Einladung in das 18. Jahrhundert: Ausstellungsrundgang in den Franckeschen Stiftungen

2. Februar 2022 | Kultur, Veranstaltungen | Keine Kommentare

Am 6. und 9. Februar lädt die Kuratorin der Ausstellung »Einladung in das 18. Jahrhundert. Bücherwelten digital erleben« im Historischen Waisenhaus, Dr. Brigitte Klosterberg, dazu ein, einen Einblick in die Bücherwelten des 18. Jahrhunderts zu gewinnen und das nationale Projekt VD 18 genauer kennenzulernen.

So sollen alle in der Zeit zwischen 1701 und 1800 im deutschen Sprachraum oder in deutscher Sprache erschienenen Drucke im Rahmen des Projekts katalogisiert und digitalisiert werden.

Im Mittelpunkt des Rundgangs steht die digitale Präsentation der Arbeitsschritte, mit der ein Buch ins WWW eingepflegt wird. Den vielen Menschen, die daran beteiligt sind, wird gewissermaßen über die Schultern geschaut: den RestauratorInnen, den MagazinerInnen, den KatalogisiererInnen, den ScanoperatorInnen, oder den IT-Kräften, die für die Langzeitarchivierung der Digitalisate sorgen.

Der Ausstellungsrundgang wird außerdem auch einen Blick in die wissenschaftliche und private Bücherwelt des 18. Jahrhunderts erlauben. VertreterInnen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen stellen in den Ausstellungsräumen ein für ihre heutige Arbeit wichtiges oder interessantes Buch mit einem kurzen Begleittext vor. Auf diese Weise sind von Immanuel Kants »Kritik der praktischen Vernunft« bis zur »Abhandlung von dem Nutzen der Electricität in der Arzneywissenschaft« bekannte und manche in Vergessenheit geratene Bücher aus den verschiedenen Wissensdisziplinen der Zeit vertreten. Schlaglichtartig werden auch die Bücher präsentiert, die sehr gerne gelesen wurden: von der protestantischen Erbauungsliteratur über Klassiker der Kinder- und Jugend- sowie der schönen Literatur bis hin zu prächtig gestalteten Werken zur Naturgeschichte. Einen weiteren Schwerpunkt bilden Bücher aus und über Halle, einem der wichtigsten Verlagsstandorte im 18. Jahrhundert.

Das 18. Jahrhundert markiert in der Geschichte des Buches eine besondere Zeit. Die Buchproduktion steigerte sich ab 1770 signifikant von ca. 1.800 Neuerscheinungen jährlich auf über 4.000 am Ende des 18. Jahrhunderts. Gelehrte Journale und Zeitschriften intensivierten den Wissensaustausch, Enzyklopädien bereiteten Informationen übersichtlich auf, Entdeckungen und die Erforschung der Natur führten zu einem Zuwachs an Wissen bis hin zur Entwicklung neuer wissenschaftlicher Disziplinen. Durch die Schul- und Unterrichtspflicht und die damit einhergehende Lese- und Schreibfähigkeit nahmen mehr Personen als zuvor ein Buch in die Hand, nicht nur die Bibel oder ein Gesangbuch, sondern auch Zeitschriften, Romane, Erziehungsratgeber, Lexika und anschaulich illustrierte Werke aller Wissensgebiete. Der Buchmarkt passte sich den Lesewünschen an: Während die schöne Literatur um 1745 lediglich einen Anteil von 6,4% an der Gesamtproduktion erzielte, nahm sie um 1800 mit 27,3% eine Spitzenstellung unter den Novitäten ein. Dieser Leserevolution fühlten sich viele Zeitgenossen hilflos ausgeliefert und fürchteten die schlimmen Folgen der »Lesewut« für die Jugend, der nur mit pädagogischer Lenkung zu begegnen sei – eine Parallele zu heutigen Diskursen um den unlimitierten Medienkonsum.

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