Tullners Blendwerk
13. Juni 2017 | Bildung und Wissenschaft | 28 KommentareDie Lage im Bildungswesen wird immer schlimmer. Die ersten Schulen schließen bereits wg. Lehrermangel für einige Tage (Wittenberg). Die Lehrer/innen gehen kurz vor Schuljahresende „auf dem Zahnfleisch“. Der Krankenstand ist hoch. Immer mehr bürokratische und pädagogische Aufgaben aber werden auf die Schulen abgewälzt. Wie soll es weiter gehen? Der Bildungsminister ist abgetaucht und oder äußert sich zu Dingen, die nicht Bildung sind. Zum neuen Trend in der Bildungspolitik äußert sich jetzt die Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt:
Zu der Ankündigung von Bildungsminister Marco Tullner, zum kommenden Schuljahr die Unterrichtsversorgung spürbar zu verbessern und erstmals seit Jahren wieder mehr Lehrer in die Schulen zu schicken, erklärt der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Lippmann:
„Mit der viel zu geringen Zahl von nur 350 Neueinstellungen zum neuen Schuljahr wird der Minister sein Versprechen einer Verbesserung der Unterrichtssituation an den allgemeinbildenden Schulen im Lande nicht erfüllen und letztlich wie der Kaiser mit seinen neuen Kleidern dastehen, die nichts als eingebildetes Blendwerk waren.
Bereits im letzten Schuljahr war die Schülerzahl um etwa 2.500 Schüler gestiegen, ohne dass sich die Zahl der Lehrkräfte im Unterricht erhöht hat. Das hat zu einem Absinken der Unterrichtsversorgung von vorher 100,9 Prozent auf nur noch 99,5 Prozent geführt.
Das gleiche Szenario ist für das kommende Schuljahr vorgezeichnet. Erneut ist mit einem Schüleraufwuchs von 2.500 Mehrschülern zu rechnen und erneut wird die Zahl der Lehrkräfte im Unterricht nicht steigen. Denn weiterhin scheiden mehr Lehrkräfte aus dem Schuldienst aus oder stehen zumindest vorrübergehend nicht zur Verfügung, als durch die geplanten Neueinstellungen ersetzt werden. Selbst durch den radikalen Zugriff auf die in Ausbildung befindlichen Referendare wird dieser Aderlass nicht kompensiert werden.
Das reale Arbeitsvermögen in den Schulen wird somit im kommenden Schuljahr voraussichtlich den niedrigsten Wert seit dem Bestehen des Landes erreichen, was die tatsächliche Unterrichtsversorgung unter die Marke von 97 Prozent drücken wird. Das wird zu noch mehr Unterrichtsausfall und tageweisen Schulschließungen führen. Von einem Stopp beim weiteren Bildungsabbau in unseren Schulen kann also nach wie vor keine Rede sein. Im Gegenteil, das Gerede von Effizienzsteigerung, Arbeitszeitverlängerung und Mehrarbeit zeigt, dass die Landesregierung den Unterricht mit immer weniger Leuten organisieren will und sich gar nicht bemüht, den Lehrereinsatz in den Schulen zu erhöhen.
Die Leistung des Ministers besteht also keineswegs darin, die Situation in den Schulen zu verbessern. Er wird den fortschreitenden Lehrermangel nicht bekämpfen. Vielmehr konzentriert er sich mit seinen Mitarbeitern darauf, den Mangel zu vertuschen, die Unterrichtsversorgung in der Öffentlichkeit schönzurechnen und sich hinter den Vorgaben des Landeshaushaltes, dem er selbst zugestimmt hat, zu verstecken.
