Vom stattlichen Baum zum läppischen Bodenkriecher

23. Dezember 2019 | Bildung und Wissenschaft | 3 Kommentare

Die ältesten Vertreter der gesuchten Sporenpflanze sind seit dem Silur (440 Mio Jahre) bekannt. Einige baumartige Vertreter gehörten zu den wichtigsten Bildnern der Steinkohlenwälder des Karbons (345 Mio Jahre). Im Karbon hatten sie ihre größte Vielfalt, besonders unter den Schuppenbäumen. Einige baumförmige Arten reichten noch ins Rotliegend (280 Mio Jahre). Seitdem gibt es aber nur mehr krautige Vertreter. Die sind zu ausdauernden Bodenkriechern mit moosartigen Blättchen „degeneriert“, zurückgedrängt von Klimaveränderungen und erfolgreicheren Pflanzen. Triebe wachsen zwischen 10 und 15 hoch und bilden Fruchtähren. Die immergrüne Heilpflanze blüht nicht. Sie wächst in subarktischen und gemäßigten Gebieten in offenen Wäldern, auf Wiesen und im Gebirge. In China und Osteuropa wird sie sogar angebaut. In Deutschland ist das Sammeln der Pflanze verboten. Sie steht unter Naturschutz und auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Pflanzen. Ihre kolbenartigen Fruchtstände produzieren ein feines gelbes Sporen-Pulver, das als Pflanzenextrakt zur Behandlung diverser Krankheiten verwendet wird. Die Sporenbehälter befinden sich zwischen den Blättern. Sie lassen sich durch Ausklopfen der Fruchtähren leicht extrahieren. Die Sporen können von August bis September geerntet werden. Der volkstümliche Name Hexenmehl ist darauf zurückzuführen, dass die Sporen bereits in mittelalterlichen Ritualen aufgrund ihrer leichten Entflammbarkeit ins Feuer geworfen wurden, wo sie mit pyrotechnischen Effekten wie Funkenflug, lautem Knallen und starker Rauchentwicklung verbrennen. Mit diesem Zauber konnte man enormen Eindruck machen. Bekannte volkstümliche Namen sind Wolfsranke, Gürtelkraut, Weingrün, Drudenfuß, Gichtmoos, Schlangenmoos, Hexenkraut und Teufelskralle. Die pelzige äußere Erscheinung der Stängelspitzen mit den feinen Härchen erinnert viele Menschen an Pelztierpfoten und wirkte sich auf die Namensgebung aus.
Unsere Pflanze wird als Heilpflanze verwendet. Sie ist in der alternativen Medizin wegen der großen Wirkpalette eines der sogenannten „großen Mittel“, da sie neben Leber-, Galle-, Harnwegs-, Nieren- und Hauterkrankungen auch bei depressiven Verstimmungen eingesetzt wird. Die krautigen Pflanzenteile sollten wegen ihrer Giftigkeit gemieden werden. Äußerlich wirkt das Sporen-Pulver entzündungshemmend bei verschiedenen Hautkrankheiten. Innerlich hilft es gegen alle Erkrankungen des Harnapparates, da es die Urinausscheidung angeregt und den Körper gleichzeitig von allerlei unerwünschten Schadstoffen befreit.
Dinos wüssten schon längst, von welcher Pflanze die Rede ist.
(H.J. Ferenz)

Auflösung der letzten Wochenpflanze („So eine blöde Gans..“):  Beifuß, Artemisia vulgaris.

Richtig, Gork vom Ork, „bei Fuß !“ lautet der Hundebefehl, und den Beifuß als Gewürzpfanze suchten wir.  Der böse Doppelgänger ist aber nicht die Beifußblättrige Ambrosia, denn die ist nicht bitter, sondern wird sogar als aromatisch beschrieben. Was die Beifußblättrige Ambrosia als Neophyt so problematisch macht, ist ihr hohes Allergie auslösendes Potential, das von den Pollen ausgeht. Richtig, @rellah: der gallebittere Doppelgänger des Beifuss ist der Wermut (Artemisia absinthium), dem wir schon einmal ein Kapitel gewidmet hatten. Man kann Wermut vom Beifuß unterscheiden: Wermut ist vom Erscheinungsbild hellgrau-grünlich, was an dem feinen Haarfilz liegt, der Stängel und Blätter bedeckt. Beifuss hat an der Oberseite dunkelgrüne, an der Blattunterseite hellgraue Blätter, und die Stängel sind in der Regel rötlich gefärbt.

 

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