Schon gewusst? Der Mensch liebt es bunt – Farben aus Tieren

6. September 2019 | Bildung und Wissenschaft | Keine Kommentare

Bis zur Erfindung der Anilinfarben waren Farben zum Färben von Stoffen und Leder rar, kostbar und teuer. Man verwendete zum Färben meist organische Farbstoffe tierischen und pflanzlichen Ursprungs. Berühmt ist die seit dem Altertum bekannte Verwendung von Purpur aus Schnecken. Die Entdeckung von Methoden zur Purpurherstellung geht auf die Phönizier zurück. Plinius und Aristoteles überlieferten den Herstellungsprozess aus der Purpurschnecke. Danach wird Purpur aus einer schwach gelben Flüssigkeit hergestellt, die sich in einer Drüse der Schnecke findet. Die Substanzmenge pro Tier ist dabei so gering, dass zur Herstellung von einem Gramm reinen Purpurs ungefähr 10.000 Schnecken erforderlich sind. Die Drüsen der Tiere wurden herausgeschnitten, für einige Tage in Salz gelagert und dann solange in Urin gekocht, bis nur noch ein kleines Konzentrat übrig blieb. Der zu färbende Stoff konnte dann hinein getaucht werden. Nach der Entnahme musste der Stoff während des Trocknens dem Licht ausgesetzt werden, damit die schwachgelbliche Ursprungsfarbe mittels einer Enzymreaktion in den gewünschten Rotton umschlug. Das Purpurrot entspricht eher einem rot-violettem Farbton. Die Farbe ist recht beständig, färbt die Stofffasern nachhaltig und verliert auch durch Waschen nicht an Glanz.

Purpurschnecke

Purpur war in der Antike eine Farbe bzw. Zierde der Kleidung, die nur hochgestellten Persönlichkeiten wie Senatoren oder Hohepriestern zustand. Später ging diese Symbolik auf den Papst und einige päpstliche Legaten über. Bei den Römern war der Farbstoff dem Kaiser und den Senatoren vorbehalten. Die Farbe war auch Statussymbol für die deutschen Kaiser. Heutzutage ist der sehr teure Originalfarbstoff nur noch sehr selten im Einsatz, meist für religiöse Zwecke, z.B. zur Färbung von Gewändern für das jüdische Oberrabbinat, oder bei der Restaurierung von ursprünglich mit Purpur gefärbten Stoffen.

Opuntie

Einen roten Farbstoff kann man aus Schildläusen gewinnen, das Cochenillerot, auch als Karmin bekannt. Auf einer in Mexico heimischen Kaktusart, einer Opuntie, lebt die ziemlich große, durch weiße Wachsausscheidungen geschützte Schildlaus, die Cochenillelaus Dactylopius cactii . Zur Abwehr von Fressfeinden speichert sie im Fettkörper den roten Farbstoff. Der schmeckt nämlich ziemlich bitter. Die Gewinnung von Cochenillerot kannten bereits die Azteken. Durch Auslese erhielt man Läuse, die etwa doppelt so groß sind wie die Wildform und natürlich auch mehr Farbstoff enthielten. Die Laus kann sich recht flott vermehren, so dass man sie 3-5mal im Jahr vom Kaktus abfegen kann. Zur Extraktion der Karminsäure werden die Tiere gekocht, der Farbstoff anschließend gefällt, filtriert und getrocknet. Der Export aus Mexico belief sich seinerzeit auf bis 440 Tonnen jährlich, was etwa 62 Milliarden Schildläusen entspricht.
In Europa gewann man aus verwandten Lausarten das unechte Cochenillerot oder Kermes. Zwei Lausarten, die an mediterranen Eichen saugen, enthalten den Kermes. Die weiblichen Läuse bilden nach der Eiablage mit ihrem Körper einen Schutzschild über dem Gelege und sterben ab. Die trockenen Körperhüllen enthalten den Farbstoff und werden abgesammelt. Textilfunde aus einem späthallstattzeitlichen Fürstengrab zeigen, dass die Kermes-Färberei bereits in prähistorischer Zeit bekannt war. Die Verwendung des Scharlachfarbstoffs war im antiken Griechenland und Rom als eine etwas kostengünstigere Alternative zu dem kostbaren Purpur aus der Purpurschnecke geläufig. Im Frühmittelalter war Venedig das Haupthandelszentrum für Kermes. Der Farbstoff wurde von Papst Paul II. 1465 als Ersatz für den echten Purpur zur Färbung der Kardinalskleidung bestimmt. Ab 1530 wurde mit dem Import des mexikanischen echten Karmins, das einen deutlich höheren Farbstoffgehalt aufweist, die Verwendung von Kermes verdrängt.
Cochenille ist heute als ungiftige Kosmetik- und Lebensmittelfarbe in Gebrauch. Da tierischen Ursprungs sind mit ihr gefärbte Lebensmittel für Veganer aber nicht akzeptabel.
Ebenfalls tierischer Herkunft war das Indischgelb. Echtes Indischgelb gewann man aus dem Harn indischer Kühe. Diese wurden bei reduzierter Flüssigkeitszufuhr mit Mangobaumblättern gefüttert. Aufgrund pathologischer Stoffwechselprozesse und Nährstoffmangel schieden die Tiere dann einen intensiv gefärbten Urin aus. Man konzentrierte diesen durch Erhitzen, wobei sich der gelbe Farbstoff abschied. Die Ausbeute betrug etwa 50g pro Tag und Kuh. Der Farbton liegt zwischen Butterblumengelb und Safrangelb. Das echte Indischgelb wurde in der Malerei verwendet. Es war in der Zeit der Mogul-Periode (16. bis 19. Jahrhundert) ein beliebtes Gelbpigment der Kunstmalerei in Indien. Es wurden nennenswerte Mengen nach Europa exportiert. Es wurde zuerst in Vermeers Gemälde „Frau mit Waage“ nachgewiesen. Auf asiatischen Papiermalereien aus dem genannten Zeitraum konnte Indischgelb identifiziert werden. Aus Tierschutzgründen wird es nicht mehr hergestellt.

Ein weiterer wichtiger tierischer Farbstoff kommt aus dem Meer. Wie die meisten Kopffüßer (Cephalopoden) produziert auch die Tintenfisch-Ordnung der Sepien Tinte. Noch heute wird daraus der Farbstoff „Sepia“ gewonnen. Der stabile Tintenfarbstoff besteht aus hochkonzentriertem Melanin, dessen Spektrum von Rot über Braun bis hin zu Schwarz reicht. Nach Trocknen der Tintenblasen wird ihr Inhalt zur Tintenherstellung pulverisiert und je nach Rezept weiterverarbeitet.

(H.J.Ferenz)

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