Die vom Bildungsministerium präsentierten Zahlen über die geplanten Neueinstellungen, die im Personalbestand geführten Lehrkräfte und die rein rechnerische Unterrichtsversorgung haben für die Arbeit in den Schulen keinerlei Bedeutung. Sie werden gezielt ausgewählt, während weitere zentrale Angaben bewusst verschwiegen werden, um die Öffentlichkeit über die wahre Situation in den Schulen und die Untätigkeit des Ministeriums zu täuschen. Sachsen-Anhalt hatte noch nie einen Schulminister, der sich weniger ambitioniert für seine Schulen eingesetzt und ihnen derart den Rücken zugekehrt hat.“
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Zwei Wochen vor Beginn des neuen Schuljahres steht nur eines fest: Es gibt diesmal keine Pressekonferenz zur Unterichtsversorgung, denn lt. gemeinsamer Erklärung des Bildungsministers und des Landesschulamtes könnten sie zurzeit keine „validen Aussagen“ treffen. Erst nach Schulbeginn gäbe es „zuverlässige Zahlen“ (Quelle: MZ vom heutigen Tag).
Eine gute ehrliche Haltung: Man legt zuerst die Hände in den Schoß und schaut sich intetessiert an, wie das Kind in den Brunnen fällt. Erst dann fängt man an, sich zu überlegen, wie dem Kind geholfen werden kann. Dass das Kind dabei ertrinken kann, scheint den Bildungsminister und die neue Kompetenz im Landesschulamt nicht aus der Fassung zu bringen.
Wenn das nicht Regieren und Verwalten mit ruhiger Hand ist!
Wolfgang Eichler habe ich nur als Staatssekretär kennengelernt (mehrmals) und da ist er mir als seelenloser Technokrat begegnet, nicht imstande die Zahlen auf seinem Papier auch nur ansatzweise zu verstehen. A. Kehler war Abteilungsleiter im Kultusministerium. Er hatte mir schon in seiner Zeit vorher (kaltgestellt in Nds.) geholfen, eine demokratische Erneuerung der Hochschulen politisch zu formulieren und für die Diskussion mit der SPD-Landtagsfraktion aufzubereiten. Ich habe von ihm da sehr viel gelernt. Reck hatte sich damals offiziell zurückgehalten und seiner Landtagsfraktion freie Hand gelassen, was sehr spannend war.
Um so enttäuschter war ich dann von dem ehemals sehr linken, und im Westen kaltgestellten alt 68er A. Kehler wie er sich als Büroleiter in S.-A, aufführte.
Wolfgang Eichler war – wenn ich mich recht erinnere – schon vorher da. Ich habe ihn durchaus geschätzt. Derjenige, der in Sachen Kulturpolitik großartiges geleistet hatte, war Staatssekretär Bodo Richter. Nach einer gewissen Zeit verband mich mit ihm eine gewisse Freundschaft, leider schied er viel zu früh krankheitsbedingt aus. Bodo Richters Einsatz verdanken wir unter anderem die Himmelsscheibe, und darüber hinaus Vieles mehr.
na politisch war er jedenfalls voll auf der neoliberalen Schiene. Erstaunlich aber im Ministerium hatte ich da immer mit SPD-Leuten zu tun. ( Eichler, Andreas Kehler).
witzigerweise habe ich meine Diplomarbeit in der Physik am Schreibtisch von Eichler geschrieben, der da ja schon in die Politik gegangen war.
Aber mit Harms direkt hatte ich nie zu tun. Nur mit seinen Untergebenen.
Fractus schrieb: „Harms, um Gottes Willen, er war klassischer Seeheimer“
Ich wußte gar nicht, dass die Grünen auch einen Seeheimer Kreis hatten.
Harms, um Gottes Willen, er war klassischer Seeheimer und hat die guten Sachen von Reck kaputt gemacht. Davon hatte dann Olbertz profitiert, der im Kultusministerium nur noch verbrannte Erde vorfand und so durchstarten konnte.
