Uni Halle erhält Millionenförderung für geisteswissenschaftliche Graduiertenschulen

22. November 2017 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Zwei neue internationale geisteswissenschaftliche Graduiertenschulen fördern zukünftig den wissenschaftlichen Nachwuchs an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU): „Techniken der Zukunftsherstellung“ und „Verbindlichkeit von Normen der Vergesellschaftung“. Beide untersuchen, wie Menschen ihre Gesellschaft gestalten, wie sie auf Krisen reagieren und wie Ideen oder Normen aus einem Land in ein anderes übernommen werden. Dafür stellt das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung des Landes Sachsen-Anhalt für drei Jahre rund 1,5 Millionen Euro zur Verfügung.

Die beiden Graduiertenschulen knüpfen inhaltlich an die geisteswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte „Gesellschaft und Kultur in Bewegung“ und „Aufklärung – Religion – Wissen“ der MLU an. Insgesamt werden 20 Promotionsstellen mit den Landesmitteln finanziert. „Wir freuen uns sehr, dass die Geisteswissenschaften unterstützt werden. Das ermöglicht der Universität, die Internationalisierung der Doktorandenausbildung in diesen Bereichen weiter auszubauen und die Arbeit der beiden geisteswissenschaftlichen Forschungsschwerpunkte noch stärker zu verzahnen“, sagt Prof. Dr. Michael Bron, Prorektor für Forschung und wissenschaftlichen Nachwuchs der MLU.

Die Graduiertenschule „Techniken der Zukunftsherstellung“ geht der Fragestellung nach, wie Menschen ihre Zukunft gestalten. „Menschen nutzen dafür beispielsweise Pläne, erstellen Prognosen oder werten Indikatoren zur Gewinnerwartung aus. In der Graduiertenschule wird unter anderem untersucht, wie diese Techniken in verschiedenen sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhängen angewendet werden“, sagt Prof. Dr. Matthias Kaufmann vom Seminar für Philosophie, der die Graduiertenschule mit Prof. Dr. Reinhold Sackmann vom Institut für Soziologie leitet. Außerdem wird erforscht, ob und wie bestimmte Techniken im Zuge der Globalisierung zwischen verschiedenen Teilen der Welt zirkulieren. Ein Beispiel hierfür bieten Rechtsordnungen, die in einem Land verabschiedet und in einem anderen Land später oft in angepasster Form übernommen werden. Die Promotionsvorhaben sollen die Zusammenhänge untersuchen, wie Menschen aus Vergangenem lernen, Gegenwärtiges gestalten und Innovationen für die Zukunft entwickeln.

Die zweite Graduiertenschule „Verbindlichkeit und Normen der Vergesellschaftung“ nimmt in den Blick, wie Gesellschaften gemeinsame verbindliche Werte und Normen festlegen. Dabei geht es auch um mögliche Konflikte zwischen weltlichen und religiösen Normen. So führte beispielsweise der hallesche Philosophieprofessor Christian Wolff im 18. Jahrhundert den Begriff der Verbindlichkeit in die philosophische Diskussion ein. Die Beziehung von göttlichem, weltlichem und natürlichem Gesetz war das Thema der damaligen Debatte. In der Graduiertenschule stehen verschiedene Forschungsfragen im Fokus: Welche Autoritäten werden herangezogen, um die Anerkennung der Werte und Normen zu gewährleisten? Welche Regeln oder Gesetze werden überhaupt explizit formuliert und welche stillschweigend vorausgesetzt? „Die Forschungsarbeiten setzen sich auch damit auseinander, welche gesellschaftlichen Ideale diese Normen und Werte ausdrücken und auf welche kulturellen, sozialen oder anderen Konflikte und Krisen sie reagieren“, sagt Historiker Prof. Dr. Andreas Pečar, der die Graduiertenschule mit dem Philosophen Prof. Dr. Heiner F. Klemme leitet. Das Ziel der Graduiertenschule ist, die Verständigung über verbindliche Normen kultur- und epochenübergreifend zu untersuchen.

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