Senat fällt der Universität in den Rücken

23. März 2022 | Bildung und Wissenschaft | Ein Kommentar

 

Heute vor genau einer Woche hatte sich der akademische Senat der Martin-Luther-Universität (MLU) erneut zu den anstehenden Hochschulkürzungen im Rahmen des Hochschulentwicklungsplans des Landes beraten. Der zweite Entwurf eines vom Rektorat vorgelegten Papiers, das den Abbau von ca. 4000 Studienplätzen, 26 Professuren und mehreren Hundert Personalstellen vorsieht, stand dabei zur Abstimmung.

Im Vorfeld der Sitzung hatte es erneut viel Kritik an dem Papier gegeben. Mehrere Fachschaftsräte und Institutsgruppen betroffener Institute äußerten auf unterschiedlichste Weise ihren Unmut. Auch aus dem Studierendenrat, dem Personalrat der MLU und dem Aktionsbündnis #MLUnterfinanziert wurde Kritik laut, die sich unter anderem in einer Demonstration unmittelbar vor der Senatssitzung auf dem Universitätsplatz äußerte.

Das Papier sei zu unkonkret, konkrete Zahlen kaum vorhanden und verlässliche Einsparnisse in absehbaren Zeiträumen nicht zu erkennen – so die Kritik. Der geplante Abbau von Studienplätzen und Personalstellen bedeute demnach kurzfristig sogar einen finanziellen Mehraufwand auf mehreren Ebenen. Die dafür jedoch nötige Finanzierung sei vom Land zudem bisher noch nichgt zugesichert worden. Außerdem bleibe weiterhin unklar, wie groß das strukturelle Defizit der Universität tatsächlich sei. Zahlen zwischen 10 und 21 Millionen Euro sind diesbezüglich im Gespräch.

Doch nicht nur das Kürzungspapier des Rektorats steht in der Kritik. Auch die Haltung des Landes und des zuständigen Wissenschaftsministers, Prof. Dr. Armin Willingmann, wurde vielfach kritisiert. Dieser nahm, nachdem er monatelang auf die Autonomie der Hochschule gepocht und das Problem abgetan hatte, an der Senatssitzung teil. Auch er bemängelte, dass dem Hochschulentwicklungsplan aus seiner Perspektive keine erkennbare Qualitätsdebatte zugrunde liegt. Er regte deshalb eine Begutachtung der MLU durch qualifizierte Dritte an, um die Universität bei einer realen Schärfung ihres Profils zu unterstützen.

Der Studierendenrat der universität erklärte zu diesem Vorschlag nun, dass dies zwar grundsätzlich keine schlechte Idee sei, bemängelte jedoch die lange Zeitspanne, die ein solches Gutachten benötige. Konkret hieß es: „Die gegenwärtigen Haushaltsmaßnahmen können in ihrem Umfang keinesfalls fortgesetzt werden. Wahr bleibt weiterhin: die Universität braucht schlicht mehr Geld und hier muss das Land sich bewegen! Ein Abbau von Studienkapazitäten kann nicht im Sinne des Landes sein, wo doch der Fachkräftemangel in aller Munde ist.

Die Sitzung des Senates verfolgten wir aufmerksam. Wir sahen ein Trauerspiel. Auf Kritik wurde nicht eingegangen, Argumente teilweise ignoriert. Eine Rektoratsfragestunde zu dem Thema, um mehr Transparenz zu schaffen, wurde schlicht mehrheitlich abgelehnt. Genauso eine beantragte geheime Abstimmung, die vielleicht zu einem repräsentativeren Ergebnis geführt hätte. Kritische Mails, die dem Rektor im Vorfeld geschrieben wurden, wurden von diesem abgetan mit dem Hinweis, es sei nichts Konstruktives darunter, wobei sogar ein sorgfältig ausgearbeiteter alternativer Plan vorlag. Ein klares Signal an Personal und Studierende: Ich nehme eure Kritik nicht an, ich sehe es nicht ein, darauf angemessen zu reagieren. Was für eine Farce für das höchste Gremium und die demokratische Kultur an dieser Universität. Am Ende steht ein Ergebnis von 15 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen und einer Enthaltung. So wurde ein Papier angenommen, welches am Ende eine kahlrasierte Universität hinterlassen würde und die Arbeitsfähigkeit der MLU massiv beeinträchtigen wird. Am 06.04. soll nun final darüber abgestimmt werden. Bis dahin sollen die Dekan:innen verbindlich die Professuren bekanntgeben, die sie zu streichen bereit sind. Ein fatales Signal, denn keine von ihnen ist entbehrlich. Der Senat fällt damit allen Studierenden und Beschäftigten, die sich nun seit einem Jahr für eine ausfinanzierte Universität in den Rücken.

Unsere Forderungen sind klar: Das Papier darf am 06.04. nicht final angenommen werden! Dieser unkontrollierte und sinnlose Kürzungsprozess fernab jeglicher Kriterien muss ein Ende finden. Ein Rektorat, welches auf solche Weise eine solche Antwort auf ein Haushaltsloch liefert, muss sich fragen, ob es diese Universität noch vertreten kann und sollte. Wir kämpfen weiter, das ist unsere Universität und wir werden sie nicht einfach so an den Rasenmäher übergeben!“

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