Stellungnahmen der Wissenschaftsakademien für den G7-Gipfel

31. Mai 2022 | Bildung und Wissenschaft, Natur & Gesundheit, Politik, Umwelt + Verkehr, Wirtschaft | 7 Kommentare

Im Januar 2022 hat Deutschland den Vorsitz der Gruppe der Sieben (G7) führenden Industriestaaten übernommen. Unter Federführung der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina erarbeiten die Wissenschaftsakademien der G7-Staaten im Format „Science7“ (S7) wissenschaftsbasierte Stellungnahmen zu Themen der Gipfelagenda. Schwerpunkte sind dabei die Auswirkungen des Klimawandels auf die Polarregionen und Ozeane, konkrete Maßnahmen zur Dekarbonisierung, die Entwicklung von antiviralen Medikamenten zur Pandemievorsorge sowie globale Gesundheitsherausforderungen, die durch Zoonosen und antimikrobielle Resistenzen entstehen.

Im Rahmen des S7 Dialogue Forums am heutigen Tag werden die gemeinsamen Empfehlungen von den Präsidentinnen und Präsidenten der Nationalen Akademien der G7-Staaten offiziell an die Bundesregierung übergeben und die Ergebnisse im Rahmen einer Wissenschaftskonferenz mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten und der Öffentlichkeit diskutiert.

Demnach sind zum Schutz des Ozeans und der Polargebiete sowie für eine umfassende Dekarbonisierung aus Sicht der Wissenschaftsakademien dringend internationale Maßnahmen erforderlich. Im Gesundheitsbereich fordern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler außerdem eine bessere globale Pandemievorsorge sowie die Umsetzung des One Health-Ansatzes, der die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und Umwelt eng miteinander verknüpft.

„Der G7-Gipfel muss starke Impulse für den Klimaschutz, die Energiewende und die Verbesserung der globalen Pandemie- und Gesundheitsvorsorge setzen. Mit unseren Empfehlungen adressieren wir zentrale Gipfelthemen, für die es umgehend internationale Maßnahmen braucht.“, erklärte Prof. (ETHZ) Dr. Gerald Haug, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina bei der Übergabe der vier Stellungnahmen an den Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt.

„Die vier Themen greifen ineinander und betrachten jeweils das Gesamtsystem Erde.“, erläuterte
Leopoldina-Präsident Haug den systemischen Ansatz der Stellungnahmen. Die von den G7-Wissenschaftsakademien unter Federführung der Leopoldina erarbeiteten gemeinsamen Empfehlungen fließen in die Beratungen der Staats- und Regierungschefs ein, die sich von Sonntag, 26. Juni bis Dienstag, 28. Juni zum G7-Gipfel auf Schloss Elmau treffen.

Ozean und Kryosphäre: Die Weltmeere und die als Kryosphäre bezeichneten Eis- und Schneeregionen verändern sich infolge der globalen Erwärmung schneller als je zuvor. In der Antarktis und in Grönland hat sich der Eisverlust stark beschleunigt, in der Arktis taut Permafrost. Der Ozean versauert und erwärmt sich, der Meeresspiegel steigt. Angesichts dieser dramatischen Entwicklungen fordern die G7-Wissenschaftsakademien unter anderem eine massive Verringerung der Treibhausgasemissionen, den weltweiten Schutz der Meeresökosysteme sowie intensivere internationale wissenschaftliche Zusammenarbeit und Datenaustausch für ein auf Hochleistungscomputern basierendes Erdbeobachtungs- und Vorhersagesystem.

Klimaneutralität: Um spätestens 2050 Klimaneutralität zu erreichen, ist Dekarbonisierung erforderlich ‒ bei der Stromerzeugung, beim Heizen und Kühlen von Gebäuden ebenso wie im Verkehrs- und Transportsektor, in der Industrie und der Landwirtschaft. Dafür empfehlen die G7-Wissenschaftsakademien den Aufbau eines kohlenstoffneutralen und widerstandsfähigen Energiesystems. Für eine gerechte Energiewende sind die Einführung eines internationalen
Handelssystems für erneuerbare Energien sowie eine globale CO2-Bepreisung erforderlich. Darüber hinaus sollte über die Gefahren des Klimawandels aufgeklärt und klimaneutrales Verhalten gefördert werden.

Die Coronavirus-Pandemie hat gezeigt, dass die Welt unzureichend auf Pandemien vorbereitet ist und dringender Handlungsbedarf bei der Entwicklung neuer antiviraler Medikamente besteht. Daher sprechen sich die G7-Wissenschaftsakademien dafür aus, die Entwicklung spezifischer und
breit wirksamer antiviraler Medikamente langfristig zu fördern, erforderliche klinische Studien international zu koordinieren und die weltweite Zusammenarbeit im Bereich der Pandemievorsorge zu verbessern.

Die Zerstörung von Ökosystemen begünstigt das Auftreten von Krankheitserregern tierischen Ursprungs beim Menschen und umgekehrt, sogenannte Zoonosen. Durch die Zunahme antimikrobieller Resistenzen (AMR) verlieren die zur Behandlung von Infektionskrankheiten eingesetzten antimikrobiellen Medikamente (zum Beispiel Antibiotika) an Wirksamkeit. Um
diese komplexen Probleme zu lösen, empfehlen die G7-Wissenschaftsakademien eine verstärkte Umsetzung des OneHealth-Ansatzes, der die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und
Umwelt zusammenhängend betrachtet. Sie plädieren unter anderem dafür, neue digitale Technologien zur effektiven Überwachung von Zoonosen und AMR einzusetzen sowie Forschung mit One Health-Schwerpunkt zu stärken.

Die gemeinsamen Stellungnahmen der G7-Wissenschaftsakademien sind in englischer Sprache erschienen und können im Original sowie in einer deutschsprachigen Arbeitsübersetzung online abrufbar.

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