Ich erinnere mich noch an das erste Gespräch im Kultusministerium nach Harms Inthronisierung als einer der offiziellen Vertreter sachsen-anhaltinischer Studierenden. Es lief darauf hinaus, dass es offiziell kein Interesse an irgendwelchen Inhalten gab, wir uns aber gerne über irgendwelche faulen Professoren beschweren dürfen. Danach hat der cholerische und autistische Staatssekretär Eichler dreimal hintereinander versucht, eine Studiengebührenverordnung im offenen Widerspruch zum geltenden Hochschulgesetz zu erlassen. Er ist damit jedesmal auf Initiative von Frau Sitte (in unserem Auftrag) am parlamentarischen Gesetzgebungs- und Beratungsdienst gescheitert. Politisch für das Desaster war aber Harms verantwortlich.
Er twittert luja. „Luja twitter ich, meinor.“
Was macht er da? „´luja“ singen?
Wolke 7 ? Da scheint er jetzt schon zu schweben.
Wolkenpanther Riosal
Ich frage mich, wann es Quereinsteiger in der Medizin gibt? Kurz erklären wie Scalptel, Nadel und Faden funktionieren und die lage der Organe erklären und dann ran an den Speck.
Schlechte Pädagogik führt vor allem zu langfistigen Schäden. Bildung ist doch kein gesellsch. Übel welches notwendig „abgearbeitet“ werden muss.
Bildung ist immer die Investition in die Zukunft einer Gesellschaft! Die Zinsauszahlung erfolgt immer 1 bis 2 Generationen später, dann hat der verantwortliche Minister schon einen Platz in Wolke 7.
http://www.mdr.de/mediathek/radio/mdr-aktuell/index.html#
Podcast 8:08 Uhr und 8:11 Uhr
@redhall
Der war gut 🙂
MDR aktuell heute Beitrag, Sachsen will 1400 Lehrer einstellen.
GEW Sachsen gegen Seiteneinsteiger als Lehrer
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Sachsen sieht die Einstellung von Quereinsteigern als Lehrer äußerst kritisch. GEW-Landesvorsitzende Kruse sagte MDR Aktuell, darunter leide mit Sicherheit die Qualität an den Schulen. Bei so vielen Seiteneinsteigern sei es höchst unwahrscheinlich, dass das System keinen Schaden nehme. Sachsens Kultusministerin Kurth erklärte im MDR, der Freistaat könne nicht alle Stellen mit voll ausgebildeten Lehrern besetzen. Das gelte vor allem für Grund- und Oberschulen. – In Sachsen sollen zum neuen Schuljahr 1.400 Lehrer eingestellt werden. Bisher sind 860 Stellen besetzt. Unter den 2.800 Bewerbern sind allerdings nur 1.000 ausgebildete Lehrer.
Anschließend möchte man in Bayern den Überhang versuchen zu werben. Dürfte bei den Bedingungen in Sachsen eine ambitionierte Maßnahme sein.
Tullner ist unbestritten, der beste Bildungsminister, den S/A je hatte, vorher gab es nur Kultusminister. 😉
Doch. Harms.
also ich fand damals Karl Heinz Reck (SPD) sehr fähig. Danach gab es keinen wirklich guten Kultusminister mehr.
Was sagt den wollis Zeitung dazu:
http://www.volksstimme.de/sachsen-anhalt/lehrermangel-weniger-unterrichtsausfall-201718
„Bildungsminister Marco Tullner (CDU) erklärte: „Mit den Maßnahmen: Neueinstellungen, Entlastungen sowie der Effizienzsteigerung wird die Unterrichtsversorgung stabiler im kommenden Schuljahr. Damit werden aber nicht alle Probleme gelöst sein.“ Es müsse weiter darum gehen, ausreichend Lehrer einzustellen.
