diedenhofer Kapitular, dass in Magdeburg und anderen Grenzorten die Kaufleute, die mit Slawen und Awaren Handel trieben, kontrolliert werden sollten, um eine Waffenausfuhr zu verhindern.
Die Lage der Ausgrabungsstätte in Biederitz stimmt mit den Angaben aus der schriftlichen Überlieferung zur Lage des Grenzkastells gegenüber von Magdeburg überein. Weitere Indizien sprechen für eine Identifikation mit dem erwähnten Kastell. So wurde ein Wall-Graben-System einer Befestigungsanlage aus der Zeit um 800 dokumentiert. Es handelt sich um zwei Wälle mit jeweils vorgelagertem Graben. Der innere Graben ist 13 Meter breit und 3,5 Meter tief, der äußere ist 5 Meter breit und 1,5 Meter tief. Aus vergleichbaren karolingischen Anlagen sind ganz ähnliche Befestigungswerke bekannt. Das Fundmaterial des inneren Grabens zeigt ein hohes Aufkommen an Holzkohle, Tierknochen und wenigen Keramikfragmenten. Der äußere Graben erscheint dagegen homogener und trägt weniger Fundmaterial.

Im Vorfeld dieser Befestigungsanlage wurden Reste von zwei Grubenhäusern erfasst, die, neben Spinnwirteln, einem Knochenpfriem und Backtellerfragmenten, vorwiegend unverziertes Keramikmaterial des 8./9. Jahrhunderts n. Chr. beinhalteten. Bisher noch fraglich in der Datierung bleibt ein Pferdeskelett über dem vermutlichen Grabenkopf des äußeren kleinen Grabens.
Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es in der Forschung bereits etliche Vorschläge zur Identifikation des karolingischen Gegenkastells von Magdeburg gegeben hat.
Sie sind aber aus topografischer sowie chronologischer Sicht und/oder aufgrund zu großer Distanzen zur in den Quellen beschriebenen Lage eher unwahrscheinlich.

Und Halle?

Magdeburg ist demnach Halle einen Schritt voraus. Denn auch in Halle soll laut Quellen ein ebensolches Karolingisches Kastell gelegen haben: „in orientalem partem Sala, ad locum qui vocatur Halla“ (auf dem Ostufer der Saale, an dem Ort, der sich Halla nennt“. Wo sich das Hallesche Kastell befunden hat, gilt als nicht gesichert, Grabungen haben bislang nichts zu Tage gefördert. Man vermutet die Anlage auf dem Gelände der Marktkirche, im Giebichenstein oder auf dem Domplatzgelände.

 

Quelle und Bilder: LDA/LSA

Print Friendly, PDF & Email

Kommentar schreiben