Familiennamen schreiben Handwerksgeschichte

24. März 2016 | Nachrichten | 7 Kommentare
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Der Gürtler. Aus: Jost Amman, Hans Sachs, „Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden“, Frankfurt 1568

Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, woher Ihr Familienname stammt? Nachnamen waren im Deutschland lange Zeit keine Selbstverständlichkeit; zur Identifikation einer Person reichten bis weit in das 12. Jahrhundert hinein die Vornamen aus. Erst in den Ballungsgebieten wurde die Angelegenheit langsam unübersichtlich, und so erhielten die Josefs, Peters und Michels Zusatzbezeichnungen, die meistens weitervererbt wurden. Die so entstandenen Familiennamen sind ein wichtiger Teil der Kulturgeschichte. Viele Familiennamen sind Herkunftsbezeichnungen, sie bezeichnen Orte, wo der Angesprochene ursprünglich her stammt. Aber auch körperliche Merkmale wurden herangezogen, um Personen zu identifizieren – Klein, Groß, Rot. Besonders in Niederdeutschland erhielten die Kinder auch den Vornamen des Vaters – Johannsen, Peterson, Behrendsen. Besonders häufig aber waren Handwerksbezeichnungen.

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Der Messerschmidt. Aus: Jost Amman, Hans Sachs, „Eygentliche Beschreibung aller Stände auff Erden“, Frankfurt 1568

Oft schlummern in den Familiennamen noch Bezeichnungen von Handwerksgattungen, die heute ausgestorben sind, so etwa Leyendecker (Schieferdecker) , Messerschmidt oder Faßbinder. In der Handwerkskammer Halle hat man sich den Spaß gemacht, einmal die Familiennamen all derer zu untersuchen, die als Selbstständige in ihrer Kammer registriert sind: Bei rund sieben Prozent der selbständigen Handwerker im Süden Sachsen-Anhalts ist der Name Programm“, so Martin Löwe, Pressesprecher der Kammer. „Sie arbeiten nicht nur als Handwerker, sondern tragen auch einen „handwerklichen“ Namen. Am häufigsten vertreten sind die Namen „Müller“ (142 Mal) vor „Schmidt/Schmitt“ (128) und „Schneider“ (51). Das ergab eine Auswertung der Handwerksrolle der Handwerkskammer Halle. „Zehn Träger des Namens „Schmidt“ sind derzeit Inhaber oder handwerklicher Betriebsleiter in einem Metallbauunternehmen. Zudem gibt es einen Zimmermann namens Zimmerer, sowie einen Fleischer und eine Schneiderin, bei denen Namen und Beruf übereinstimmen. „Als die Familienamen aufkamen, war der ehrenbare Handwerksberuf oft auch gleich namensgebend. Damit hat das Handwerk, wie bei vielen anderen Dingen auch, unsere Kultur geprägt“, erläutert Handwerkskammerpräsident Thomas Keindorf: „In den Nachnamen der hiesigen Handwerker finden sich auch hierzulande eher unbekannte Berufsbezeichnungen, wie beispielsweise der Spengler, der in Teilen Süddeutschlands, in der Schweiz und Österreich dem hiesigen >Klempner< entspricht.“ Dieser Familienname ist im Kammerbezirk Halle noch dreimal vertreten.
Übrigens: ein Klempner ist der Spezialist für die Bearbeitung von Blechen zu Bauteilen, zum Beispiel auf Hausdächern. Landläufig wird in Mitteldeutschland fälschlicherweise auch der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik mit dieser Berufsbezeichnung versehen, da beide auf die gleichen Wurzeln zurückgreifen.

(Red, mit Material der Handwerkskammer Halle)

 

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