Die Linke-Landtagsfraktion und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft äußerten Zweifel. „Mit der viel zu geringen Zahl von nur 350 Neueinstellungen zum neuen Schuljahr wird der Minister sein Versprechen einer Verbesserung der Unterrichtssituation an den allgemeinbildenden Schulen im Lande nicht erfüllen“, teilte die Linke mit. Es sei mit mehr Schülern zu rechnen, zugleich steige die Zahl der Lehrkräfte im Unterricht aber nicht.“
Da werden Lehrer und Schüler wohl früher aufstehen müssen!
Etwas so doppeldeutiges kann nur von @kenia kommen:
„Vielleicht mal eine Person, welche N I C H T vor jeder Entscheidung in ein Parteibuch schaut?“
Nur so funktioniert Kenia 😉
Meine ganz ehrliche Meinung: Der Verfasser dieser Pressemeldungen muss ein Verwandter von Herrn Liste sein.
Dem HalleSpektrum erklärte der Minister eben bei Twitter: Er möchte sich den Realitäten in den Schulen stellen und „Wer hat denn hier Angst vorm Faktencheck? Ich jedenfalls nicht. ;-)“
Gibt es verschiedene Realitäten? Hatte er zu viel Physikunterricht bei Hasi? Fragen über Fragen.
Daran kann man im gegebenen Fall manchmal zweifeln.
Er muss nirgends ein Mandat haben. Es wird aber wohl niemand als Minister berufen, der evtl. Politik gegen die eigene Regierung machen würde.
Also ist es garnicht erforderlich ein Mandat für den Landtag zu haben um Minister zu werden? Ich war zugegebn bisher der Meinung das der Kandidat der Minister werden soll zumindest per Wahl in den Landtag gewählt werden musste ob er dann irgend einer Partei angehört ist egal, gibt ja auch Freie Wählergruppen. Aber er muss zumindest ein Mandat für den Landtag oder ein entsprechendes Parlament haben. Oder ist das alles garnicht nötig?
oder Wolli, der hätte es wahrscheinlich besser gemacht, der kann nämlich organisieren.
in den Honigtopf gefallen, Riosal
Das Zugriffsrecht auf Ministerposten regeln die regierenden Partein unter sich, danach können Minister ohne Wahlen berufen werden. Es hätten also auch Kenia oder McPoldy als Kultusminister berufen werden können, fall sie den mitmachen würden.
Mit Sicherheit bist du @McPoldy keine Fachkraft im Bereich Bürgerkunde. Ich wüsste jedenfalls nicht, seit wann und durch wen Minister gewählt werden müssen.
Gerade im Bildungs- früher auch Kultusministerium hatten wir in LSA mehrere sogar parteilose Minister. Gerd Harms, Jan-Hendrik Olbertz, Birgitta Wolff (am Anfang ihrer kürzen Amtszeit) waren einige davon.
Das mit den Wahlen und Kandidaten die zur Wahl stehen hast du aber mitbekommen. Man kann in einem Kabinett leider nur das verarbeiten was vorher zur Wahl stand. Und wenn sich die Fachleute nicht zur Wahl stellen, weil sie sich nicht in solchen Ämtern aufreiben wollen oder wo anders besser bezahlt werden hast du halt kein Fachpersonal in den Ministerien.
Vielleicht mal eine Person, welche N I C H T vor jeder Entscheidung in ein Parteibuch schaut?
Weshalb hat S-A so viel Pech mit Bildungs- bzw. Kultusministern? Gibt es denn nicht eine fähige Person in Sachsen-Anhalt, welche die Verwaltung mit Vernunft, Weitsicht und fachlichem Wissen zur Bildung leiten kann und in der Koalitation die Prämisse Bildung durchsetzt? Vielleicht mal eine Person, welche vor jeder Entscheidung in ein Parteibuch schaut? Der Ministerpräsident sollte ich in Universitäten, Hochschulen und anderen großen Verwaltungen nach brauchbaren Personal umschauen, um das Amt nicht weiter zu beschädigen.
Déjà-vu der Ressorts Bildung und Finanzen 2012-2016 nur in geänderten Farben.