Weizenkeinöl und Russisch Brot: mit Aldi durch die Krise

25. März 2022 | Glosse | 4 Kommentare

Um sich über die weltpolitische Lage wie auch die der der Nation zu informieren, empfehlen Kenner nicht etwa einen Blick in die täglichen Gazetten und politischen Feuillettons. Einen zuverlässigeren Überblick bietet ein Besuch bei  ALDI.

Wir erinnern uns doch gerne an den Beginn der Corona-Pandemie vor zwei Jahren: als Nudel-und Pastaprodukte eben so schnell von Hamstersportlern aus den Regalen gefegt wurden wie das berühmte Klopapier.  Wie dehnbar der Begriff der haushaltsüblichen Abgabemenge ist, erfuhren die zu spät gekommenen, wenn sie nur noch die Rücklichter des gegnerischen Klopapier gefüllten Familien-SUV gen Saalekreis davon brausen sahen.

Auch die Entspannung im vergangenen Sommer kündigte sich zuerst in den Ramschkörben des Billigversorgers an: erst waren es die FFP2-Masken, wenige Monate zuvor nur in Apotheken zu Mondpreisen angeboten, die sich plötzlich in Familiengroßpackungen zwischen der üblichen Saison- und Sonderpostenware wiederfanden. Leuchtende Aufkleber markierten den geradezu täglichen Preisverfall, kurz darauf stürzten die Preise für Corona-Schnelltests im freien Fall hinterher, bis sich das Volk der täglichen Nasebohrer bald wöchentlich mit neuen Produktlinien fernöstlicher Heimlaborausstattung eindecken konnte.

Als am 24. Februar 2022 schließlich das neue Zeitalter über Europa hereinbrach, überfielen die alten Geister wieder die deutschen Supermärkte. Plötzlich entsannen sich deutsche Hausväter der Unverzichtbarkeit des Sonnenblumenöls und räumten ab. Nachdem sie die Nachschublinien im erfolgreichen Blitzkrieg zum Einsturz gebracht hatten, machten sich die Verbände über Pasta und Weizenmehl her – hier konnten sie auf die bereits vor zwei Jahren erprobten Kampftechniken zurück greifen. Allenfalls Vollkornprodukte, Dinkel und der Unverwertbarkeit Verdächtiges (Traubenkernöl Extra Vergine) scheinen noch wie ein magerer Fels dem Fettsturm zu trotzen: wie lange noch?

Doch der Vorwurf der Hamsterei greift zu kurz: gibt es doch so viele Rezepte, die man endlich einmal ausprobieren möchte:  haben Sie schon einmal, liebe Leser, einen Mehl-Ölteig probiert? Jetzt ganz ohne Quark: das Zeug geht runter wie Öl, auch wenn der Gasherd kalt bleiben muss. Und Spaghetti Olio sin Alio, kalt gesotten: unbedingt probieren. Vielleicht ist ja noch Klopapier „für danach“ vom vorletzten Sommer da.

Russisch Brot

Aldi wäre nicht Aldi, würde die Kette nicht immer den Zeitgeist mit einer speziellen Saisonware treffen: diese Woche im Angebot, gleich im Eingangsbereich, gesehen bei Aldi-Nord in Kröllwitz: körbeweise „Russisch Brot“.

Einen Bruch des Embargos, das sei voran geschickt, wird man dem Diskounter, der sich sonst kaum um Gewinnmöglicheiten drücken dürfte, nicht vorwerfen. Das nach einem Traditionsrezept hergestellte, muffig riechende Trockengebäck stellt die Hartmut Quendt GmbH in Dresden her, Rechtsnachfolger der einstigen VEB Dauerbackwaren.

Ostfont-Romatiker vermissen in dem tiefbraunen sächsischen Zeichensatz, so er denn nicht vollkommen zerkrümelt aus der Tüte kommt, allerdings jeglichen kyrillischen Buchstaben.

Die Typo-Kulinariker der Spektrum – Redaktion  mussten sich jedenfalls ziemlich „einen abbrechen“, um dem krümeligen QR-Code (Quendt Russian Cakes) sinnvolle Botschaften zu entlocken.  Die Ergebnisse  sollen unseren Lesern nicht vorenthalten bleiben.

 

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