Haushalt – ein gordischer Knoten?

28. November 2019 | Nachrichten, Politik | 2 Kommentare

Zu Beginn der langen Sitzung überreicht die Vorsitzende, Frau Müller, dem wieder gewählten Oberbürgermeister die Berufungsurkunde für die nächsten 7 Jahre. Die Fraktionen gratulieren artig.
Dann wird mit 24 zu 19 Stimmen eine aktuelle Stunde zum Thema Haushalt auf die Tagesordnung gehoben. Richtig verärgert ist Bodo Meerheim, der sich große Sorgen macht, da Bund und Land in der Pflicht seien, der Kommune zu helfen, dies der OB aber bisher nicht eingefordert habe. Das wiederum weist der OB zurück und bittet seinen Beigeordneten Herrn Geier den Haushalt vorzustellen. In einer aktuellen Stunde hat jeder Redner nur 5 Minuten Redezeit. Und Geier schafft es tatsächlich, den 1200 Seiten umfassenden Haushalt in seinen Eckpunkten zu präsentieren. Dann beginnt eine Diskussion, die schwer nachzuvollziehen ist. Der eine beklagt den Umgang von Rat und Verwaltung miteinander. Hat denn das Landesverwaltungsamt den Halleschen Entwurf nun abgelehnt oder nur Hinweise erteilt? Warum sei der OB so unfair? Die AFD wirft der Linken Konzeptlosigkeit vor. 1200 Seiten muss man erstmal gründlich lesen können. Ein anderer fordert mehr Humor ein und hat selber keinen. – Im Grunde geht es um die Frage, in welchem Zeitraum die Stadt Halle ihre Schulden abbauen will (30 – 20 – 15 Jahre) und wie sie das erreichen kann. Ganz aus eigener Kraft kaum. Deshalb fordert der OB die Fraktionen des Rates über ihre Abgeordneten im Land zur Unterstützung auf und bittet darum, nicht jedem Hinweis des Landesverwaltungsamtes 1:1 zu folgen, sondern sich für die Stadt einzusetzen. Außerdem könnten die Arbeitsgruppen die Vorschläge der Verwaltung durchaus noch modifizieren.
Die ganze Debatte, das Hin und Her, die gegenseitigen Schuldzuweisungen erinnern sehr an den gordischen Knoten (die Verschuldung der Kommunen deutschlandweit könnte ein solcher sein). Alexander hat ihn bekanntlich mit dem Schwert zerhackt und nicht mit seinen Offizieren darüber diskutiert. Wir sind offenbar noch in der Diskussionsphase. Aber gelöst werden muss er.

In späteren Tagesordnungspunkten ging es dann noch um steigende Kosten bei der Hilfe zur Erziehung. Um einen 24-Stunden-Dienst des Ordnungsamtes, woran aber die Verwaltung bereits arbeitet. Um eine mobile Fahrradabstellanlage, die z.B. Vom Bahnhof zum Laternenfest transportiert werden kann. – Um nur einiges zu nennen.
Die Stadtratssitzungen sind übrigens ab sofort nicht mehr über Halle TV live zu erleben, sondern über halle.de. Die Bildqualität ist schlecht, aber der Ton stimmt.

Streit mit der AFD gab es dann natürlich auch noch. SPD, Linke, Hauptsache Halle, Grüne, Mitbürger und Die Partei brachten eine Resolution ein: „Wir sind weltoffen, vielfältig und international“. Dazu hatte die AFD einen Änderungsantrag gestellt, ihnen gehe die Resolution nicht weit genug, der Mörder vom 9. Oktober sein kein Rechtsextremer, sondern ein Antisemit, und man müsse auch den Antisemitismus der Islamisten und Zugewanderten einbeziehen. Herr Raue sprach von „schicksalhafter Notwendigkeit“, Halle sei keine internationale Stadt sondern eine deutsche.
Nachdem ein Abbruch der Debatte die Mehrheit fand, legte Raue mit einer persönlichen Erklärung nach, in der er Beispiele für linken und grünen Antisemitismus genüßlich referierte. Einige Abgeordente verließen den Saal.
Hier konnte man die radikal verkürzende Demagogie der AFD mal live erleben. Mit Fremdenhass gegen Fremdenhass. Der deutsche Michel tritt immer nach unten.

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