Schon gewusst? Über lustvolles Klatschen

25. März 2020 | Bildung und Wissenschaft, Kultur | Keine Kommentare

Applaus!

Wir Menschen applaudieren bei allen erdenklichen Anlässen. Warum drücken wir so und nicht anders – z.B. durch Schreien – unsere Zustimmung und unser Gefallen aus? Ist das ein angeborenes oder anerzogenes Verhalten? Schon Kleinkinder erlernen das Klatschen, weltweit. Vom Lachen wissen wir, dass es ein typisches, dem Menschen eigenes Verhalten ist. Wie verhält es sich mit dem Applaudieren? Allein klatschen ist komisch. In Gemeinschaft mit anderen ist es aber ein Mittel, gemeinsam Freude und Zustimmung auszudrücken. Tanz und Gesang werden angeregt und synchronisiert. Das ist in fast allen Kulturen so verankert. Ob unsere prähistorischen Vorfahren, auch schon Freude und Erfolge durch Klatschen ausdrückten, wissen wir nicht. Aber die Handabdrücke bei prähistorischen Höhlenmalereien lassen vermuten, dass Hände ein wichtiges Ausdrucksmittel waren. Bei den alten Griechen und Römern hieß es nach den Theateraufführungen aber bereits: „Bleibt gesund! Und bitte Klatschen, wenn es euch gefallen hat.“ Seitdem gehört Applaudieren zum guten Ton bei einem Konzert, bei einem Theaterbesuch, einem Vortrag oder Kindergeburtstag. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden klassische Konzerte. Klatschen ist unerwünscht. Während es zu Mozarts Zeiten noch üblich war, mittendrin zu klatschen, wurden Beifallskundgebungen seit den Kompositionen der Romantiker mit einem Tabu belegt. Man meinte, dass ordinäres Klatschen die Erhabenheit, Sinnlichkeit und Tiefenwirkung der Musik störe. Darüber wird bis heute gestritten. Während in der Popmusik und noch mehr im Jazz gelungene und beliebte Solopassagen anerkennend mit mitunter frenetischem Beifall bedacht werden, gilt das in der Klassik als Tabubruch. Geklatscht wird erst am Ende der Sinfonie. Da heißt es die Sätze mitzählen und die Mimik des Dirigenten beobachten. Nach dem letzten Ton sinken Geigenbogen und Taktstock erlösend. Klatschen oder nicht Klatschen ist die Frage, ggfls. sogar unterstützt von Bravorufen und Trampeln. Klatschen am Ende eines Konzertes ist ein Ausdruck des Dankes an die Künstler. Es ermöglicht aber auch nach langem zwanghaften Stillsitzen Bewegung. Applaudieren wirkt also befreiend, macht Klatschende und Beklatschte zufrieden und glücklich. Das bestätigen Gehirnforscher. Beim Applaudieren werden die gleichen für Gefühle zuständigen Gehirnregionen stimuliert wie bei einem Orgasmus. Langes Applaudieren in der Gemeinschaft kommt also einem Orgasmus gleich. Da wir uns jahreszeitenunabhängig fortpflanzen können, ist lustvolles Applaudieren natürlich jederzeit möglich.
Derzeit ist der Gebrauch der Hände zum Klatschen unangebracht. Zwar schlägt man nur die eigenen Hände dabei zusammen; Corona-infiziert könnte man aber einen Sprühnebel verursachen. Aber Veranlassungen, im öffentlichen Raum zu klatschen, gibt es jetzt ja sowieso kaum. Eine gute Zeit für Konzertgänger, Daniel Hope´s Buch „Wann darf ich klatschen?“ zu lesen.

(H.J. Ferenz)

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