Schüler der Saaleschule setzen Stolpersteine

12. April 2018 | Bildung und Wissenschaft | Ein Kommentar

Heutzutage liegen sie fast überall. In fast allen Ländern Europas sind sie zu finden. Der Erfinder der Stolpersteine ist der Künstler Gunter Demnig aus Köln. Im Jahr 1993 startete er sein Projekt, welches an die Vertreibung und Vernichtung von Juden, Sinti und Roma (damals Zigeuner genannt), politisch Verfolgten, Homosexuellen, Zeugen Jehovas und Behinderte durch Deutsche im Nationalsozialismus erinnern soll. Stolpersteine sind aus Beton gegossen und an ihrer Oberseite mit einer 10cm mal 10cm großen Messingtafel versehen. In die Messingplatte wird in Handarbeit und mit Hammer und Schlagbuchstaben: „Hier wohnte“ eingehämmert, sowie der Vor- und Nachname, das Geburtsjahr, das Deportationsjahr und Angaben zum Schicksal. Mögliche Schicksalsangaben sind zum Beispiel: TOT, ERMORDET und FLUCHT IN DEN TOD. Demnig fragte sich, wie es dazu kommen konnte, dass Menschen die nebeneinander wohnten nicht merkten, dass ihre Nachbarn einfach von einem Tag auf den anderen einfach verschwanden. Seit 1993 hat Gunter Demnig schon über 54´000 Stolpersteine in 1´600 Orten Europas verlegt. Demnig verlegt fast alle Steine selber und das will er auch so beibehalten. Stolpersteine werden vor der letztbekannten Wohnadresse, vor der Haustür in der Gehwegmitte gesetzt. Demnig nannte sie Stolpersteine, weil er mit stolpern meinte, dass die Menschen mit dem Auge über den Stein stolpern sollten.

Seit dem Jahr 2003 beteiligt sich auch die Stadt Halle (Saale) an dem Projekt von Gunter Demnig, betreut durch den Verein Zeit-Geschichte(n). Bis November 2016 wurden in Halle 240 Steine an 111 Orten verlegt. Jeder Stein soll den Namen eines Opfers des Holocausts zurückbringen. Die Stolpersteine werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Für 120 € kann man eine Patenschaft für die Verlegung eines Stolpersteins übernehmen. Dies tat auch der Religionskurs der 8. Klasse der Saaleschule. Um die 120 € zu finanzieren, fanden Brötchen- und Kuchenstände statt. Zuerst hatten die Schüler*innen das Geld für die Verlegung von zwei Stolpersteinen zusammengetragen. Sie entschieden sich, mit den Stolpersteinen an Familie Victor in der Kirchnerstraße 10 erinnern zu wollen. Da für die Mutter Emilie Victor und ihre beiden Kinder Elli und Moritz Victor jedoch drei Steine zur Erinnerung verlegt werden sollen, starteten die Schüler*innen einen erneuten Spendenbasar und konnten so auch die Patenschaft für alle drei Stolpersteine übernehmen.

Elli und Moritz Victor wurden am 1. Juni 1942 mit dem Deportationszug von Halle direkt in das Vernichtungslager Sobibor, nahe der polnisch-ukrainischen Grenze, gebracht und noch am Tag ihrer Ankunft mit Gas ermordet. Ihre Mutter Emilie Victor starb am 25. Februar 1942 in Halle, kurz vor der Deportation ihrer Kinder.

Die Verlegung der Stolpersteine für Familie Victor fand am Morgen des 22. März 2018 in der Kirchnerstraße statt. Die Schüler*innen legten weiße Rosen nieder und erinnerten mit einem verlesenen Text an das tragische Schicksal der Familie. Seit eineinhalb Jahren beschäftigten sich die Schüler*innen des Religionskurses mit dem Projekt der Stolpersteine und so war es ein guter Abschluss, auch weil sie mit dem Künstler Gunter Demnig persönlich ins Gespräch kommen konnten. „Fast alle von uns wussten vorher gar nicht, dass es so ein Projekt gibt. Das ist jetzt ein schönes Gedenken und ich bin froh, dass wir das gemacht haben.“ sagte eine Schülerin nach der Verlegung der Stolpersteine für Emilie, Elli und Moritz Victor.

Autor*innen: Franz Schöneburg und Schüler*innen des Religionskurses 8. Klasse der Saaleschule

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